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Museum Kunstkrimi um Magdeburger Kelch

Silberner Kelch und Abendmahlskanne: Zwei wichtige Zeugnisse Magdeburger Geschichte sind zurück in der Elbestadt.

Von Jana Heute 02.03.2018, 00:01

Magdeburg l Am 13. Mai 2018 gibt es zum Internationalen Museumstag eine besondere Premiere. Im Kulturhistorischen Museum sind dann erstmals wichtige Teile des Abendmahlsgeschirrs aus der zwischen 1964 und 1966 abgerissenen Katharinenkirche wieder zusammen zu sehen. Über Jahrzehnte war ein Hauptstück, die Abendmahlskanne – versehen mit dem Siegel der heiligen Katharina –, verschollen. Nur durch einen Zufall ist sie im November wieder aufgetaucht. Gemeinsam mit einem silbernen Abendmahlskelch, der ebenfalls aus Magdeburg stammt. Beide Stücke gelten als wichtige Zeugnisse Magdeburger Silberschmiedekunst und der lokalen Kirchengeschichte. „Wir sind froh über jede Bereicherung unseres Museum. Aber dies ist etwas ganz Besonderes“, schwärmte Gabriele Köster, Direktorin der Magdeburger Museen, am 1. März 2018 bei der ersten Präsentation der Stücke.

Kelch und Kanne stammten aus der Zeit des Wiederaufbaus nach der Zerstörung Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg 1631. Auch für die Altstadtgemeinde, in der die frühere Gemeinde der Katharinenkirche aufgegangen war, ist die Rückkehr der Stücke von besonderem Wert. Thoralf Thiele, Pfarrer der Altstadtgemeinde, hatte zur Feier des Tages die bis dato noch vorhandenen Teile des Abendmahlsservices mitgebracht und breitete sie auf einem weißen Tuch aus: Kelch, Hostiendose oder Teller werden heute noch zu den Gottesdiensten benutzt. „Die Kanne hat noch gefehlt. Sie ist etwas ganz Einmaliges“, betont Thiele. Ihm sei ein Stein vom Herzen gefallen, als er erfahren habe, dass das Kulturhistorische Museum sie gemeinsam mit dem Kelch ersteigern konnte.

Die Wiederbeschaffung geschah auf nahezu abenteuerliche Weise. Bekannt ist, dass die Kanne in den Wirren der Nachkriegsjahre des Zweiten Weltkrieges aus der Katharinenkirche verschwunden ist. Unklar ist bis heute, ob sie gestohlen wurde oder auf welchen Wegen sie zum letzten Besitzer gelangte. Das war der Magdeburger Kunstsammler Eberhard Giese. Dessen Name tauchte im November 2017 im Versteigerungskatalog des renommierten Kölner Auktionshauses Lempertz auf. In der Beschreibung zu der Magdeburger Abendmahlskanne und zum Kelch steht, Giese habe diese ca. 1955 aus Kirchenbesitz erworben.

Allein: Einen Nachweis dafür gibt es nicht. Die Magdeburger Altstadtgemeinde ist Rechtsnachfolger der früheren Gemeinde der Katharinenkirche, hat auch Dokumente vorgelegt, die eine Eigentumszuordnung erlauben. So taucht die Abendmahlskanne im Lagerbuch der Katharinenkirche mit genauer Beschreibung auf und wird dort als fehlend vermerkt. Es ist reiner Zufall, dass die Gemeinde auf die bevorstehende Auktion aufmerksam wird.

Dr. Bettina Seyderhelm, Kunstsachverständige der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, bekommt im November einen Tipp. Das ist nicht einmal drei Tage vor dem anberaumten Versteigerungstermin am 17. November um 10 Uhr. Sie nimmt Kontakt zur Gemeinde auf, die wiederum zur Stadt. Kulturbeigeordneter Matthias Puhle und Museumschefin Gabriele Köster wissen den Fund sofort einzuordnen. Alle sind sich einig: Die Stücke müssen zurück nach Magdeburg. Wenn aber die Altstadtgemeinde Rechtsnachfolgerin der Katharinengemeinde ist, warum bekommt sie die Stücke nicht kostenfrei zurückübertragen? „So einfach ist das nicht“, sagt Puhle. Wenn die Teile z. B. nur einmal in all den Jahren öffentlich versteigert worden sind, erlösche das frühere Eigentumsverhältnis. Das sei geltendes deutsches Recht. „Es gab nur den einen Weg. Wir mussten die Stücke kaufen“, sagt er.

Die Entscheidung fällt, dass die Stadt das tun wird. Vor allem muss es schnell gehen. Im Auftrag der Altstadtgemeinde wird die Magdeburger Rechtsanwältin Marion Hannebohm tätig. Die Erbengemeinschaft des verstorbenen Eberhard Giese weigert sich, Kelch und Kanne von der Versteigerungsliste zu nehmen. Die Anwältin erwirkt, dass die Auktion unter Vorbehalt startet. Und die Magdeburger bieten mit: Das Kulturhistorische Museum bekommt von sechs Bietern letztlich den Zuschlag. Die Kosten von 17 500 Euro für beide Stücke teilen sich etwa hälftig die Stadt Magdeburg und das Land Sachsen-Anhalt. Auch der Geschäftsführer des Auktionshauses unterstützt die Elbestädter, verzichtet auf seine Gewinnmarge. So nimmt der Kunstkrimi um den Magdeburger Kelch und die Kanne noch einen guten Ausgang.

Und auch wenn die Stücke künftig im Museum beheimatet sind, wird die Altstadtgemeinde sie zum Beispiel für kirchliche Feste nutzen können.