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Ehrung Mit ein paar Klicks zu mehr Demokratie

Jens Winter entwickelt „Magd-O-Mat“ als Entscheidungshilfe bei der Kommunalwahl und ist Kandidat für den Magdeburger des Jahres 2019.

Von Stefan Harter 07.12.2019, 00:01

Magdeburg l 103.762 Magdeburger hatten am 26. Mai 2019 mit ihren Stimmen den neuen Stadtrat gewählt – 53,5 Prozent der Wahlberechtigten in der Elbestadt. Im Vergleich zur vorangegangenen Wahl vor fünf Jahren stieg die Wahlbeteiligung damit um 15,3 Prozent. Ob der von Jens Winter initiierte „Magd-O-Mat“ tatsächlich einen Anteil daran hat, lässt sich natürlich nicht nachvollziehen.
Fakt ist aber: Am Wahltag gab es die meisten Zugriffe auf den Online-Thesenkatalog, der den Nutzern beim Setzen ihrer Kreuze eine Entscheidungshilfe geben sollte. „Mehr als in der gesamten Zeit davor“, sagt der Softwareentwickler, der auch in seiner Freizeit die meiste Zeit an der Tastatur verbringt. Insgesamt gab es gut 22.000 Zugriffe auf die von ihm programmierte Website.
Anfang 2019 hatte er die Idee entwickelt, den von den Bundestagswahlen bereits bekannten Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung auf Magdeburg umzumünzen. „Ich wollte damit das ‚Open Knowledge Lab‘ wieder beleben“, sagt der 41-Jährige. Dort treffen sich im Hackerspace „Netz 39“ Menschen aus der IT-Branche, um gemeinsam Ideen und Projekte zu entwickeln, um die Stadt und die Region voranzubringen. In Magdeburg gab es die Initiative seit 2014, war zwischenzeitlich aber eingeschlafen. Mit dem „Magd-O-Mat“ sollte es nun einen Neustart geben.
In wenigen Tagen hatte Jens Winter das Online-Programm dazu geschrieben. „Das war das Einfachste“, sagt der passionierte Entwickler, der auch schon ein Online-Baumregister mit dem Namen „Baumfreunde Magdeburg“ entworfen hat.
Doch nun ging es darum, es mit Thesen zu füllen, anhand derer die Nutzer die für sie am ehesten passende Partei finden sollten. „Das wollte ich auf keinen Fall alleine machen“, sagt Winter. Nicht zuletzt, weil er selbst für die Grünen in seinem Wahlkreis zur Wahl angetreten war. Deshalb war der technische und nicht der inhaltliche Part seine vorrangige Aufgabe.
Um sich nicht angreifbar zu machen, rief er öffentlich zu Unterstützung auf. Aus unterschiedlichen Schichten und Altersgruppen kam ein Kreis zusammen, der sich gemeinsam Fragen zu bestimmten Themenfeldern wie Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung überlegte. „Dabei war es die größte Herausforderung, eine gute Mischung zu finden“, sagt Winter.
Deshalb führte die kleine Gruppe eine große Befragung von Vereinen, Firmen und Institutionen aus Magdeburg durch, um zu erfahren, welche Themen in den „Magd-O-Mat“ unbedingt hineingehören. 35 Thesen in sieben Kategorien sind so entstanden.
Diese wurden den Parteien, die zur Wahl antraten, zur Beantwortung vorgelegt. Bis auf die Gartenpartei machten alle mit. Sechs Wochen vor der Wahl ging die Seite online: Soll mehr Geld für Hochwasserschutz ausgegeben werden? Soll im Stadtpark gebaut werden? Braucht Magdeburg mehr Videoüberwachung oder ein Großaquarium? Nachdem der Nutzer allen Thesen zugestimmt, sie abgelehnt oder neutral bewertet hatte, gab das Programm den Namen jener Partei aus, mit der die größte Übereinstimmung vorlag.
„Mit dem Projekt wollten wir das Interesse an der Kommunalwahl wecken. Die Leute konnten sich so unkompliziert informieren“, sagt Winter. Es sei gut, wenn sich mehr Menschen mit Politik und Demokratie auseinandersetzen.
Wird es einen weiteren „Magd-O-Mat“ geben? „Ich hätte große Lust dazu“, gibt der Entwickler zu. Die nächste Möglichkeit böte sich 2022. Dann steht der Posten des Oberbürgermeisters zur Wahl.
Dann soll auch auf Kritikpunkte eingegangen werden, die es an dem rein ehrenamtlich durchgeführten Projekt gab. So soll stärker überprüft werden, ob die Antworten der Parteien auch mit dem tatsächlichen Wahlprogramm übereinstimmen. Das sei diesmal in einem Fall nicht so gewesen, räumt Winter ein.
Auch die Themenauswahl soll bei einer Fortsetzung noch ausgewogener sein, da ihnen ein politisch „links-grüner Drall“ vorgeworfen wurde. „Damit hatten wir gerechnet. Aber Dinge wie das soziale Miteinander, Stadtgrün und Verkehr sind in Magdeburg wichtige Themen“, erklärt er. Dazu könnten beispielsweise Sprachexperten an Bord kommen, um Feinheiten bei der Formulierung der Thesen zu berücksichtigen.
Alles rund um die Wahl zum "Magdeburger des Jahres 2019" finden sie hier.
Direkt zur Abstimmung geht es hier.