Sport Großprojekt des FSV in Gefahr
Von Sebastian Pötzsch Barleben
Die Lage beim FSV Barleben steht exemplarisch für viele andere Vereine: Wegen der Corona-Pandemie brechen die Einnahmen weg. Das liegt zum einen daran, dass Mitglieder ihre Austritte erklären und damit keine Beiträge mehr zahlen. Und die Vereine können auch keine zusätzlichen Einnahmen generieren, weil sie nicht zu Veranstaltungen einladen dürfen. Also können die Gruppierungen auch nicht investieren, keine Fördermittel beantragen, weil sie nicht in der Lage sind, die Eigenanteile zu stemmen.
Sicher steht der FSV in Barleben damit nicht vor dem Ende seiner Existenz, doch zumindest wackelt ein lang gehegtes Großprojekt. Denn seit gut 12 Jahren wird hier an einer Vision gearbeitet, die in diesem Jahr endlich umgesetzt werden sollte. Bisher war von dem einst erstellten Masterplan zur Erweiterung des Sportkomplexes Am Anger nur der Bau der Parkplätze sowie die Errichtung des Kunstrasenplatzes realisiert worden. Nun sollte der Bau eines Mehrzweckgebäudes folgen. Dafür hatten die Mitglieder des Gemeinderates im Dezember 2020 den Weg frei gemacht.
Die Baukosten werden auf rund eine Millionen Euro geschätzt. 200000 Euro will der Fußballclub aus eigener Tasche beisteuern. 800000 Euro kommen als Zuschuss von der Gemeinde. So hatten es die Räte mehrheitlich beschlossen. Für den Eigenanteil hatte der FSV ein Finanzierungskonzept vorgelegt. Demnach soll der Vereinsanteil über einen Kredit sowie über Sponsoring, Spenden, Mieteinnahmen und Mitgliedsbeiträge gesichert werden.
Doch genau hier hapert es gewaltig. Das haben Vereinschef Ingo Nitschke und sein Vize Andreas Ibe während er jüngsten Hauptausschusssitzung am Dienstagabend erklärt. Denn der geplante Eigenanteil des Vereins kann nicht gestimmt werden - zumindest nicht derzeit.
Doch zunächst erklärte der FSV-Vorsitzende den anwesenden Ausschussmitgliedern die Bedeutung eines Neubaus. „Das vorhandene Sportlerheim steht seit 60 bis 70 Jahren und ist hinüber“, hob Nitschke hervor. Die Sanitäranlagen seien für die rund 200 Mitglieder längst nicht mehr ausreichend und veraltet.
Deshalb waren die Planungen für den Neubau schon im vergangenen Jahr begonnen worden. So soll das neue Gebäude eine Nettofläche von rund 550 Quadratmetern haben. Dabei sei nur das Nötigste berücksichtigt worden. „Wir brauchen anständige Kabinen und Toiletten sowie einen ansprechenden Gastrobereich. Auf große Extrawünsche haben wir bewusst verzichtet“, ergänzte Andreas Ibe. Dennoch soll der Neubau inklusive Abriss des alten Gebäudes rund eine Million Euro kosten.
Doch nun beginnen die Probleme. Laut Ibe sei ein Fördermittelantrag beim Landesamt für Landwirtschaft und Flurordnung abgelehnt worden. „Es war einfach unmöglich, die Frist einzuhalten“, erklärte der Vize. Weitere Anträge beim Landessportbund und bei der Lotto-Gesellschaft hätten ebenfalls schon gestellt werden müssen.
Doch nicht der Zeitfaktor sei das Problem. Allein es fehlt an Geld. Denn die 20 Prozent Eigenanteil sind für den Verein nur über Sponsoring und eben Fördermittel zu stemmen. Doch auch hierfür muss der FSV aus eigener Tasche dazu bezahlen. „Doch sportlich läuft bei uns nichts mehr“, erklärte Andreas Ibe den Ausschussmitgliedern.
Das habe erhebliche Auswirkungen auf die Kassenlage. So seien beispielsweise die Sponsorengelder eingebrochen. Abgesehen davon, dass viele der Unternehmen selbst nach Überlebensstrategien suchen, erhalten diese keine Gegenleistung vom FSV. „Die Unterbrechung des Spielbetriebs ist für die Sponsoren unattraktiv“, machte Ingolf Nitschke deutlich. Finden keine Spiele statt, läuft auch keine Werbung der Sponsoren auf.
Auch Eintrittsgelder könnten nicht mehr generiert werden. Für ein weiteres Minus sorgten fehlende Einnahmen durch die Gastronomie auf dem Platz und durch Mitgliederschwund. „Wir können nicht mehr kalkulieren und auf absehbare Zeit keine Planungsgrößen darstellen“, macht Vereinschef Ingo Nitschke deutlich. Und: „Bevor die Finanzierung nicht steht, macht es keinen Sinn, mit dem Bauantrag zu starten."
Laut Andres Ibe werde dennoch weiter entwickelt. „Die Planer für Elektro, Sanitär und Heizung sitzen aktuell an den Berechnungen. Der Baustart könnte in diesem Jahr erfolgen. Wir haben die Kapazitäten bei den Unternehmen abgefragt.“
In einem zweiten Bauabschnitt soll übrigens auch die Außenanlage erweitert und modernisiert werden. Eine entsprechende Vorlage zu Änderungen eines bereits im Jahr 2013 beschlossenen Gesamtplanes haben die Gemeinderäte ebenfalls im Dezember einstimmig beschlossen. Die Maßnahmen kommen nicht allein dem FSV zugute, sondern auch dem Schul- und Kitasport.
Das Megaprojekt soll insgesamt rund 1,6 Millionen Euro kosten. So ist geplant, eine 400-Meter-Laufbahn rund um den Kunstrasenplatz zu bauen. Aufgrund der dafür benötigten Radien muss der Kunstrasenplatz verschoben werden. Das ist sehr aufwendig. Es müssen Drainage und Neigung neu installiert werden. Im Prinzip wird fast der gesamt Platz neu gebaut. Ferner müssen die Weitsprunganlage, diverse Grünanlagen, Zuschauer- und Spielerbänke oder Ballfangnetze zurückgebaut werden.
Neben einer neuen Weitsprunganlage soll eine neue Kugelstoßanlage, ein Multifeld, ein Beachvolleyballfeld, neue Wege sowie Tribünen, Gegentribünen, mobile Spielerkabinen, Fußballtore und eine neue Außenmöblierung realisiert werden. Auch eine neue Trainingsbeleuchtung, eine Beschallung, eine Anzeigetafel sowie Grünanlagen werden gebaut. Förderanträge waren bereits vorsorglich gestellt worden.
„Wir nehmen das SOS des FSV Barleben zur Kenntnis“, sagte Bürgermeister Frank Nase (CDU) als Vorsitzender des Hauptausschusses im Anschluss an die Ausführungen der Vereinsführung und betonte noch einmal: „Der 20-Prozent-Eigenanteil des Vereins ist zur Zeit nicht leistbar.“
Franz-Ulrich Keindorff würde deshalb gern den FSV unterstützen. „Wir sollten schauen, ab wir andere Finanzierungsmodelle stricken können“, sage das FDP-Mitglied. Dies sollte im Gemeinderat weiter beraten werden. Das sah Ramona Müller (FWG/Grüne) völlig anders: „Der FSV hat schon 800000 Euro von Barleben bekommen, so viel wie kein anderer Verein. Noch mehr geben, das wird definitiv nicht passieren.“ Die Rätin schlug vor, mit dem Bau des neuen Gebäudes noch zwei Jahre zu warten. „Dieses Jahr ist das nicht machbar.“
„Das das nicht geht, ist eine technisch falsche Aussage. Mehr geht immer“, konterte der Bürgermeister. Ähnlich sah das auch Reinhard Lüder (SPD/Linke): „Ich stimme Ramona Müller nicht zu. Was ist uns denn das Gelände wert? Schließlich wollen wir auch, dass hier Schulsport stattfindet.“ Die Finanzierung müsse neu aufgestellt werden, dazu sollte sich in einer Arbeitsgemeinschaft näher unterhalten werden.
Somit tut sich für den FSV zwar ein Lichtblick auf. Dennoch dürfte ein Baustart noch in diesem Jahr äußerst schwierig werden.