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Historische Fotos Magdeburgs vergessene Schwimm-EM 1934: Wie die Elbestadt zur Sportmetropole wurde und was heute vom Stadion "Neue Welt" bleibt

Vom 12. bis 19. August 1934 fand die 4. Schwimm-Europameisterschaft in Magdeburg statt. Trotz seiner historischen Bedeutung ist das Stadion Neue Welt, in dem der Wettbewerb stattfand, heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Fotos aus den 1930er und 1950er Jahren zeigen, wie das Stadion zu seinen Glanzzeiten aussah.

Von Romy Bergmann 10.08.2024, 10:29
Anlässlich der Schwimm-Europameisterschaft 1934 wurde im Stadion NeueWelt in Magdeburg eine neue Kampfbahn errichtet. Auf den Tribünen hatten rund 6.000 Zuschauer Platz.
Anlässlich der Schwimm-Europameisterschaft 1934 wurde im Stadion NeueWelt in Magdeburg eine neue Kampfbahn errichtet. Auf den Tribünen hatten rund 6.000 Zuschauer Platz. Archivbild: Stadtarchiv Magdeburg, Fotobestand Hochbauamt, 11155

Magdeburg - Budapest, Bologna, Paris und schließlich Magdeburg: Die Elbestadt hat in der Geschichte der Schwimm-Europameisterschaften einen besonderen Platz eingenommen. Denn vom 12. bis zum 19. August 1934 war sie die erste deutsche und die vierte Stadt europaweit, die Austragungsort dieses Mega-Events war.

Wurde die EM 1926 zum ersten Mal in Ungarn ausgetragen, trafen sich acht Jahre später in Magdeburg 300 Athleten aus 17 Nationen, die in den Disziplinen Schwimmsport, Wasserball und Wasserspringen ihr Können unter Beweis stellten – so viele Sportler wie in keiner Schwimm-EM zuvor.

Schwimm Verein holte Europameisterschaft nach Magdeburg

Eigentlich sollte die Europameisterschaft schon drei Jahre früher nach Magdeburg kommen. Mitglieder des Magdeburger Schwimmverein 1896 setzten sich bereits 1930 dafür ein, dass die 3. Schwimm-EM 1931 in der Elbestadt ausgetragen wird, nachdem Wien als Wettkampfstätte kurzfristig abgesagt hatte.

Die Veranstaltung sollte zum einen die Stadt Magdeburg und ihre Schwimmer auf die internationale Bühne heben – zum anderen sah der Schwimmverein mit diesem Event eine Chance, endlich eine gut ausgestattete Wettkampfstätte für seine Schwimmer bauen zu lassen.

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Doch daraus wurde erst einmal nichts. Der Verein konnte sich nicht durchsetzen und Paris rückte als Nachfolger für die 3. Schwimm-EM nach.

Ein Blick auf das Stadion Neue Welt in Magdeburg zur Schwimm-Europameisterschaft 1934. Etwa 15.000 Zuschauer kamen die Tage insgesamt nach Magdeburg.
Ein Blick auf das Stadion Neue Welt in Magdeburg zur Schwimm-Europameisterschaft 1934. Etwa 15.000 Zuschauer kamen die Tage insgesamt nach Magdeburg.
Archivbild: Stadtarchiv Magdeburg, Sammlung Lück (Stiftung Kunst und Kultur der Stadtsparkasse Magdeburg), i142

Beim zweiten Versuch hatte es dann aber doch geklappt: Nach einigen Verhandlungen wurde Magdeburg die Aufgabe übertragen, die 4. Schwimm-Europameisterschaft auszutragen.

Neue Kampfbahn für Stadion Neue Welt in Magdeburg notwendig

Eine große Verantwortung, der der Magdeburger Schwimmverein als Organisator gerecht werden wollte. Für den internationalen Wettbewerb war jedoch eine neue Kampfbahn nötig. Wie die Magdeburgische Zeitung 1934 berichtete, habe man zuerst an einen Bau im Klosterbergegarten gedacht.

Dann habe der Verein der Stadt jedoch vorgeschlagen, am Stadion Neue Welt eine entsprechende Wettkampfstätte zu errichten. Gesagt, getan: Das Ergebnis war eine neue Kampfbahn, die über ein 50-Meter-Becken, eine Sprunganlage mit 3-Meter-Brett und einem 10-Meter-Turm verfügte.

Das Stadion neue Welt in Magdeburg während der Schwimm-Europameisterschaft 1934: Anlässlich dazu wurde eine neue Kampfbahn errichtet.
Das Stadion neue Welt in Magdeburg während der Schwimm-Europameisterschaft 1934: Anlässlich dazu wurde eine neue Kampfbahn errichtet.
Archivbild: Stadtarchiv Magdeburg, Fotobestand Hochbauamt, 11156

Doch die Zusage zur Schwimm-Europameisterschaft 1934 war nicht nur ein sportlicher Triumph für Magdeburg, sondern auch ein erheblicher Prestigegewinn.

Tourismus und Wirtschaft in Magdeburg boomte zur EM

Die lokale Presse überschlug sich mit Lob für die Veranstaltung – nicht nur als Wettkampf, sondern auch als einen bedeutenden Moment für die Stadt: „Der erste Tag und damit der Auftakt zu den 4. Europameisterschaften der Schwimmer bedeutete für Magdeburg mehr als nur einen Kampf der internationalen Schwimmer-Elite um Europas ,Blaues Band’“, berichtete beispielsweise die Magdeburgische Zeitung am 13. August 1934.

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Denn auch wirtschaftlich und touristisch zahlte sich die Europameisterschaft für die Elbestadt aus: 15.000 Besucher zählte die Stadt, Hotels waren bereits Tage vorher ausgebucht, Händler stellten ihre Zelte vor dem Stadion auf.

Am Ende sicherte sich das Deutsche Reich die 4. Schwimm-Europameisterschaft mit deutlichem Punktevorsprung vor Ungarn und festigte damit Magdeburgs Ruf als Schwimm-Hochburg.

Schwimm-Hochburg Magdeburg: Schwimmer erfolgreich bei Olympischen Spielen

Heute, 90 Jahre später, erlebt Magdeburg mit den herausragenden Leistungen der Magdeburger Schwimmer bei den diesjährigen Olympischen Spielen erneut eine goldene Ära im Schwimmsport, nicht zuletzt mit dem Gold-Sieg von Lukas Märtens.

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Trotz der großen Bedeutung dieses Ereignisses ist die Schwimmstätte heute fast vergessen. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Stadion noch als Freibad, gehörte insbesondere in den 1970er und 1980er Jahren zu den beliebtesten Ausflugszielen der Magdeburger.

Eine Aufnahme vom Stadion Neue Welt in Magdeburg vom 23. August 1955. Nach den Schwimm-Europameisterschaften diente es als Freibad.
Eine Aufnahme vom Stadion Neue Welt in Magdeburg vom 23. August 1955. Nach den Schwimm-Europameisterschaften diente es als Freibad.
Archivbild: Stadtarchiv Magdeburg, Fotobestand Hochbauamt, 31334

Jedoch verlor es zunehmend an Bedeutung und verfiel, bis es schließlich 1990 geschlossen wurde. Vom einstigen Sprungturm ist nur noch der Sockel übrig. Die Verhandlungen um das Stadion Neue Welt begannen im Jahr 2015. Im Mai 2016 kaufte die BTEC-Beratungsgesellschaft das Grundstück „Stadion Neue Welt“.

Keine Angaben zu Entwicklung von Besitzern vom Stadion Neue Welt

Das 111.946 Quadratmeter große Areal wurde zum Preis von 105.000 Euro verkauft und sollte mit einer Golf- und Abenteueranlage wieder als Freizeitort genutzt werden können. Belange des Naturschutzes machten die ursprünglichen Pläne aber zunichte.

Ein Freizeitpark kann nicht errichtet werden, wird 2018 bekannt. Neuer Plan war ein Naturkompetenzzentrum. Im August 2018 wurde der Bauantrag eingereicht.

Ein aktueller Blick auf das Stadion Neue Welt in Magdeburg. Das Gelände liegt brach.
Ein aktueller Blick auf das Stadion Neue Welt in Magdeburg. Das Gelände liegt brach.
Foto: Romy Bergmann

Ende Januar 2020 gab es eine Teilbaugenehmigung. Seitdem ist jedoch kaum etwas passiert – die Fläche rund um das Becken bleibt mit Metall- und Stacheldrahtzaun abgesperrt.

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Zum Stand der Entwicklungen auf dem Gelände der einstigen Europa-Wettkampfbahn äußerten sich die Besitzer auf Nachfrage nicht.