Gefahrenabwehr Explosiver Magdeburger Bunker soll weg
Der wegen Vandalismus und eines „explosiven“ Fundes unangekündigte Abriss eines Bunkers bei Lostau wirft Fragen auf. Was hatten die Unbekannten mit Stoffen wie Eisenoxid und Schwefel vor? Und wird mit dem Bunker, der sich im Eigentum der Landeshauptstadt befindet, illegal ein Denkmal abgerissen?

Magdeburg - Eisenoxid, Magnesiumpulver, Schwefel und Aluminiumpulver – mit diesen Inhaltsstoffen könnte eine Brand- oder Sprengladung hergestellt werden. Stoffe, die im Januar in Kunststoffdosen in einem ehemaligen Bunker bei Lostau gefunden wurden. Die Polizei Jerichower Land bestätigt den Fund. Was der oder die Täter mit den Substanzen vorhatten, ist unklar. Der Fall liege bei der Staatsanwaltschaft, weswegen die Polizei derzeit keine weiteren Informationen preisgeben könne, erklärt eine Polizeisprecherin.
Dennoch sei der Fund einer der Gründe gewesen, warum sich die Landeshauptstadt als Eigentümerin des Bunkers für den Abriss der Anlage entschied. Der Rückbau sei aufgrund der Gefährdung der Öffentlichkeit in Auftrag gegeben worden, erklärt der zuständige Beigeordnete Klaus Zimmermann. Darüber hinaus werde die ehemalige Bunkeranlage immer wieder von Unbefugten betreten und zum Feiern genutzt.
Der Bunker werde aufgebrochen, Sicherungsmaßnahmen müssen immer wieder erneuert werden, erklärt er. Der Abriss erfolge somit im Rahmen der Verkehrssicherungsmaßnahmen. „Speziell für Kinder und Jugendliche stellt die ungesicherte Bunkeranlage ein erhöhtes Gefahrenpotenzial dar, so dass sich die Verwaltung unter Berücksichtigung der Kosten für die langfristig wirtschaftlichere Lösung, den Rückbau der Bunkeranlage, entschieden hat.“ Hinweise dafür, dass die ehemalige Bunkeranlage ein Baudenkmal darstellen könnte, habe es zum damaligen Zeitpunkt nicht gegeben, erklärt Zimmermann und nimmt damit zum Vorwurf eines illegalen Abrisses Stellung. Sowohl Stadtrat Dennis Jannack (Die Linke) als auch Christian Mertens (AfD) forderten nach Bekanntwerden des begonnenen Abrisses Aufklärung.
Stadt hält am Abriss fest
Die Beseitigung des ehemaligen Bunkers war per Zufall entdeckt worden und konnte aufgrund offener Denkmalschutzfragen kurzfristig gestoppt werden (Volksstimme berichtete am 19.5.2021). Dennoch halte die Stadt Magdeburg, der 1991 das Flurstück mit dem Bunker durch Vermögenszuordnung (Alteigentum) übertragen wurde, an dem Abriss fest.
Zwar liege dem Fachbereich Liegenschaftsservice der Stadt nun die Feststellung der Denkmaleigenschaft des Bunkers vor, doch aus Sicht der Landeshauptstadt sei mit einer Aufhebung derer zu rechnen, erläutert Zimmermann. Eine denkmalrechtliche Genehmigung zum Abbruch der ehemaligen Bunkeranlage sei bei der Oberen Denkmalschutzbehörde bereits beantragt. Sie werde für die Entscheidung die Untere Denkmalschutzbehörde, das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie sowie die örtliche Gemeinde hinzuziehen.
Die Landeshauptstadt selbst hatte sich im Vorfeld der Abrissmaßnahme weder mit der Gemeinde Möser noch mit der Ortschaft Lostau abgestimmt. Dem Abbruch sei lediglich eine neuerliche Mitteilung der Gemeinde Möser über von ihr veranlasste Sicherungsmaßnahmen am Bunker aus Gründen der Gefahrenabwehr nach dem Polizeieinsatz vorausgegangen.
Der KCB-Beobachtungsbunker – ein seltenes Artefakt des Kalten Krieges
- Der KCB-Beobachtungsbunker (Kernwaffen-, chemische und bakteriologische Aufklärung) diente der DDR-Zivilverteidigung zur Luftbeobachtung tieffliegender Objekte und wurde auch zur Wetterbeobachtung eingesetzt.
- Das monolithische Festungswerk vom Bunkertyp A kann in die Bauzeit um 1960 datiert werden. Typisch dafür ist die westliche Hauptblickrichtung des Bunkers „feindwärts“ nach Magdeburg jenseits der Elbe.
- Der Bunker wurde als seltenes anschauliches Artefakt des Kalten Krieges und der Zivilverteidigung eingeschätzt.
- Das kleine eisenbetonverschalte Bauwerk hat Seitenlängen von etwa 6 mal 5 Meter und eine Nutzfläche von circa zehn Quadratmetern für 2 bis 3 Personen. Es diente demnach als vorgeschobene Beobachtungsstelle des Magdeburger Stabes der Zivilverteidigung in einem DDR-weiten Netzwerk von Führungs- und Beobachtungsstellen.
- Der Bunker ist halbgeschossig in den Boden eingelassen und mit angeschüttetem Rasen abgedeckt. Der Eingang erfolgt über eine siebenstufige Treppe in einem ziegelsteinernen Zugangsbauwerk von der Südostseite durch eine Schleuse des kampfmittelfesten Vorraumes. Grobsandfilter und drei ehemals verglaste Sehschlitze, von denen noch Eisenrahmen vorhanden sind, riegelten den Innenraum hermetisch ab.
- Die Be- und Entlüftung erfolgte mit einem Blasebalg-Handlüfter, der – wie die beiden eisernen Schotten oder Reste einer Inneneinrichtung – nicht mehr vorhanden ist. (Quelle: ratsinfo.magdeburg (S0292/21 und S029/21))
