Einmaligem Fachwerkhaus aus dem 19. Jahrhundert droht der Abriss / Besitzerin kämpft um den Erhalt Rettung für "Grünen Baum": Jetzt soll eine Interessengemeinschaft helfen
Der "Grüne Baum" in der Ernst-Reuter-Allee, bis 1990 eine bekannte und beliebte Gaststätte nebst Hotel, ist dem Untergang geweiht - wenn nicht umgehend eine Rettungsaktion die in Magdeburg einmalige Bausubstanz vor dem endgültigen Verfall bewahrt.
Altstadt. Die Fassade des "Grünen Baums" verrät von außen nicht, was es im Innenhof zu entdecken gibt. "Genau darin hatte ich mich damals verliebt", sagt Carina Hansen und blickt auf das imposante Fachwerk des Gebäudes. "Das ist einmalig in Magdeburg", sagt die Bauingenieurin, die jetzt erfolgreich das Hotel "Gästehaus am City Carré" und das "Café Hansen" betreibt. Die Liebe von Carina Hansen zu dem historischen, 130 Jahre altem Gebäude ist aber mehr als getrübt: "Wenn nicht in den nächsten zwei Jahren etwas passiert, ist das Haus verloren", sagt sie.
1998 hat Carina Hansen den Gebäudekomplex Ernst-Reuter-Allee 40 gekauft. Dazu gehörte auch der eigentliche "Grüne Baum", der noch bis 1989 als Gaststätte und Hotel bewirtschaftet wurde. Ein Schild über der Eingangstür kündet noch davon. Nach der Wende stand alles leer und war dem Verfall preisgegeben. Dann hat Carina Hansen erst einmal das Eckgebäude Brandenburger Straße sanieren und zu einem Gästehaus ausbauen lassen. Weil das alles sehr viel Geld gekostet hat, hat sie den "Grünen Baum" wieder verkauft. Und das Gebäude verfiel weiter. "Bis wir es ein zweites Mal gekauft haben, haben in dem Haus rund 500 Tauben gelebt." Die Tauben ließ Carina Hansen von Taubenzüchtern einfangen, das Federvieh hat der Gebäudesubstanz aber ordentlich zugesetzt.
Schon nach dem ersten Kauf musste Hansen die Fassade an der Reuterallee abklopfen lassen. Die Stadt habe das als Gefahrenabwehr verlangt, da sich von der Fassade immer wieder Putzteile gelöst hatten und auf den Gehweg gefallen waren.
Die Sanierung des Fachwerkhauses würde mehr als eine Million Euro kosten, sagt Carina Hansen. Aber es sei machbar, auch wenn die Bausubstanz in einem sehr schlechten Zustand ist. Was jetzt dringend passieren müsse, sei eine Dachsanierung. Das Wasser laufe zum Teil schon durch die Stockwerke, Hausschimmel drohe sich auszubreiten. Für diese Notmaßnahme benötigt Carina Hansen etwa 150000 Euro. Die wollte sie per Bankkredit vorfinanzieren. Und jetzt habe die Bank, an die sie durch die Finanzierung ihres Hotels gebunden sei, mitgeteilt, dass sie den Kredit nicht bekommen könne. Der Grund: der geplante Tunnelbau in der Reuterallee.
Die Bank rechne damit, dass durch die jahrelangen und umfangreichen Bauarbeiten bei Carina Hansen die Hotelgäste ausbleiben werden, sie in finanzielle Schwierigkeiten gerät und ihre Kredite nicht mehr bedienen kann. "Das hat man mir genau so mitgeteilt", sagt die Unternehmerin. Allein kann sie das Geld nicht aufbringen, nur ein Eigenanteil von rund 40000 Euro ist möglich. Wegen der Einmaligkeit des Gebäudes hat Carina Hansen bei der Stadt auch um Fördermittel angefragt. Aufgrund der angespannten Haushaltslage könne man aber nicht helfen, so die Antwort aus dem Rathaus.
"Es wäre mehr als schade, wenn der ,Grüne Baum\' abgerissen werden müsste", sagt die Besitzerin und will weiter um das Gebäude, das als eines der wenigen in der Innenstadt die Bombennacht von Januar 1945 überstanden hat, kämpfen. Dazu will sie jetzt mehr Öffentlichkeit herstellen. "Wir wollen versuchen, eine ,Interessengemeinschaft Grüner Baum\' ins Leben zu rufen."
Am 5. September soll das passieren. Dann will Carina Hansen ab 18 Uhr im "Café Hansen" über das Gebäude, die Probleme und die Rettungsmöglichkeiten informieren. "Dann können sich die interessierten Magdeburger auch den wunderbaren Innenhof anschauen und sehen, dass er wirklich gerettet werden sollte."