1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Magdeburger Gastronomen begrüßen Gäste

Gaststätten Magdeburger Gastronomen begrüßen Gäste

Die Magdeburger Gastroszene hat wieder geöffnet - und die Gäste sind zurückgekehrt. Vor allem die Terrassen waren bereits gut gefüllt.

Von Christina Bendigs 24.05.2020, 06:41

Magdeburg l „Vorsicht, flinke Kellner kreuzen den Weg“, steht auf dem Schild vor der Terrasse am Café Flair. Auf den Tag genau nach acht Wochen hat das Café nahe dem Alten Markt wieder geöffnet und geht mit der geteilten Terrasse zurück zu den Anfängen in den 1990er Jahren. Und das fällt auch einigen Stammkunden auf, die gern ins Café Flair gehen.

„Wir haben die ersten Stühle rausgestellt, da kamen auch schon die ersten Gäste um die Ecke“, erzählt Chef Arno Frommhagen, der bei allen Auflagen und Einschränkungen froh ist, dass es überhaupt erst mal wieder losgeht und „man wieder in seinen Lebensrhythmus hineinkommt“. Und so sitzen auch gestern Nachmittag bereits Gäste im Freien und genießen die milden Temperaturen. Trotz Wiederöffnung bleiben aber Sorgen. Sowohl im Innenbereich als auch im Außenbereich fehlen acht Tische, um das Abstandsgebot einhalten zu können.

Ein großes Loch von 45 000  Euro habe die achtwöchige Schließung in seinen Etat gespült. Der Fußboden sei zwar noch erneuert worden, weil es notwendig gewesen sei, aber andere Investitionen werde er vor dem Hintergrund einer unsicheren Zukunft vorerst zurückstellen. Aktuell brauche er mehr Personal bei weniger Einnahmen. Um das Prozedere der Registrierung zu erleichtern, können sich Besucher via QR-Code und Smartphone registrieren und gleichzeitig auch die Speisekarte abrufen. „Denn wir müssen jede Speisekarte nach jeder Benutzung komplett desinfizieren“, sagt Frommhagen.

Optimistisch und positiv gestimmt zeigt sich gestern Mandy Tränkner als Restaurantleiterin des Alex. Sowohl im Innen- als auch im Außenbereich seien die Tische reduziert und für Fünfergruppen vorbereitet worden. Und beim Anblick des Ulrichplatzes scheint es fast, als hätte es Corona nicht gegeben. Der Springbrunnen rauscht, drumherum sitzen Menschen auf Bänken, auch die Terrassen vor dem Gelato Mio und dem Alex scheinen gut besucht.

Das Frühstücksgeschäft, das eines der Kerngeschäfte des Alex ist, sei noch nicht so gut angenommen worden. Aber fürs Wochenende gebe es bereits Bestellungen. „Happy“ seien auch die Mitarbeiter, dass sie wieder arbeiten können, wenn auch mit Mundschutz und unter strengen Hygieneauflagen. Die Gäste seien verständnisvoll und würden auch ihre Daten ohne zu murren hinterlegen. „Wir haben uns das ja alle nicht ausgesucht und gehen natürlich verantwortungsbewusst mit den Daten um“, sagt sie.

Die Türen zum Theatercafé schließt Mathias Fangohr gestern um 15 Uhr auf. Einen richtigen ersten Eindruck gibt es da noch nicht. Im Klostercafé, das ebenfalls von Fangohr betrieben wird, habe es aber bereits erste Gäste gegeben. Und durch den Platz, der zur Verfügung steht, sehe es trotz Abstandsregelungen gar nicht so anders aus wie normalerweise. Da gebe es andere Restaurants mit weniger Plätzen, die durchaus größere Probleme hätten, einen wirtschaftlichen Betrieb zu erreichen. Für das Wochenende und für Pfingsten gebe es schon einige Bestellungen.

„Wir sind recht optimistisch und positiv gestimmt, dass die Leute auch wiederkommen werden“, sagt Fangohr. Sein Eindruck sei, das die Leute auch wieder rauswollen. Trotz Einhaltung der Corona-Vorschriften versuchen er und sein Team es den Gästen so angenehm wie möglich zu machen und so viel Normalität wie möglich herzustellen. Die Registrierung erfolgt nicht in Tabellen, sondern „jeder Gast erhält sein eigenes Formular, niemand sieht die Daten des anderen“, sagt Fangohr.

Eine besondere Aktion hat sich Matias Tosi als künstlerischer Leiter des Hundertwasserhauses überlegt: Solange die Beschränkungen gelten, soll es jeden Freitag ein Konzert auf dem Dach des Hundertwasserhauses mit Überraschungsgästen geben. Passanten sollen damit erfreut und die Wiedereröffnung der Restaurants gefeiert werden, so Tosi. Gestern steht der Opernsänger gleich selbst auf den Terrassen und singt für die Gäste am Breiten Weg. Jeden Freitag von 17 bis 17.45 Uhr soll es nun Konzerte geben, kündigt er an und hofft, dass die Menschen wieder zurück ins öffentliche Leben kommen.

Auch Matthias Nawroth hofft, dass der Restaurantbetrieb in seinem Ratskeller trotz der erschwerten Bedingungen wieder gut anläuft. Der Biergarten ist gestern sehr gut besucht. Das Mittagsgeschäft im Restaurant hat aber noch Potenzial. Er hofft auf den Abend. Während der Krise ist Nawroth Sprecher für 200 Magdeburger Gastronomen gewesen, hat Demonstrationen mitorganisiert.

Dass die Magdeburger Gastronomen so gut zusammengestanden haben, sei toll gewesen. Und auch wenn die Restaurant- und Café-Betreiber nun wieder in die Mitbewerber-Situation zurückkehren und jeder um jeden Gast buhlt, werde das Netzwerk wohl bestehen bleiben. Ein Dankeschön sagt er Oberbürgermeister Lutz Trümper, der für die Gastronomen eine Lanze gebrochen habe. Kritik übt er dagegen an der Landesregierung, die nicht einmal mit einer Eingangsbestätigung auf Schreiben der Gastronomen reagiert habe – weder auf ein initiativ gesandtes, noch auf ein angefordertes.

Und noch sei die Krise für viele Gastronomen nicht überstanden. Große Defizite seien in den Kassen entstanden. „Eigentlich“, findet Nawroth, „müsste es ein weiteres Hilfspaket geben.“ Er wisse von einigen Magdeburger Gastronomen, die Insolvenzanträge gestellt hätten, und hofft, dass die Krise nicht die Vielfalt der Magdeburger Gastro-Szene schwächt.Verlierer seien vor allem aber die 2000  Mitarbeiter in der Magdeburger Gastro-Szene. Durch die lange Kurzarbeit könne es passieren, dass sich die Leute andere Jobs suchen. Unter der Voraussetzung, dass der Personalmarkt ohnehin umkämpft ist, nicht einfach.

Eine erste gemeinsame Aktion der Magdeburger Gastronomen sind kleine Anstecker. Auf denen steht: „Ihr seid mit Abstand unsere liebsten Gäste.“ Denn nicht nur die Besucher wollen geschützt sein, auch das Personal, das hinter den Tresen und zwischen den Tischen aktiv ist.