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Kündigung Magdeburger Info-Laden verweigert Auszug

Der Magdeburger Info-Laden in Stadtfeld muss raus. Der Mietvertrag endet im März 2018. Doch die Betreiber drohen mit Widerstand.

Von Franziska Ellrich 18.11.2017, 00:01

Magdeburg l „Ein weiteres sozial engagiertes Projekt in Stadtfeld ist in seiner Existenz gefährdet“, sagt Oliver Wendenkampf. Er ist der Vorsitzende des Vereins Kiez, Kultur, Leben. Der Verein betreibt in Magdeburg den Info-Laden in der Alexander-Puschkin-Straße. Zum März 2018 sollen die Mitglieder den Laden räumen.

Das wurde bereits vor zwei Jahren mit den neuen Hauseigentümern vertraglich so geregelt. Die Betreiber wollen diese Entscheidung allerdings nicht mehr hinnehmen.

„Wir sind ein Anlaufpunkt für Leute, die sich keinen teuren Eintritt oder Getränke in einer Bar leisten können“, sagt Wendenkampf. In dem Ladengeschäft gibt es einen Sportraum zum Trainieren, es wird regelmäßig gemeinsam gekocht und Rechtsberatungen angeboten. Der Stadtrat Oliver Wendenkampf (future) spricht von einem „antifaschistischen Schutzraum“. Im Info-Laden könnten sich „in Zeiten des Rechtsrucks“ Jugendliche organisieren, die „antirassistische“ Aktionen planen, wie zum Beispiel Fußballturniere.

Doch nicht nur das: Aus dem Internetauftritt des Info-Ladens geht hervor, dass dort die Mitglieder der linken Szene auch Demonstrationen organisieren. Regelmäßig rufen sie in Stadtfeld zu Demos unter dem Motto „Mieten runter, Löhne rauf!“ auf. Um für solche Aktionen weiterhin einen Treffpunkt zu haben, sammeln die Linken jetzt Unterschriften. Die sollen dann an den Eigentümer des Hauses, eine Immobilienagentur aus Österreich, gehen.

Auf Nachfrage der Volksstimme erklärt ein Sprecher der Immobilienagentur: „Unser klares Interesse ist, dass der Verein die Fläche räumt.“ Die Eigentümer erinnern an die Kündigung des Mietvertrages, die bereits zwei Jahre zurückliegt.

Der vorige Hausbesitzer soll dem Verein bereits gekündigt haben. Danach kam es zu einem Gespräch mit den aktuellen Eigentümern und das Mietverhältnis wurde um zwei Jahre verlängert bis März 2018. „Um dem Verein Zeit zu geben, eine neue Fläche zu finden“, so der Unternehmenssprecher.

Auch die Kaltmiete blieb unverändert, bei rund zwei Euro pro Quadratmeter. „Im Gegenzug wurde uns versprochen, dass der Verein die Fläche dann tatsächlich räumt.“ Laut der Immobilienagentur sei das mit einer notariell beglaubigten sogenannten Zwangsvollstreckungsunterwerfung abgesichert worden.

Die Besitzer wollen die Fläche sanieren und denken unter anderem über den Einzug einer Kindertagesstätte nach. Doch der Verein hat bis heute keine neuen Räume gefunden. „Es gibt nichts Vergleichbares, die Mieten sind mindestens dreimal so teuer“, begründet Oliver Wendenkampf. Viel mehr als die aktuellen rund 140 Euro Kaltmiete könne man sich nicht leisten. Der Info-Laden finanziert sich allein aus Spendengeldern.

Allerdings: Kurzzeitig hatte der Verein einen neuen Standort in der Pestalozzistraße bezogen. Dort war es im November 2016 jedoch zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen, weil Tatverdächtige nach einem Überfall dort hinein geflüchtet sein sollen. Der Vermieter hatte den Vertrag umgehend wieder gekündigt.

Bei der Immobilienagentur sei man „nach wie vor an einer einvernehmlichen“ Einigung interessiert. Der Verein hatte bei „mangelnder Gesprächsbereitschaft“ bereits mit Folgen gedroht, „für die keine Verantwortung übernommen werde“.

Oliver Wendenkampf erklärt gegenüber der Volksstimme: „Wir stellen die Räume für selbst organisiertes Handeln zur Verfügung.“ Sollte die Auseinandersetzung eine „andere Intensität“ annehmen, liege das nicht in der Verantwortung des Vereins.