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Freizeit Magdeburgs Clubszene bleibt im Dunkeln

Die Clubszene in Magdeburg bangt um ihre Existenz. Die Betreiber müssen in der Corona-Krise weiter die Türen geschlossen halten.

Von Karolin Aertel 11.08.2020, 12:00

Magdeburg l Die Clubszene ist todkrank, das Nachtleben beinah tot. Die Corona-Pandemie bringt Disco- und Clubbesitzer in Magdeburg an die Grenzen ihrer Existenz. Sie waren die Ersten, die schließen mussten, und scheinen die Letzten zu sein, die wieder öffnen dürfen. Dabei würde Torsten Otte auch für 50 Leute die Türen der „Baracke“ aufschließen. Seit 1991 betreibt er den Club auf dem Uni-Campus. So lange blieb die Tanzfläche in all den Jahren nicht leer. Seit der coronabedingten Schließung im März 2020 lebte er von seinen Reserven und der Corona-Soforthilfe. Doch irgendwann sei auch das aufgebraucht. Ein Antrag auf Überbrückungshilfe ist bereits gestellt.

Die Sorgen um die Zukunft bleiben. „Man zerfleischt sich gedanklich“, sagt er. Was, wenn Clubs und Diskos auch mit der nächsten Landesverordnung keine Genehmigung bekommen, zu öffnen? Dann wird es eng. „Dann müssen die Verantwortlichen auch Verantwortung übernehmen und die nächste Hilfe auf den Weg bringen“, sagt er. Natürlich sucht Torsten Otte längst selbst nach Alternativen. Sein Club liegt zwar auf dem Uni-Campus, eine eigene Außenfläche gibt es jedoch nicht.

Im Gegensatz zur „Insel der Jugend“ in der Maybachstraße. Gerade in den Sommermonaten gehörte die Insel zu den beliebtesten Locations – bis Mitternacht konnte draußen getanzt und gefeiert werden, danach wurde in den Gewölben weitergemacht. Doch auch die Insel ist seit Monaten zu, die Fixkosten hat Michael Conrad auf ein Minimum runtergefahren. Allein den Außenbereich zu betreiben und das mit abgezählter Gästezahl, sei wirtschaftlich gesehen nicht machbar. Personalkosten, Gema, KSK, Strom, Wasser – die Kosten wären deutlich höher als der Gewinn. Zudem könnte die Sicherheit seiner Gäste nicht gewährleistet werden.

Um sich über Wasser zu halten, arbeitet Michael Conrad seit drei Monaten auf dem Bau. am Montag stand er statt auf seiner Insel in der glühenden Sonne am Leipziger Flughafen auf einer Großbaustelle.

„Einen Club zu betreiben, ist harte Arbeit“, sagt er. „Einen Club zu halten, noch härter.“ Doch er scheue harte Arbeit nicht. Dennoch ist er froh, einen kulanten Vermieter zu haben. „Am Anfang war ich mir noch sicher, dass wir da durchkommen.“ Nun wisse er nicht, wie es weitergeht. Dies nicht nur, weil er daran zweifelt, dieses Jahr überhaupt noch aufmachen zu können, sondern auch, weil er sich fragt, was ist, wenn es wieder losgeht.

Nach einem halben Jahr Stillstand gewöhnen sich die Leute womöglich das Nachtleben ab. Zudem gehe es nicht nur der Branche schlecht, sondern auch den Gästen. Viele sind seit Monaten auf Kurzarbeit oder haben gar ihren Job verloren. Das Geld zum Feiern sitzt nicht mehr locker. Zudem werde es schwer sein, das Niveau zu halten. Er fürchtet, kommerzieller arbeiten zu müssen, um die Leute wieder in den Club zu kriegen. „Alle müssen komplett umdenken.“

Mit dem Kulturbüro seien die Clubbesitzer im Gespräch und auch die Hilfe des Stadtrates erkenne er an. Dennoch sei die Politik gefordert. Am Anfang, als Theater und Kabarett noch geschlossen waren, war die Solidarität größer. Inzwischen stehe die Clubszene ziemlich allein da.

Dass die Politik Gesicht zeigt, wünscht sich auch Stephan Trappe. Im vergangenen Jahr verwandelte er das ehemalige First am Alten Markt in die Buttergasse. 350.000 Euro investierte er gemeinsam mit René Wißmach und Peppino Trezza in den Club. Knapp ein Jahr war er geöffnet, ehe er wegen der Corona-Pandemie wieder schließen musste.

Rein betriebswirtschaftlich sei es Oberkante Unterlippe. Da er jedoch in den Jahren zuvor, wie er sagt, „seine Hausaufgaben gemacht hat“, kommt er über die Runden. „Wir haben alle noch andere Projekte, René seine Strandbar, Peppino sein Restaurant.“ Das komme ihnen nun zugute. Dennoch sei es für ihn verwunderlich, wenn er abends unterwegs ist und die Open-Air-Partys sieht, bei Veranstaltungen wie „Riverside at Night“ die Menschen sich bewegen und tanzen, als gäbe es kein Corona, er seinen Club aber nicht öffnen darf. „Ich finde das Handling einfach nicht okay.“

Stephan Trappe, der auch als Stevie T. und Veranstalter des „Love Music“-Festivals bekannt ist, hegt keine großen Hoffnungen, dass die Clubs in diesem Jahr noch öffnen dürfen. Er schätzt, dass es frühestens im Frühjahr 2021 losgeht.