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Kandidat Festung aus dem Dornröschenschlaf geweckt

Volksstimme-Leser wählen den „Magdeburger des Jahres 2015“: Rüdiger Stefanek und der Sanierungsverein Ravelin 2 sind nominiert.

Von Martin Rieß 01.12.2015, 00:01

Magdeburg l Über Jahrhunderte hat das Militär in Magdeburg die städtische und die wirtschaftliche Entwicklung geprägt. Dieses Erbe zu bewahren, hat sich Rüdiger Stefanek vorgenommen. Er steht dem Sanierungsverein Ravelin 2 vor, der in diesem Jahr das Kommando in einer Festungsanlage zwischen Maybachstraße und Magdeburger Ring übernommen hat.

Groß geworden ist Rüdiger Stefanek am Hasselbachplatz. Als Schüler hatte er über den inzwischen wieder freigelegten Mauern der Bastion Cleve am Hammersteinweg Zwiebeln und Mohrrüben im Schulgarten gepflegt. Zum Spielen verschlug es ihn damals immer wieder in die brachliegenden Festungsanlagen an der Künette. „Ich habe damals kaum geahnt, wie wichtig Festungsanlagen wie diese für die Entwicklung Magdeburgs gewesen sind", erinnert er sich heute.

Offenbar handelte es sich seinerzeit um eindrucksvolle Ausflüge: Bis heute hat die Faszination für die Festungsanlagen Rüdiger Stefanek nicht losgelassen. Im Juni vergangenen Jahres wurde der Sanierungsverein Ravelin 2 gegründet, der sich um Erhalt und Sanierung von Festungsanlagen zwischen Maybachstraße und Magdeburger Ring kümmert. Vorsitzender ist Rüdiger Stefanek. Er sagt: „Es ist wie in anderen Vereinen auch: Ein Vorstand allein ist noch nichts, was zählt, sind die Mitglieder." Sie müssen unterstützt und koordiniert, motiviert und geworben werden.

Zwar ist der Verein bislang noch überschaubar. „Was wir aber in den vergangenen Monaten erreicht haben, kann sich schon sehen lassen." Als da wären zum einen die Grünanlagen, die inzwischen auf Vordermann gebracht wurden. In den vergangenen Jahren, nachdem der Weg zur Künette hier wegen der Überflutungsgefahr bei Starkregen geschlossen worden war, war das Gelände zugewuchert. Zudem hatte das Areal Randalierer und Anhänger von illegalen Partys angelockt. Damit ist seit der Übernahme der Schlüssel durch den Verein vor einigen Monaten weitgehend Schluss. Ganz im Sinne auch der Nachbarn in den Kleingärten in der Umgebung.

In den Gewölben selbst haben die Mitglieder des Vereins aufgeräumt, haben eine provisorische Versorgung mit Strom und Wasser sichergestellt und haben Tafeln für eine Ausstellung vorbereitet. Rüdiger Stefanek sagt: „Meine Vision ist es ja, dass wir hier mittel- oder langfristig ein Zentrum schaffen, in dem alle Aktivitäten zu den Magdeburger Festungsanlagen eine Heimat finden." Profitieren könnten davon Heimatforscher ebenso wie Touristen, die mit aufgewerteten Festungsanlagen nicht nur in diesem Bereich vielleicht einen Anreiz hätten, einen Tag länger in Magdeburg zu bleiben. In den vergangenen Tagen ist aus Ziegelsteinen ein Boden in einem Gebäude angelegt worden, so dass die nächste Veranstaltung – Advent im Ravelin mit einem Kunst- und Kulturmarkt am 19. und 20. Dezember jeweils ab 14 Uhr – eine ganz neue Qualität erhalten wird. Auffällig: Dem Verein gelingt es, alte und junge Mitglieder für den Einsatz an der Ziegelmauer zu begeistern.

Der Knackpunkt für den Verein sind die fehlenden Mittel. Rüdiger Stefanek: „Wir haben schon eine Reihe von Unternehmern gewonnen, die uns unterstützen. Dennoch brauchen wir Geld – und wenn es darum geht, einen Besen oder einfaches Werkzeug zu finanzieren." Daher wendet sich der Verein immer einmal von seinem eigenen Thema ab und Veranstaltungen und Führungen zu. Höhepunkt im kommenden Jahr werden die Magdeburger Festungstage sein, die inzwischen alle zwei Jahre und dann zum dritten Mal von der Truppe um Rüdiger Stefanek ausgerichtet werden. Zuletzt hatte es diese Veranstaltung 2014 gegeben, und sie hatte damals weit über die Grenzen der Stadt für Aufmerksamkeit gesorgt. Und bei Vereinen und Festungstouristen haben die Vereinsmitglieder auswärts die Werbetrommel gerührt. Klar ist aber auch: Veranstaltungen hier sollen die Ausnahme bleiben. Es soll keine Konkurrenz zu anderen Lokalitäten in Magdeburg entstehen.

Zwei Dutzend Menschen sind derzeit im Sanierungsverein wie Rüdiger Stefanek ehrenamtlich aktiv. „Wir selber haben nicht viel mehr als die Freude an diesem Projekt." Grund: Eigentümerin ist und bleibt die Stadt. „Neben dem privaten Interesse geht es darum, die Festungsanlagen ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. Und es geht darum, das beachtliche Potenzial des Festungstourismus für die Stadt zu erschließen."

Bei aller Begeisterung für die alten Gemäuer aus Feld- und Ziegelsteinen – Festungsanlagen sind ein zweischneidiges Schwert, da sie unumstößlich mit dem Thema Krieg verbunden sind. Rüdiger Stefanek sagt: „Das ist gar keine Frage, und wir möchten nicht beschönigen." Aber es geht darum zu zeigen, dass die Festung das Leben aller Magdeburger über Jahrhunderte geprägt hat: Das reicht von Aufträgen für Unternehmen bis hin zu den Fragen des Städtebaus. Und: Über viereinhalb Jahrhunderte von der Zerstörung im  Dreißigjährigen Krieg bis zur Aufgabe der Festung im Jahr 1912 blieb es in Magdeburg friedlich. Vielleicht war die Festung dafür ja eher ein Grund als ein Hindernis.

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