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  7. Polizei-Panne: Betrogener Fahrradhändler bleibt 3 Tage auf Ausweis des Täters sitzen

Erst nach Volksstimme-Anfrage wird der Fall sogar über Nacht gelöst / Nur das Fahrrad fehlt noch Polizei-Panne: Betrogener Fahrradhändler bleibt 3 Tage auf Ausweis des Täters sitzen

Von Matthias Fricke 10.12.2011, 05:22

Nachdem ein 28-Jähriger in einem Sudenburger Fahrradladen auf dreiste Weise ein Rad unterschlagen hat und dabei sogar seinen Ausweis zurückließ, interessierte sich die Polizei dafür mehrere Tage nicht. Die Behörde räumt eine Panne ein.

Sudenburg l Toralf Baumgarten hat sein Fahrradgeschäft in der Wolfenbütteler Straße. In diesem hatte am Montagmittag ein 28-jähriger Kunde nach langen Gesprächen mit dem Händler ein Mountainbike für eine Probefahrt ausgeliehen. Als Pfand hinterließ der Mann seinen Ausweis.

"Als er nach 25 Minuten noch immer nicht zurückkehrte, rief ich über Notruf die Polizei und sagte auch, dass ich aber den Ausweis des Täters habe", erklärte Baumgarten. Das für ihn Unfassbare: Die Beamtin meinte, er könne ja, wenn er keine Zeit habe aufs Revier zu kommen, per Internet Anzeige erstatten. Das tat der Magdeburger auch. "Ich schilderte den Fall und wartete, dass sich jemand meldet", erklärte er. Am Abend ermittelte Toralf Baumgarten derweil auf eigene Faust, schließlich sind für ihn als Kleinunternehmer 549 Euro kein Pappenstiel. Er fuhr zu der auf dem Ausweis angegebenen Adresse, traf dort aber nur die Mutter des jungen Mannes an. Die lehnte jede Verantwortung ab und schloss die Tür.

Am nächsten Tag, inzwischen Dienstag, erhielt der Fahrrad-Händler eine E-Mail von der Polizei, dass die Anzeige nun eingegangen ist und bearbeitet wird. Am Nachmittag kam eine weitere E-Mail mit einer Vorgangsnummer - mehr nicht.

"Das Fahrrad habe ich in diesem Moment abgeschrieben, da sich bei mir noch immer niemand gemeldet hat und wissen wollte, wie der Täter heißt, den Ausweis verlangt hat oder nach dem Aussehen des unterschlagenen Fahrrads gefragt hat", erzählt Baumgarten enttäuscht. Auch am Mittwoch meldete sich niemand. "Ich rief im Polizeirevier an und wies noch einmal darauf hin, dass ich noch im Besitz des Ausweises des Täters bin", erklärt er. Als er den Eindruck gehabt habe, dass sich nicht wirklich jemand für die Sache interessierte, fuhr er am Donnerstag zum Revierkommissariat in die Haeckelstraße. Toralf Baumgarten: "Da hat dann ein Beamter den Ausweis genommen und sich die Fahrradnummer aufgeschrieben und gesagt, alles klar." Wie alles klar?

Baumgarten ließ nicht locker, so dass er dann doch im Warteraum Platz nehmen sollte. Nach einer gefühlten halben bis dreiviertel Stunde kümmerte sich eine Mitarbeiterin dann insofern um den Fall, dass sie die Daten aufgenommen hat.

Verärgert schrieb er daraufhin der Volksstimme: "Es ist mir schon bewusst, dass die dort nicht gleich das SEK auf den Fall ansetzen. Trotzdem bin ich schon entsetzt, mit welcher Trägheit so ein Fall bei deinem Freund und Helfer abgehandelt wird."

Die Volksstimme bat am Donnerstagnachmittag die Behörde um eine Stellungnahme zu dem Fall und plötzlich kam richtig Bewegung in die Sache. Beamte des Kriminaldauerdienstes suchten kurze Zeit später den Händler auf und nahmen ein Katalogfoto des Fahrrades mit. Noch am Abend suchten die Beamten nach dem einschlägig polizeibekannten Mann und klapperten alle ihnen bekannten Adressen des Verdächtigen ab. Er wurde schließlich aufgegriffen und mit den Vorwürfen konfrontiert. Polizeisprecher Andreas von Koß: "Er gab die Unterschlagung uns gegenüber auch zu, erklärte aber, dass er das Rad bereits wieder weiter verkauft hat." Das wurde protokolliert und der Staatsanwaltschaft übermittelt, die nun weiter über den Fortgang entscheiden muss. Sozusagen über Nacht wurde der Fall weitestgehend gelöst, nur das Fahrrad fehlt noch. Doch dies, so hoffen die Ermittler, sei nur eine Frage der Zeit, bis es sich anfindet.

Genau das hätte schon alles am Montag so ablaufen können. Möglicherweise samt Sicherstellung des Rades. Polizeisprecher Andreas von Koß räumt ein: "Bereits in der Notrufzentrale haben die Mitarbeiter falsch reagiert und einen Streifenwagen zum Abholen des Ausweises schicken sollen." Außerdem sei der Hinweis in diesem speziellen Fall auf das Internet-Revier "sehr unglücklich" gewesen. Diese Art der Anzeige-Erstattung sei nur für Fälle geeignet, die nicht dringlich sind. "Normalerweise sollte das alles anders ablaufen", sagte er.