Verband der Gartenfreunde Magdeburg stellt sich gegen Bebauungspläne und hinter die Pächter der Wrede-Stiftung Eigenheime statt grüner Parzellen: Kleingärtner in Nordwest bangen um ihre idyllische Gartenanlage
Wie viel Frischluft weht durch das Gartenreich des Vereins Wrede-Stiftung am Lorenzweg in Richtung Innenstadt? Die etwas seltsam anmutende Frage steht vor ernstem Hintergrund und könnte zum Zünglein an der Waage für das Überleben der Traditionssparte werden.
Nordwest l Sonnenblumen und Dahlien blühen prächtig, volle Obstbäume und üppiges Grün sorgen für Gartenidylle pur zwischen Lorenzweg und Steinkuhle. Hier scheint die Großstadt weit weg. Doch das Bild trügt. Mit entspannter Ruhe ist es momentan nicht weit her bei den Gartenfreunden der Sparte Wrede-Stiftung. Die Sorge um den Fortbestand der seit den 1920er Jahren bestehenden Kleingartenanlage treibt die Hobbygärtner um und ist Dauergesprächsthema. Denn die Frage schwebt wie ein Damoklesschwert über ihnen: Werden ihre schönen Gärten womöglich schon bald platt gemacht? Die Stadt plant hier neues Bauland, um den angeblichen Bedarf für Eigenheime in Zentrumsnähe zu decken und würde auf diesem Wege auch noch Geld beim notwendigen Ausbau der Straße An der Steinkuhle sparen: Häuslebesitzer müssten sich als Anlieger daran beteiligen, Dauerkleingärtner nicht.
Für viele Gartenbesitzer im (noch) grünen Wrede-Stift daher ein faules Spiel. Null Leerstand herrscht auf den fast 60 Parzellen, der Weg ist in gutem Zustand, es gibt Elektro- und Wasseranschluss. "Das würde der Stadt für den Verkauf von Bauland schon gut ins Konzept passen. 129 Euro pro Quadratmeter in der Gegend - habe ich zumindest gehört. Ist doch irre", findet Kai Röhrdanz. Er hat mit seiner Partnerin Angela Grupe erst im April einen Garten in der Anlage Wrede-Stiftung übernommen. Doch so richtig sesshaft werden können sie auf dem 430 qm großen Gartenland nicht - solange unklar ist, ob sie hier überhaupt noch länger bleiben können. Beide zimmern gerade an einem Baumhaus für Töchterchen Penelope. "Sicherheitshalber in Modulbauweise. Sollten wir hier wirklich ausziehen müssen, können wir das Baumhaus wenigstens mitnehmen", bemerkt Kai Röhrdanz knapp.
Doch er und seine Partnerin Angela Grupe hoffen, dass sich die Baupläne der Stadt doch noch zerschlagen. Ein Gartennachbar erzählt gerade wieder, er habe gehört, die ganze Sache liege auf Eis. "Man hört aber ständig etwas anderes. Das ist schon schlimm. Wir wollen unsere Gärten behalten", sagt der Mann.
Das will auch die Chefin des Verbandes der Gartenfreunde Magdeburg, Ute Simon. Die Vorsitzende des Stadtverbandes wartet ebenso gespannt wie die betroffenen Gärtner der Wrede-Stiftung auf das Gutachten, das die Verwaltung auf Geheiß des Stadtrates in Auftrag gegeben hat. Es soll klären, welche Rolle der Kleingartenanlage für das Stadtklima, konkret die Belüftung der Innenstadt aus Richtung Nordwest, aktuell zukommt. Die grüne Sparte als Klimakorridor? Im Flächennutzungsplan der Stadt ist das jedenfalls schon mal sinngemäß so vermerkt worden.
Doch nun - vor einem abschließenden Ratsentscheid - soll das neue Gutachten noch einmal Aufklärung über den Wert des Gartenreichs für das Stadtklima bringen. Sind keine klimatischen Beeinträchtigungen nach einer Umwandlung in Bauland zu erwarten, werden die Gärten wohl weichen müssen - so lautete schon die Botschaft aus dem Stadtrat. Kleingartenverbandschefin Ute Simon sieht das aber noch nicht. "Wir erwarten das Gutachten im September und gucken dann weiter." Von Auflehnung gegen die Pläne will sie nicht reden, macht aber deutlich: "Wir werden alle rechtlichen Möglichkeiten, die auch das Bundeskleingartengesetz bietet, ausschöpfen, um die Anlage Wrede-Stiftung zu erhalten." Bei anderen Sparten in der Nähe, die nicht so gut belegt und weniger zukunftsfähig seien, könne man gern über Rückbau reden, "nicht aber bei der Wrede-Stiftung", betont Simon. Und sie stellt angesichts kursierender Gerüchte klar: "Wir haben gegenüber der Stadt niemals die Baupläne befürwortet. Unser Standpunkt ist klar: Die Anlage Wrede-Stiftung muss bleiben."