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Bühnen Neuer Mann für Magdeburger Theaterspitze

Der Schweizer Julien Chavaz soll im August 2022 die Führung des Theaters Magdeburg als Generalintendant übernehmen.

Von Katja Tessnow 28.11.2020, 00:01

Magdeburg l Aktuell herrscht Zwangspause auf allen Bühnen der Stadt. Während die kleinen, freien Bühnen um ihr Überleben in der andauernden Corona-Krise bangen, werden hinter den Kulissen des Theaters Magdeburg die Karten für einen anstehenden Machtwechsel neu gemischt. Nach Ende der Spielzeit 2021/22 verabschiedet sich Karen Stone als Generalintendantin in den Ruhestand. Wer folgt?

Aus einem monatelangen Findungsprozess mit eingangs 36 Bewerbern ist nach Volksstimme-Informationen der Schweizer Regisseur Julien Chavaz als designierter Generalintendant ab August 2022 gesetzt. Der 38-Jährige ist bereits im Oktober 2020 aus zwei Auswahlrunden vor einer Kommission aus Vertretern der Stadt- und Landespolitik sowie externen Beratern aus Berlin und Hamburg als Favorit hervorgegangen.

Der Betriebsausschuss des Theaters bestätigte die Vorauswahl Anfang November 2020 einstimmig. Am 27. November 2020 passierte ein noch geheimes Beschlusspapier zur endgültigen Bestimmung des Stone-Nachfolgers den Verwaltungsausschuss des Magdeburger Stadtrates. Oberbürgermeister und Theaterausschuss schlagen darin einvernehmlich die Bestellung von Julien Chavaz zum Generalintendanten des Theaters Magdeburg (zugleich Betreibsleiter des kommunalen Eigenbetriebes) für die Dauer von fünf Jahren ab August 2022 bis Ende Juli 2027 vor. Der finale Akt – die geheim abgehaltene Abstimmung über den Vorschlag im Stadtrat – ist für den kommenden Donnerstag angesetzt. Unter dem Vorbehalt der Ratszustimmung am 3. Dezember ist ein Vertrag mit Chavaz bereits ausgehandelt. So weit die Formalien.

Wie ist die Wahl auf Chavaz gefallen?

Insidern zufolge soll der Schweizer sich im persönlichen Auftritt vor der Findungskommission in Magdeburg ausgesprochen offen, zupackend und sehr leidenschaftlich präsentiert haben – mit viel Mut zur Erneuerung und zum Experiment auf der Bühne. Zudem überzeugte – wie schon 2009 bei der Bestellung der gebürtigen Engländerin Karen Stone zur Magdeburger Generalintendantin – vor allem die Weltgewandtheit seiner Vita. Als Assistent hat Chavaz mit namhaften Regisseuren an Produktionen in der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich, Deutschland und den USA mitgewirkt und in den vergangenen Jahren eigene Produktionen über die Schweiz hinaus auf die Bühne gebracht.

Die Magdeburger Kulturbeigeordnete Regina-Dolores Stieler-Hinz geriet schon im Volksstimme-Interview Anfang November 2020 auf Nachfrage zum Votum in der von ihr angeführten Intendanten-Findungskommisson ins Schwärmen: „Es ist eine wunderbare Entscheidung. In dieser Person, deren Namen ich noch nicht preisgeben darf, spürt man die Lust auf Theater aus jeder Pore, eine große Leidenschaft und eine große Persönlichkeit, die das Potenzial hat, auch überregional auf das Theater in Magdeburg aufmerksam zu machen.“

Mit Blick auf die Vita von Chavaz darf man die Vorentscheidung als mutig bezeichnen. Der studierte Agrarwissenschaftler mit glühender Theaterleidenschaft ist ein Seiteneinsteiger ins Bühnengeschäft und wohl international produktionserfahren. Erfahrung in der Leitung eines mit dem Magdeburger Theater vergleichbaren Kulturtankers (400 Mitarbeiter, 33 Millionen Euro Jahresbudget) bringt der Schweizer nicht mit. Die Neue Oper Freiburg, eine Neugründung, der er seit 2018 als Intendant vorsteht, ist keine vergleichbare Institution, sondern eine Produktionsstätte mit deutlich schmalerem Spielzeitbudget (rund eine Million Euro). An der Aufgabe, ein Stadttheater wie das Magdeburger zu leiten, müsste Chavaz vor Ort wachsen.

Chavaz selbst möchte sich auf Nachfrage der Redaktion noch nicht öffentlich zu seinen Plänen in Magdeburg äußern und bittet dafür um Verständnis. Seine Vita und künstlerische Handschrift versprechen frischen Wind auf der Bühne, unkonventionelle und spartenübergreifende Produktionen, möglicherweise auch Kooperationen mit der freien Szene. In der Schweiz ist Chavaz' Theatereuphorie in der freien Szene gewachsen. Dem Theater könnte mit dem Schweizer eine spannende neue Ära bevorstehen. Kein Weiter so! Mutig zu neuen Ufern! Genau so, sagte Stieler-Hinz bereits Anfang November, sei das Votum der Findungskommission zu verstehen.