Universitätsklinik setzt bei Testaten auf eine neue Form der Leistungskontrolle Per Gongschlag von Frage zu Frage: Mediziner-Prüfung im Stationsbetrieb
Anatomie im 90-Sekunden-Takt hieß es dieser Tage für Medizinstudenten des ersten Semesters. Erstmals fanden praktische Leistungskontrollen in Form eines Stationsbetriebes statt.
Magdeburg (rs) l "Nennen und zeigen Sie die Blutgefäße, an denen Sie am Bein einen Puls fühlen können." Dies ist eine der Fragen, die die Medizinstudenten des 1. Semesters im Rahmen ihrer Ausbildung in der Makroskopischen Anatomie beim Testat zum Kapitel "Becken/Bein" beantworten müssen. Bislang wurde das Wissen der Studierenden im Rahmen einer mündlichen Prüfung in einer Gruppe von zwei bis vier Teilnehmern abgefragt.
Objektive Vergleichbarkeit der Ergebnisse
Erfolgreich für diejenigen, die einige Fragen gestellt bekommen, auf deren Beantwortung man sich vorbereitet hatte. Andere dagegen hatten in dieser Runde mit den Fragen der Dozenten weniger Glück. Etwa 15 bis 30 Minuten dauert die Prüfung, auch Zeit, fehlendes Wissen wieder etwas auszugleichen. Dieses Procedere haben während ihres Medizinstudiums in Magdeburg bislang alle Ärzte durchlaufen.
Doch seit diesem Semester gehen die Anatomen einen neuen Weg. Die OCEAN 2012 (Objective coordinated examination of anatomy), eine Art Prüfungsordnung, setzt auf objektive Vergleichbarkeit der Ergebnisse und mehr Schnelligkeit. Für das Makroskopie-Testat zum Kapitel "Becken/Bein" wurden deshalb im Präpariersaal des Instituts fünf Stationen eingerichtet, an denen Fragen auslagen. Jeder Student hatte 90 Sekunden Zeit, die jeweiligen Fragen zu beantworten und am Präparat zu zeigen. Ein Gongschlag war das Signal für den Wechsel zur nächsten Station. Nach etwa zehn Minuten war die Prüfung vorbei. An den beiden Tagen nahmen mehr als 100 Studierende an dieser Leistungskontrolle teil. Einer der zehn beteiligten Hochschullehrer, Dr. Thomas Roskoden, erklärt: "Mit diesem neuen Prüfungsablauf messen wir dem Faktor Zeit eine größere Rolle bei. Ärzte müssen in ihrer täglichen Arbeit in Notsituationen sehr schnell Entscheidungen treffen können. Darauf möchten wir die Studierenden möglichst frühzeitig vorbereiten."
Im dritten Semester gibt es wieder eine Stationen-Prüfung
Einen Parcours von Prüfungsstationen unter zeitlichem Limit gibt es auch im 3. Semester am Ende des Kurses "Einführung in die klinische Medizin", bei der die angehenden Ärzte unter möglichst realen Bedingungen (Simulations-)Patienten untersuchen und innerhalb von fünf Minuten einen Befund abgeben müssen.
Einen weiteren Vorteil der Anatomie-Prüfung im 90-Sekunden-Takt sieht Dr. Roskoden darin, dass alle Teilnehmer an den Stationen gleiche Fragesets erhalten und damit in der Bewertung chancengleich sind. Etwas überraschend war es auch für ihn, dass die Erfolgsquoten trotzdem ähnlich ausfielen wie beim klassischen Testat. Insgesamt schätzen er und seine Kollegen die "Premiere" positiv ein, aber auch die Meinung der Studierenden ist gefragt. Eine Umfrage wird im Sommersemester erfolgen.