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Knochenfund Magdeburger Hyparschale hat Leiche im Keller

Bei Bauarbeiten an der Magdeburger Hyparschale sind Knochenteile gefunden worden. Der Fund gibt Rätsel auf.

Von Ivar Lüthe 04.12.2020, 00:01

Magdeburg l Archäologin Helen Stohr kniet am Donnerstag,3. Dezember 2020, in einer Baugrube gleich neben der Hyparschale und bewegt vorsichtig mit einem kleinen Spachtel Erdreich. Kurz zuvor war hier noch schwere Technik am Werk, um die Grube für das künftige Technikgebäude der Hyparschale auszuheben. Doch gegen 9 Uhr stoppen die Arbeiten: Ein Bagger hat außer Erde und Bauschutt auch Knochenteile freigelegt.

Sofort wird zunächst das Kommunale Gebäudemanagement der Stadt als Bauherr der laufenden Hyparschalensanierung über den überraschenden Fund informiert. Das Amt wiederum ruft die Polizei, da unklar ist, was es mit dem Knochenfund auf sich hat. Doch auch die herbeigeeilten Beamten können sich keinen Reim darauf machen. Experten müssen her.

Helen Stohr ist Expertin. Die Archäologin vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie nimmt den Fund in Augenschein. Eine aktuelle Straftat kann sie ausschließen, wie sie sagt. Die vom Bagger freigelegten menschlichen Knochenteile, die an unterschiedlichen Stellen in der Grube verteilt liegen, sind älter. Nach ersten vorsichtigen Schätzungen wohl aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts.

Doch der Fund gibt Rätsel auf. Woher stammen die Knochenteile? Warum liegen sie verstreut im Erdreich? Von einer Bestattungsstätte oder gar einem Friedhof ist dem Landesamt hier nichts bekannt gewesen, sagt die Archäologin. Anhand der entdeckten Knochen kann die Expertin nicht auf einen direkten Befund schließen. „Sie sind wohl aus dem Bestattungskontext gerissen“, sagt sie. Ohnehin ist das, was die Archäologin bei der ersten Untersuchung gestern sieht, sehr diffus. „Das Erdreich ist mehrfach bewegt und verfüllt worden“, sagt sie. Die unterschiedlichen Erdschichten, teils vermengt mit Bauschutt, bezeugen dies.

Neben Knochen treten verrostete Nägel und Beschläge, Keramikteile sowie ein kleines zerbrochenes Glasgefäß zutage. Einige Funde scheinen viel älter zu sein als die losen Knochen. Alles wird fachmännisch eingetütet und beschriftet. Es muss später untersucht werden.

Helen Stohrs geschulter Blick ist aber auf noch etwas gestoßen: Am Grund der Baugrube zeichnet sich leicht bräunlich gefärbt ein Rechteck ab. Es sind offenbar die Umrisse eines Sarges. „Wir haben ein Grab gefunden. Noch ist unklar, ob darin ein Skelett liegt und ob es hier noch weitere Gräber gibt“, sagt die Archäologin. Für fundierte Einschätzungen ist es gestern, wenige Stunden nach der Entdeckung, noch viel zu früh.

Mit schwindendem Tageslicht werden die ersten Untersuchungen zunächst eingestellt. Als Nächstes muss entschieden werden, wie es weitergehen soll. Wird es archäologische Grabungen geben? Oder baubegleitende Untersuchungen der Archäologen? Das soll in Gesprächen zwischen Landesamt und Stadt geklärt werden.