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Stadtentwicklung Massive Kritik an der Qualität des Magdeburger Wochenmarktes

SPD-Fraktion im Magdeburger Stadtrat will der stadteigenen Weiße Flotte GmbH notfalls die Verantwortung fürs Marktgeschäft entziehen lassen

Von Katja Tessnow 16.06.2021, 02:00
Trauriger Anblick unterm Goldenen Reiter in Magdeburg: Links drängen sich einige Marktbuden, zentral herrscht gähnende Leere zur Marktzeit auf dem Marktplatz. Nach jahrelanger Kritik an Qualität und Optik des Marktes in der Innenstadt, droht die SPD-Ratsfraktion dem Marktbetreiber Weiße Flotte mit einem Antrag auf Kündigung.
Trauriger Anblick unterm Goldenen Reiter in Magdeburg: Links drängen sich einige Marktbuden, zentral herrscht gähnende Leere zur Marktzeit auf dem Marktplatz. Nach jahrelanger Kritik an Qualität und Optik des Marktes in der Innenstadt, droht die SPD-Ratsfraktion dem Marktbetreiber Weiße Flotte mit einem Antrag auf Kündigung. Foto: Uli Lücke

Magdeburg - Die Diskussion währt schon jahrelang: Viele Magdeburger – vorneweg auch Stadtrat und Verwaltung – wünschen sich eine Qualifizierung des Wochenmarktes vor dem Rathaus zum Anziehungspunkt für Magdeburger und Touristen. Weil das bisher nicht gelang, fährt die SPD im Stadtrat schweres Geschütz gegen den Marktbetreiber auf.

Bis zum 30. Juni 2021 könnte die Stadt den sogenannte Betrauungsvertrag zur Bewirtschaftung der Wochenmärkte in Magdeburg mit der Weißen Flotte GmbH kündigen – mit Frist zum Jahresende. 20 Tage vor Ablauffrist – zur Ratssitzung am 10. Juni – schlug die SPD-Fraktion ad hoc genau das vor. Der zunächst öffentlich gestellte Antrag wurde zur Sitzung in die Nichtöffentlichkeit verwiesen. Der auch für kommunale Unternehmen zuständige Finanzbeigeordnete Klaus Zimmermann (CDU) hatte zuvor gegen eine öffentliche Verhandlung interveniert. „Wir haben das Thema länger diskutiert“, gibt SPD-Fraktionschef Jens Rösler gestern auf Nachfrage zu Protokoll. Im Ergebnis habe die Fraktion den Antrag zurückgezogen – vorläufig. „Seit Jahren sagen wir, dass der Markt attraktiver werden muss. Es passiert etwas, aber nicht genug“, so Rösler.

Galgenfrist für sichtbare Verbesserungen

Andererseits wolle die Fraktion nicht einen laufenden Prozess gefährden und vor allem nicht die Weiße Flotte in Gänze in Probleme stürzen. „Wir wollen der Weißen Flotte noch eine Chance geben, über die laufende Saison Veränderungen hinzubekommen.“

Auf Kritik stoßen Händlermix wie auch Außenbild des Marktes vor dem Rathaus. „Der Markt gehört auf die Mitte des Platzes und nicht an den Rand“, sagt Rösler und wiederholt die bereits häufig und von verschiedenen Seiten vorgebrachte Forderung nach mehr regionalen Produkten, viel bäuerlicher Frischware aus eigenem Anbau. „Ob Gürtel und Gardinen hier hergehören, darüber kann man dagegen streiten.“

Mit dem Rückzug des Antrags auf Vertragskündigung wolle die Fraktion den jetzt Verantwortlichen sozusagen eine letzte Chance einräumen, eine Galgenfrist. „Jedenfalls ist es gut, dass der Diskussionsprozess allein durch den Antrag neuen Schub bekommt. Wir wollten weiter Druck machen“, bekennt Rösler.

Schwieriges Werben um Anbieter lokaler Erzeugnisse

Dem Druck ausgesetzt sieht sich Silke Buschmann. Sie ist Geschäftsführerin des MVB-Tochterunternehmens Weiße Flotte und „überrascht“. „Der Antrag gerade zu diesem Zeitpunkt hat mich schon gewundert. Ich bin sehr froh, dass er zurückgezogen wurde“, sagt Buschmann. Man sei mitten im Prozess der Marktqualifizierung, „aber das gelingt nicht von heute auf morgen, sondern nur kontinuierlich in kleinen Schritten“. „Aber wir verstehen das Signal und ja, wir müssen beim Markt mehr Gas geben.“Man gebe sich große Mühe, regionale Produzenten für den Markt zu gewinnen. Buschmann: „Wir nehmen Kontakt zu Bauern mit Hofläden auf. Oft haben sie aber nicht die personellen Kapazitäten, noch einen Markt zu beschicken.“ Die Strukturen in der Region seien nicht vergleichbar mit denen etwa von Süddeutschland. „Hier mit einem ausschließlich grünen Markt genügend Einnahmen erzielen zu können, halte ich für schwierig“, so Buschmann. Dennoch zielten die aktuellen Bemühungen darauf ab, den Anteil regionaler Erzeuger auf dem Markt stetig zu erhöhen und insgesamt mehr Anbieter zur Marktbeschickung zu gewinnen, auf dass der Markt auf dem Platz Raum greift.

Für ein besseres Erscheinungsbild, so Buschmann, seien nicht unerhebliche Investitionen in eigene Stände für ein gleichmäßiges Gesamtbild nötig. Die von Niedrigwasserständen in den Vorjahren und von der Pandemie gebeutelte Flotte hat allerdings kein Geld übrig, im Gegenteil. Womit der Ball bei der Stadt wäre.

Buschmann gelobt – die Drohung im Rücken – sichtbare Veränderungen noch in dieser Saison. Auf den großen Wurf macht sie ad hoc jedoch keine Hoffnung.