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Kunst Fabra Ars eröffnet erste Ausstellung in den Räumen der früheren Magdeburger Burggalerie

„Fabra Ars“-Galeristin Tatyana Nindel präsentiert Werke von Malerin Berit Mücke ab 17. April 2021 in Magdeburg

Von Christina Bendigs Aktualisiert: 14.4.2021, 11:06

Magdeburg. „Wenn Sie mir nachvollziehbare Argumente nennen können, warum man mit 36 nichts mehr lernen kann, dann werde ich mich auch nicht bewerben.“ Das habe Malerin Berit Mücke den Verantwortlichen der Hochschule für Grafik und Buchkunst gesagt. Und natürlich hatten sie keine passenden Gründe. So wurde die damals 36-Jährige zur Aufnahmeprüfung zugelassen, obwohl sie die Altersgrenze schon überschritten hatte, und war am Ende einer Woche voll künstlerischer Aufgaben eine der wenigen, die zum Studium angenommen wurden. Dass das gleich beim ersten Anlauf klappt, sei nicht selbstverständlich. Aber für die heute 53-Jährige, die zuvor als Schauspielerin und Sängerin gearbeitet und zwei Söhne groß gezogen hatte, war es einfach Gewissheit. Zweifel gab es nicht: „Ich muss das jetzt machen“, habe sie damals gewusst. Und so schaffte sie es auch in die Klasse des Malers Neo Rauch. Das war ihr großer Wunsch, seit sie eine Ausstellung von ihm gesehen und seine Bilder sie berührt hatten.

Während andere die Freiheiten des Studentenlebens genossen, „merkte ich selbst, dass ich das Studium sehr ernst nahm“, sagt Berit Mücke. Für sie sei klar gewesen, dass sie über die Malerei nicht nur einen Gefühlszustand ausdrücken wollte: „Ich wollte nicht nur beschreiben, wie es mir gerade geht, sondern ich wollte es an die große Kunst anbinden.“ Das war ihr Ehrgeiz und Antrieb. Ihre Partyzeiten lagen bereits hinter der damals angehenden Malerin, die sich im Studium schon über die Geburt ihres ers-ten Enkelkindes freuen konnte. Und so stürzte sie sich ganz in die Malerei, die zur Suche nach einer allgemeingültigen Wahrheit wurde.

„Ein Bild zu malen, braucht bei mir Zeit“, sagt Berit Mücke, die nach dem Studium in Leipzig blieb und noch heute in ihrem Atelier wohnt – hinter den Gemälden, an denen sie fast schon gedrängt arbeitet. Immer wieder aber legt sie dabei Pausen ein, tritt von den Bildern zurück, stellt fest „Das ist ja gar nicht wahr“, um dann weiter zu forschen nach einer Wahrheit, die so dehnbar und relativ ist, dass es eine einzige Antwort eigentlich nicht gibt. Und das drückt sie auch in ihren Bildern aus.

Wenn das Leben Andeutungen schickt: Wohnungs-Decke mit Leinwänden abgehängt

Als Kind habe sie jedem erzählt, dass sie einmal Künstlerin werden wolle. Als Jugendliche, als die Berufswahl anstand, war sie von ihrem Können jedoch nicht mehr überzeugt. Berit Mücke verlegte sich aufs Schauspiel, nahm Gesangsunterricht, tanzte. Wurde Reinigungskraft, als sie kein Engagement fand, und schließlich im selben Café auch Kellnerin. „Eigentlich wollte ich lieber putzen, weil ich dabei für mich sein konnte“, sagt die Künstlerin. Am Ende genoss sie jedoch den Kontakt zu den Stammkunden, und kaum vorstellbar war es, dass sie dort nicht mehr arbeiten würde, weil sie zum Studium nach Leipzig gehen würde.

Aber das Leben schien ihr immer wieder Andeutungen geschickt zu haben: In der Wohnung, in der sie früher einmal lebte, hatte einer der Vormieter die hohen Decken abgehängt – mit Leinwänden. „Soll ich doch Malerin werden?“, habe sie sich beim Blick darauf gefragt. Als sie die Leinwände abnahm, habe sie zu ihrer Freundin gesagt: „Nein, jetzt kann ich noch nicht Malerin werden.“ Die Leinwände aber bewahrte sie auf und nutzte sie später für Übungen und Gemälde. Noch heute sind einige davon in Gebrauch, zu erkennen an den brüchigen Farben. „Ich habe darauf gemalt, die Farbe wieder heruntergewaschen, und als das nicht mehr ging, darauf herumgetrampelt, um die Farbe zu brechen“, erinnert sie sich. Diesen Bildern wohnt eine besondere Ausstrahlung inne.

Die Ruhe und die Geduld, die sie beim Brotbacken lernte, benötigt sie auch in der Kunst. „Ich war während des Studiums in Rom, um mich auch dort weiterzuentwickeln“, sagt sie. Ihre Mitbewohnerin war überzeugt, dass sie Brot backen können müsse und brachte es ihr bei. „Am Anfang war ich ständig am Teig und wollte ihn umrühren“, erinnert sie sich. Ihre Mitbewohnerin habe sie davon abgehalten und sie ermahnt, den Teig doch einfach mal in Ruhe zu lassen. Heute hat sie diese Ruhe, wenn sie mit dem schon alten Sauerteig wöchentlich neues Brot ansetzt – auch beim Malen. Und vielleicht war deshalb nun einfach die Zeit reif für den Ausstellungstitel „Großes Brot“, der auf den ers-ten Blick nicht viel mit den Bildern zu tun zu haben scheint, aber im Gespräch darüber immer wieder Anknüpfungspunkte bietet, Assoziationen weckt, als Metapher dient. „Ich wähle die Titel zu meinen Ausstellungen immer eher abstrakt“, sagt die Künstlerin. Die erste Einzelausstellung hatte sie noch während ihres Studiums in der Galerie „Kubasta“ in Hamburg. Der Titel lautete „3 Puppen im Bräter“.

Kunst bleibt in der früheren Burggalerie zu Hause

So geht es oft um die Ecke bei Berit Mücke – auch in der Wahl ihrer Porträts und szenenhaften Bildmotive, die gleichermaßen dem Leben und der Bühne entlehnt sein könnten und den Betrachter vor die Frage stellen, was wohl eher zutrifft. Oft strahlen sie etwas Nebulöses, Geheimnisvolles aus.

Aus der Einsamkeit im Atelier und der Malerei, die einem Selbstgespräch gleichkomme, wird sie nun nach dem langen Corona-Lockdown wieder heraustreten. Tatyana Nindel als „Fabra Ars“- Galeristin hat die Inzidenzzahlen im Blick und hofft, dass die Ausstellungseröffnung mit Terminanmeldung möglich sein wird. Sie wagte trotz Corona den Neuanfang in der einstigen Burggalerie am Ulrichplatz und hält damit einen Ort in Magdeburg am Leben, der traditionell der Kunst ein Zuhause gibt.