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Magdeburger Mumien Budenbergs für die Ewigkeit

Ein seltener Blick in die Industriegeschichte Magdeburgs tat sich auf: Die Nachfahren der Budenbergs trafen sich im Familien-Mausoleum.

Von Peter Ließmann 14.05.2018, 01:01

Magdeburg l Vorbei an einer weißen Frauenstatue — sie verkörpert die Trauer — geht es eine kleine Treppe hinunter in die Gruft des Mausoleums. Es ist sehr eng und es wird sofort klar: Das Mausoleum ist um die beiden Verstorbenen herum gebaut worden — ein Ort für die Ewigkeit. In der Gruft stehen nur zwei schwarze Särge. Einer ist verschlossen, in ihm liegt die Mumie von Caroline Budenberg, verstorben am 23. Juni 1884.

Der zweite Sarg ist offen, in dem Holzerdmöbel ist ein zweiter Sarg aus Metall zu sehen. Der ist verschlossen. Das Besondere: Am Kopfende gibt ein Glasfenster einen Blick ins Innere frei, und man sieht das Gesicht von Christian Friedrich Budenberg. Auch er wurde nach seinem Tod im September 1883 einbalsamiert. Sein Gesicht ist noch sehr gut zu erkennen. Die lederne Haut glänzt, der rote Bart ist wohlgekämmt, die Augenlider sind geschlossen — kein Totenschädel, sondern tatsächlich ein Gesicht.

Jens Klocke bescheinigt der Mumie von Christian Friedrich Budenberg einen besonders guten Zustand. Eine Seltenheit in Deutschland. „Da war damals ein Meister seines Fachs am Werk.“ Klocke ist ebenfalls ein solcher. Er ist ein Spezialist der Restauration von Mumien. „Als ich den Sargdeckel hochgenommen habe, war sofort ein starker Geruch von Chemikalien wahrzunehmen“, sagt Jens Klocke. Das sei ein gutes Zeichen, „denn dann sind die Chemikalien noch bei der Arbeit.“

Damit das noch möglichst lange so bleibt, verschließt Klocke die Metallsärge des Ehepaars Budenberg wieder sorgfältig und so luftdicht wie möglich.

Die rund 40 Nachkommen des Magdeburger Industriellen-Ehepaars nutzen die Möglichkeit, um einen Blick auf ihre Ahnen zu werfen. Auch für sie ein seltener Augenblick, denn nach der Restaurierung sollen die Särge nur noch äußerst selten geöffnet werden. Immerhin gilt es, die Totenruhe zu respektieren. Darum wird das Budenberg-Mausoleum auch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Es ist eine Grabstätte, allerdings eine durchaus beeindruckende. Im Stile der Neorenaissance des ausgehenden 19. Jahrhunderts gebaut, ist sie ein Ausdruck des immer stärker werdenden gesellschaftlichen Selbstbewusstseins des erfolgreichen Bürgertums, aber auch ein Statement des Freigeistes, der sich mit der industriellen Revolution entwickelt habe, sagt Jens Klocke. Es fehlen fast gänzlich christliche Symbole.

Caroline Budenberg hatte das Mausoleum zu Ehren ihres Mannes bauen lassen. Die Budenbergs gehörten mit zu Magdeburgs wichtigsten Unternehmern des 19. und 20. Jahrhunderts. „Schäffer & Budenberg“ waren Marktführer bei der Entwicklung und Herstellung von Manometern. Man war wirtschaftlich sehr erfolgreich und auch sozial engagiert. So wurde damals das „Haus Budenberg“ gebaut, ein Seniorenheim, das noch heute in Betrieb ist. Im Park der Einrichtung ist das Mausoleum zu finden.

Nicht nur die Särge werden restauriert, sondern auch das ganze Gebäude. Restauratorin Maren Matthei erläutert beim Familientreffen den Stand der Arbeiten. Man habe in den vergangenen Wochen vor allem das Mauerwerk von Schmutzkrusten und Salzen befreien müssen, die Dachkuppel wurde abgedichtet, bei einigen Sandsteinen waren Ausbesserungen nötig. In den kommenden Wochen sollen die Arbeiten weitergehen.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und Lotto Sachsen-Anhalt fördern die Restaurierung mit rund 14.000 Euro. Das Mausoleum stelle in seinem nahezu unveränderten Zustand ein bedeutsames Zeugnis der Magdeburger Industriegeschichte und großbürgerlichen Bestattungskultur der wilhelminischen Gründerzeit dar, so die Begründung.

Claus Mangels, Magdeburger Ortskurator der Stiftung, freut sich, dass die Familie Budenberg selbst ein starkes Engagement für das Baudenkmal zeige. „Dadurch wird die Erhaltung überhaupt erst möglich.“ Schon 1988 hatte sich die Familie erfolgreich bemüht, das Bauwerk unter Denkmalschutz zu stellen.

Am Nachmittag kehrt im Mausoleum von Caroline und Christian Friedrich Budenberg wieder Ruhe ein. In den kommenden Wochen werden die Restaurierungsarbeiten weitergehen, danach wird sich die reich verzierte Eisentür der Grabstätte schließen, um die Totenruhe nicht weiter zu stören.