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Einbürgerung Brite Morgan macht sich Sorgen

Der Brite und der Brexit - ein 54-jähriger Magdeburger hofft dringend auf schnelle Einbürgerung.

Von Katja Tessnow 14.03.2019, 15:07

Magdeburg l Noch 15 Tage bis Brexit und alle Zeichen auf hart. Am 29. März 2019 um Mitternacht könnte der Magdeburger Ralph Morgan von einer Minute zur anderen zum sogenannten Drittstaatenbürger werden.

Der 54-Jährige, der schon 1973 als Sohn eines britischen Militärs in Deutschland anlandete, macht sich schon lange Sorgen und verfolgt die Entwicklung in seinem Geburtsland, das nicht mehr seine wirkliche Heimat ist, mit einer Mischung aus Anspannung und Empörung. „Spätestens zu Jahresbeginn habe ich mir gesagt, Du musst was tun“, so Morgan. Seither bemüht sich der Mann um einen deutschen Pass. Der Weg dahin – inzwischen ist der gelernte und angestellte Kaufmann auf einem guten – erweist sich zunächst als nervtötend.

„Wenn das so weiter geht, zerreiße ich am 29. März meinen britischen Pass, rudere mit einem Boot auf den Adolf-Mittag-See, schmeiße die Ruder weg, schlage ein Loch ins Boot und bitte um Asyl.“ Das sagt Ralph Morgan und meint es natürlich nicht ernst, als er sich vor rund zwei Wochen – ratlos und rasend vor Wut – telefonisch bei der Volksstimme meldet.

Rund neun Wochen lang hat er zuvor telefoniert und telefoniert: mit der Arbeitsagentur, der lokalen Ausländerbehörde und der des Bundes, der Industrie- und Handelskammer ... und schließlich – auch noch im Januar – einen Brief mit der Bitte um Einbürgerung bei der Ausländerbehörde eingeworfen. Laufend erhält Morgan noch vor Wochen die Antwort, dass man keine Antwort auf seine Fragen habe – gesetzliche Regelungen zum Umgang mit Briten in Deutschland nach einem Brexit stehen lange aus.

Ralph Morgan versteht die Welt nicht mehr. Seit dem 9. Lebensjahr lebt er in Deutschland. Seit er 14 Jahre alt ist, hat er eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Morgan besuchte eine deutsche Schule, machte in Deutschland den Führerschein, absolvierte eine kaufmännische Lehre und hat eine unbefristete Arbeitserlaubnis. Wende und Mauerfall erlebt er hautnah in Westberlin. In Berlin lernt er seine heutige Frau kennen, eine Magdeburgerin.

2002 übersiedelt Morgan zunächst in den Bördekreis, seit 2003 ist er Magdeburger – zwei Kinder, Job und Haus in Cracau. Dass er noch einmal würde Anträge auf eine womöglich nur befristete Aufenthaltsgenehmigung stellen müssen, dass seine Arbeitserlaubnis in Deutschland und sein ganzes Leben hierzulande in Gefahr geraten könnten, damit hat Morgan nimmermehr gerechnet.

„Ich habe einen Antrag auf Einbürgerung schon früher einmal erwogen, aber das alles bedeutet Kosten und Aufwand. Außerdem schien es ja nicht nötig.“ Als Bürger der Europäischen Union genießt Morgan Freizügigkeit im Aufenthalts- und Arbeitsrecht. Ein harter Brexit ändert das.

„Jetzt soll ich mich vor der Ausländerbehörde nackig machen, Mietbescheinigung, Arbeitsverträge der letzten fünf Jahre, Einkommensnachweise, Berufsabschlüsse, Krankenversicherung und Rentenverlauf vorlegen, um vielleicht eine Aufenthaltserlaubnis für ein paar Monate zu bekommen“, ist Morgan noch Ende Februar 2019 empört. Eben erst hat er Post von der städtischen Ausländerbehörde bekommen – wie alle rund 70 britischen Staatsbürger in Magdeburg.

Morgan bittet die Volksstimme um Hilfe. Die Redaktion konfrontiert die Stadtverwaltung Magdeburg mit seinem Fall und selbige – die Verwaltung – versteht die Welt nicht mehr. Die Ausländerbehörde sei sehr bemüht, den Briten in Magdeburg entgegenzukommen. Sie würden bevorzugt und in der Regel ohne Terminvergabe zu Fragen der Einbürgerung beraten.

Allein im Januar/Februar seien sieben Neueinträge auf Einbürgerungen von britischen Staatsbürgern eingegangen, die sämtlich noch vor dem Brexit-Termin bearbeitet würden. Fünf Einbürgerungen sind schon über die Bühne gegangen. Was da im Fall von Ralph Morgan schief gelaufen sei, könne man sich nicht erklären.

Die Ausländerbehörde lädt den Mann auf Volksstimme-Nachfrage zur Beratung ein. In dieser Woche hat Morgan einen Stapel Unterlagen abgegeben. Seine Geburtsurkunde muss im britischen Halton, seinem Geburtsort, beglaubigt werden; das steht aus.

Kommende Woche absolviert Ralph Morgan seinen Einbürgerungs- und einen Deutschtest an der Volkshochschule Wolmirstedt; in Magdeburg waren keine Termine frei. Die Tests machen Morgan nicht Bange; gefühlt ist er längst Deutscher. Ohne deutschen Pass nutzte ihm das am Ende nach einem Brexit aber wenig.