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Nahverkehr Die letzte Bushaltestelle in Magdeburg ist erst 2050 barrierefrei

Der Stadtrat bestätigt einen Drei-Jahrzehnte-Plan zum stufenlosen Ausbau aller Haltestellen.

Von Katja Tessnow 12.12.2021, 07:00
Mit dem Rollator in den Bus – an den meisten Magdeburger Haltestellen ist das mit Hürden verbunden. Die Stadt muss – wie an Straßenbahnhaltestellen – für barrierefreien Einstieg sorgen, kommt dabei aber nur langsam voran.
Mit dem Rollator in den Bus – an den meisten Magdeburger Haltestellen ist das mit Hürden verbunden. Die Stadt muss – wie an Straßenbahnhaltestellen – für barrierefreien Einstieg sorgen, kommt dabei aber nur langsam voran. Symbolfoto: picture alliance / dpa

Magdeburg - 222 Bushaltestellen – 60 davon zugleich für Bus und Bahn, 162 nur für Busse – zählt das Magdeburger Netz. Weil eine Haltestelle meist aus Haltepunkten in beide Richtungen, an zentralen Nahverkehr-Kreuzungen wie am Alten Markt sogar aus einer Vielzahl verschiedener Zu- und Ausstiegsstellen besteht, zählt die Stadtverwaltung insgesamt 476 Bushalteplätze. Nur ganze vier erfüllen davon bisher komplett den Anspruch an Barrierefreiheit, also völlig stufenlosen Ein- und Ausstieg. 72 weitere werden als teilweise und die große Mehrheit – insgesamt 400 Halteplätze – als überhaupt nicht barrierefrei gelistet. Das ist der schlechte Stand der Dinge.

Gesetz schreibt unhaltbares Ziel fest

Für Alte und Gehbehinderte oder Eltern mit Kinderwagen ist der Magdeburger Nahverkehr hürdenreich. Das soll und muss sich ändern, denn das novellierte Personenbeförderungsgesetz schreibt bundesweit Barrierefreiheit vor – bis 1. Januar 2022. Hinter diesem hehren Ziel bleiben so gut wie alle deutschen Städte weit zurück. Immerhin: Der Magdeburger Ausbauplan, nach dem für die Bahnhaltestellen nun auch der für die Busse, ist nun in trockenen Tüchern. Der Stadtrat bestätigte eine entsprechende Prioritätenliste auf seiner Dezembersitzung 2021 einstimmig – allerdings nicht ohne Schimpfe und bei fünf Enthaltungen aus verschiedenen Fraktionen.

Scharfe Kritik an der Ausbauliste meldete Niko Zenker (SPD) an. Zenker ist – im ehrenamtlichen Doppelmandat – zugleich Stadtrat und Ortsbürgermeister von Beyendorf-Sohlen, einer ausgemachten Stadtrandlage. Nicht nur, dass die dortige Bushaltestelle auf der Prioritätenliste weit hinten rangiere: „Wir sind das im Ortschaftsrat durchgegangen und haben festgestellt, dass viele weitere der besonders schlecht ausgebauten Haltestellen – wo zum Beispiel Schüler und Senioren mitten auf der Straße aussteigen – viel zu spät berücksichtigt werden“, so Zenker. Zudem fehle es an Transparenz. „Die Haltestellen wurden nach 10, 20 Kriterien bewertet, aber wir haben diese Übersicht nicht. Aber eine einfache Excel-Tabelle sollte jeder Stadtrat lesen können.“ Zenker verweigerte deshalb im Namen des ganzen Ortschaftsrates seine Zustimmung – ganz und gar nicht zur Barrierefreiheit am Bus, sondern zu den in Magdeburg gesetzten Prioritäten.

Wunsch nach Beschleunigung

Im Gegenteil große Freude bekundete Grünen-Fraktionschefin Madeleine Linke und volle Zustimmung.

Falko Grube (SPD) traf den Nerv der Ratsmehrheit, die im Angesicht der Ausbauzeit schon bei den Bahnhaltestellen zunächst fassungslos war. „Wir stimmen dem insgesamt zu, aber bis 2050 sollte es nicht dauern. Wir müssen je nach Lage in der Bauwirtschaft einfach alle zwei, drei Jahre schauen, ob und wie wir das Ganze beschleunigen können.“

Nach aktuellem Stand sollen nur jährlich fünf Millionen Euro in den barrierefreien Ausbau von im Schnitt sechs Haltestellen fließen. Hoffnung auf schnellen Ausbau bis 2024 können sich zum Beispiel der Flora-Park und Anlieger der Johannes-Göderitz-Straße in Neu-Olvenstedt machen. Auf dem letzten Platz – Ausbau 2050 – steht die Haltestelle Agrarstraße im Nachbarstadtteil Alt-Olvenstedt.