Nahverkehr Uber in Magdeburg: Gibt es bald die Taxialternative in der Landeshauptstadt?
Wer morgens am Wochenende eine Mitfahrgelegenheit in Magdeburg ergattern möchte, der muss am Ende oft laufen. Eine Alternative zum Taxi wäre da Uber. Die Stadt Magdeburg spricht von der "Kannibalisierung des öffentlichen Nahverkehrs".

Magdeburg - Erst ein paar Tage ist es her, da wollte der Redakteur von diesem Beitrag um vier Uhr vom Magdeburger Hasselbachplatz in Richtung Stadtfeld-Ost gefahren werden. An dem beliebten Ort war kein Taxi weit und breit zu sehen. Die Taxihotline nahm keine Anrufe entgegen, beziehungsweise nur eine mehr oder weniger freundliche elektonische AB-Ansage war zu hören. Eine vertretbare ÖPNV-Verbindung gab es nicht. Eine Alternative wäre da Uber gewesen. Bequem per App ließe sich da eine Fahrt buchen. In 18 deutschen Städten ginge dies bereits, bald also auch in Magdeburg?
Die Idee war anfangs einfach: Private Fahrer nehmen Menschen in Deutschland mit ihrem Auto oder einem Mietwagen mit, fahren diese für einen vorher festgelegten Betrag von A nach B. In Deutschland. Die Taxifahrer in Deutschland schäumten, streubten sich vor der drohenden Konkurrenz. Heute sieht das ein wenig anders aus. Was ist Uber überhaupt genau?
"Uber ist ein Technologieunternehmen, das Menschen per Smartphone-App weltweit auf Knopfdruck mit verschiedenen Services verbindet", heißt es auf der Webseite.
Uber in 18 deutschen Städten aktiv
Die Mobilitätsplattform verschaffe ihren Nutzern weltweit unter anderem Zugang zu alternativen Beförderungsmöglichkeiten, zu Essenlieferdiensten sowie zu Frachtservices. "Uber ist in mehr als 10.000 Städten in 71 Ländern aktiv und revolutioniert die Art und Weise, wie Menschen sich fortbewegen. In Deutschland ist der Fahrtenvermittlungsservice von Uber in 18 Städten verfügbar: In Berlin, München, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Wiesbaden, Mainz, Köln, Hamburg, im Großraum Stuttgart und in der Region Duisburg sowie in Essen, Leverkusen, Neuss, Bergisch Gladbach, Bonn, Hannover, Mannheim und Augsburg", so Uber auf dem Firmenwebauftritt weiter.
Für seinen Fahrtenvermittlungsservice kooperiere Uber laut Pressesprecher Oliver Mattutat ausschließlich mit lokalen, lizenzierten Mietwagen- und Taxiunternehmen, die die Beförderungsleistung durchführen. Uber sei dabei Vermittler und nicht Beförderer.
"Die Fahrer der Partnerunternehmen besitzen ausnahmslos einen Personenbeförderungsschein und erfüllen sämtliche Voraussetzungen für die gewerbliche Personenbeförderung. Alle Fahrten sind dementsprechend vollständig für den gewerblichen Betrieb, genauso wie Taxis, versichert. Nutzer können die Fahrten über die Uber-App oder per Website buchen", schreibt Mattutat auf Anfrage der Volksstimme per Mail.
Das Besondere bei der Vermittlung von Mietwagen mit Fahrer sei, dass der Preis bereits vor der Buchung angezeigt wird und sich auch bei längerer Fahrzeit oder Stau nicht ändert. Bei der Vermittlung von “Uber Taxi” in der App werde die Fahrt an ein klassisches Taxi vermittelt und die Abrechnung erfolgt zum regulären Taxitarif. "Die Fahrgäste sehen bei allen Optionen vor Fahrtantritt jeweils den Namen des durch Uber vermittelten Mietwagen- bzw. Taxiunternehmens sowie das Profil des professionellen Fahrers mit Fotos, Kennzeichen und Service-Bewertung. Nach Abschluss der Fahrt wird automatisch bargeldlos mit Kreditkarte, PayPal, Apple Pay oder Google Pay bezahlt", erklärt Mattutat weiter.
Uber-Eats seit April 2022 in Magdeburg
"Wir haben grundsätzlich immer Interesse daran, unseren Vermittlungsservice auf weitere Städte auszuweiten und Magdeburg ist als Hauptstadt Sachsen-Anhalts natürlich grundsätzlich attraktiv. Allerdings müssen gewisse Rahmenbedingungen gegeben sein. Aufgrund der regulatorischen Voraussetzungen müssten die Mietwagen- und Taxiunternehmen, mit denen wir kooperieren, in und um Magdeburg ihren Betriebssitz haben, damit wir dort einen zuverlässigen Vermittlungsservice anbieten können. Im Moment haben wir noch keine Partner vor Ort und wir können auch noch nicht sagen, wann es soweit ist. Deshalb planen wir aktuell keinen Start in Magdeburg", dämpft er die Erwartungen.
Immerhin: Mit dem Essenslieferangebot von Uber eats ist die Firma bereits in Magdeburg gestartet. Seit April 2022 können die Magdeburger bereits ihre Speisen über die Uber Eats-App bestellen.
Von Seiten der Stadt Magdeburg wird ebenfalls gebremst. "Vor allem bei einem Zugriff auf verkehrsrelevante Daten aber auch durch Konkurrenz mit dem ÖPNV drohen erhebliche Wettbewerbsnachteile für öffentliche Verkehrsunternehmen. Zum anderen sind Personen, die die neuen Mobilitätsangebote in Anspruch nehmen, jedoch auch schwer kontrollierbaren Datenschutzverletzungen ausgesetzt", so Stadtsprecher Michael Reif.
"Angesichts der rasanten Entwicklung müssen Konkurrenzen und eine 'Kannibalisierung' des öffentlichen Nahverkehrs so weit wie möglich ausgeschlossen werden. Daher sind Übereinkünfte mit den privaten Unternehmen, Regulierungs- und Kooperationsvereinbarungen und – sofern möglich – Genehmigungen durch die Landeshauptstadt Magdeburg zur Vermeidung unlauteren Wettbewerbs wie auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von größter Bedeutung", so Reif.
Andererseits könne die in etlichen deutschen Städten bereits bewährte Kooperation von Verkehrsunternehmen mit privaten Mobilitätsdiensten dazu beitragen, mit einer erweiterten Angebotspalette im ÖPNV neue Kundengruppen zu erschließen. Zugleich ermögliche sie betriebswirtschaftliche Vorteile durch Energieeinsparung und bedarfsgerechten Fahrzeugeinsatz.
Stadt Magdeburg gibt sich offen für Taxi- und ÖPNV-Alternativen
Demnach habe die Stadt grundsätzlich keine Vorbehalte, wenn privat betriebene Sharingsysteme eng mit dem öffentlichen Personennahverkehr verzahnt würden. "Hierbei sollte der Grundsatz gelten, je nahtloser es das Angebot in den ÖPNV integriert werden, desto eher besteht die Chance, dass ÖPNV-Kunden diese als neue Option auf der ersten und letzten Meile wahrnehmen", erklärt Reif. "Um es für den Nahverkehrsanbieter der Landeshauptstadt Magdeburg wirtschaftlich zu gestalten und die Verdrängungseffekte gering zu halten, sollten die Sharingsysteme unbedingt in ein ABO-Modell des ÖPNV integriert werden."
Klingt so, als ginge der Stadt es in erster Linie um die Wirtschaftlichkeit der jetzt schon teuren MVB, als um die Interessen der Magdeburger. Nur mit MVB-Abo einer Uber-Fahrt "für die letzte Meile" wirkt wohl bei der Zielgruppe eher abschreckend, als ergebnissorientiert. Selbst wenn eine Uber-Fahrt auch ohne MVB-Abo gebucht werden könnte und die Kombination mit einem Abo als zusätzliches Angebot angesehen würde, ist dieser "unbedingte" Vorschlag wohl eher schwierig zu bewerkstelligen. Schließlich sind in einem MVB-Abo auch keine anderen Taxifahrten-Konditionen inklusive.
Magdeburg: Angespannte Situation im Taxi- und Mietwagengewerbe
Schwierigkeiten sieht die Stadt auch in Bezug zur Taxibranche. "Probleme könnten eher bei den etablierten, hiesigen Taxi- und Mietwagenanbieten entstehen, da deren Dienstleistungen in Konkurrenz zu diesen Angeboten stehen. Die aktuell angespannte Situation im Taxi- und Mietwagengewerbe könnte sich dadurch möglicherweise verschärfen", so Reif.
Auch in weiteren Punkten könnte die Stadt Magdeburg Fahrdienstleistern wie Uber Steine in den Weg zur Genehmigung werfen. "Insbesondere kann die Genehmigungsbehörde zum Schutz der öffentlichen Verkehrsinteressen Einzelheiten zur Rückkehrpflicht und weitere Anforderungen an den gebündelten Bedarfsverkehr in Bezug auf die Festsetzung von Bündelungsquoten, Barrierefreiheit und Emissionsvorgaben regeln", so Reif am Ende.
Es könnten des Weiteren Regelungen getroffen werden über die Pflicht zur unverzüglichen Rückkehr zum Betriebssitz oder zu einem anderen Abstellort, die Anforderungen an den Abstellort, eine zu erreichende Bündelungsquote außerhalb des Stadt- und Vorortverkehrs, Vorgaben zur Barrierefreiheit sowie Emissionsstandards von Fahrzeugen und den Einsatz lokal emissionsfreier Fahrzeuge.
Genehmigungsbehörde in Magdeburg kann Regelungen bestimmen
Die Genehmigungsbehörde könne darüber hinaus Vorgaben zu Sozialstandards, wie zum Beispiel Regelungen zu Arbeitszeiten, Entlohnung und Pausen, im gebündelten Bedarfsverkehr festlegen. Bei einem Genehmigungsvorgang müsse somit immer der Schutz des ÖPNV/Taxiverkehrs berücksichtigt werden.
"Innerhalb einer Stadt mit guter Verkehrsinfrastruktur ist hier anders zu entscheiden als in Randgebieten", heißt es von Seiten der Stadt Magdeburg. Wer nach einem Bar-Besuch am Hasselbachplatz kein Taxi findet, der muss wohl auch weiterhin durch halb Magdeburg laufen.
Chef des Taxiverbandes mit klarer Meinung
Für Thomas Henschel, Chef des Magdeburger Taxiverbandes, sind die Antworten generell keine Überraschung. "Für viele Anbieter lohnt es sich einfach nicht. Einen gab es bereits in Magdeburg. Nach einer kurzen Anlaufzeit wurden die Gebühren derartig hochgesetzt, dass es unrentabel wurde", so Henschel. Dies gelte auch für Uber.
Zudem würde die Taxi-Unternehmen kaum noch Personal finden. Denn Übergriffe auf Auto und Fahrer nehmen laut Henschel zu. Er bezweifle, dass Taxi-Alternativen dieses Problem umgehen könnten.