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Projekt Wie Simulanten künftigen Ärzten helfen

Beim Schauspielprojekt der Medizinischen Fakultät in Magdeburg lernen Studenten den Umgang mit Patienten.

Von Christina Bendigs 15.01.2020, 00:01

Magdeburg l Als Sängerin der Band Juckreiz ist Kristeen Albrecht so manchem bekannt. Auf der Bühne zu stehen, ist für sie nicht ungewöhnlich. Eine neue Herausforderung hat sie als Schauspielpatientin auf dem Campus der Medizinischen Fakultät in Magdeburg gefunden.

Von einer Freundin hatte sie von dieser Möglichkeit erfahren und sich gern dafür entschieden. „Ich denke, dass ich ganz gut schauspielern kann. Und ich finde es gut, auf diese Weise Medizinstudenten zu unterstützen“, sagt die 58-Jährige. Als Schauspielpatientin stellt sie Erika Schrader dar, eine Frau mit einer psychischen Störung. Die Studenten müssen durch Fragen herausfinden, woran die Frau leidet. Sie üben dies im geschützten Rahmen. Und die Schauspielpatienten geben ihnen ein direktes Feedback.

Das ist wichtig und hilfreich, denn die Medizinstudenten können im späteren Krankenhausalltag durchaus auch mit solchen Patienten konfrontiert sein. „Ich finde das für die Ausbildung richtig gut“, schwärmt Kristeen Albrecht, die Freude daran hatte, sich mit dem Script und der genauen Beschreibung ihrer Rolle zu befassen.

Abweichen vom Script und improvisieren darf sie nicht, sondern muss sich ganz genau an ihre Rolle halten. Und wenn dann die Übungsstunde mit den Studenten vorbei ist, erhält sie oft auch Beifall. Für den Einsatz als Schauspielpatientin wurde sie auch gezielt geschult. Das sei sehr hilfreich gewesen.

Achtmal war sie inzwischen schon im Einsatz. Sie wurde auch darauf vorbereitet, den Studenten ein direktes Feedback zu geben: Was hätten sie anders machen können, welche Fragen haben ihre Figur geängstigt oder verunsichert? Wo haben die Studenten vielleicht übertrieben agiert, wo zu wenig einfühlsam? Zu diesen zwischenmenschlichen Erfahrungen erhalten sie dann ein Feedback und können überlegen, wie sie sich im Umgang mit dem Patienten noch verbessern können.

Eine Erkrankung, die sie selbst gehabt haben, dürfen die Schauspielpatienten nicht darstellen.

Und was sagen die Studenten dazu? „Es hilft einem schon weiter, aber man wird auch ganz schön ins kalte Wasser geschmissen“, sagt die 22-jährige Linda Winkler. Hintergrund ist, dass es eine Vielzahl von Krankheitsbildern gibt und die Studenten noch nicht alle bis ins letzte Detail kennengelernt haben. Dennoch sei es eine gute Übung, erzählt die Studentin im dritten Studienjahr. Sie findet es gut, dass im Studium sehr viel Wert darauf gelegt wird, auch den Umgang mit Patienten zu schulen.

Wie schwierig der Umgang sein kann, weiß Rehapsychologin Anne-Kathrin Lenzen als Dozentin im Rahmen des Schauspielprojektes. „Die Konfrontation mit psychiatrischen Patienten in einem geschützten Rahmen ist gut“, sagt sie. Die Studenten können auf diese Weise lernen, wie Menschen reagieren, wo sie sich Kontakte verscherzen, merken, was sie dem Patienten entgegenbringen müssen, damit er sich angenommen fühlt und die Studenten die Möglichkeit haben, Informationen zu sammeln und einzuschätzen, was dem Patienten gerade fehlt. „Es kann auf jeden Fall nicht schaden, möglichst viele Menschen mit unterschiedlichen Krankheitsbildern kennenzulernen“, sagt sie.

Neben anderen ist auch Enrico Thiemann als Schauspielpatient aktiv. Der 24-Jährige studiert Psychologie und fand es eine gute Gelegenheit, auch auf eine praktische Art mit seinem Fach in Kontakt zu kommen. Eine Reihe von ehrenamtlichen Tätigkeiten führt er bereits aus, ist beim Kriseninterventionsdienst und arbeitet für ein Sorgentelefon. Wie er dazu kam? „Bei mir läuft alles so perfekt“, sagt er, „ich möchte gern anderen Leuten etwas abgeben.“ Genauso verhielte es sich nun mit der Tätigkeit als Schauspielpatient: „Für die Medizinstudenten ist es wichtig.“

Ins Leben gerufen hat das Schauspielpatienten-Projekt Dr. Coraline Metzger. Im Schauspielprojekt der Medizinischen Fakultät lernen Studierende an Simulationspatienten mit medizinischen Alltagssituationen umzugehen. Ob verständliche Aufklärungsgespräche auf Augenhöhe, das Überbringen schlechter Nachrichten oder einfache Aufnahmegespräche: Hier wird vieles Praktische trainiert, was die angehenden Ärztinnen und Ärzte im späteren Berufsalltag brauchen. Im Gegensatz zum klinischen Alltag können sich in diesem Projekt die Patienten sogar mit Verbesserungsvorschlägen einbringen.