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Schule Herausforderung Heim-Lernen

Schulen sind geschlossen, das Lernen zu Hause ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Magdeburgs Stadtelternrat sieht Probleme.

Von Ivar Lüthe 07.04.2020, 01:01

Magdeburg l Seit mehr als drei Wochen sind Magdeburgs Schulen geschlossen. Die Kinder und Jugendlichen müssen sich selbst am heimischen Schreibtisch Lehrstoff aneignen und von ihren Lehrern gestellte Hausaufgaben abarbeiten. „Für Kinder und Eltern ist das Home-Schooling eine echte Herausforderung und für die meisten sehr anstrengend. Den Kindern fehlen die Freunde, die Pausen zum Toben, Bewegung und der Hort - und die Eltern müssen zu dem oft organisatorisch anspruchsvoll gewordenen eigenen Job noch die Lehrer ersetzen – je mehr Kinder umso mehr Zusatzarbeit“, weiß Annette Kirstein, die Vorsitzende des Stadtelternrates Magdeburg.

Der Stadtelternrat beobachtet die aktuelle Situation genau. Man sehe großes Engagement auf allen Seiten, mit der neuen Herausforderung umzugehen. Klar sei allerdings auch: „Der Unterricht, wie er derzeit zu Hause stattfindet, kann nur ein Provisorium sein und kommt in keiner Weise an gut vorbereiteten Unterricht von Lehrern in der Schule heran“, sagt Annette Kirstein.

Eltern haben zudem sehr unterschiedliche Voraussetzungen für den Unterricht zu Hause. Etwa die Zeit, die für die Beschulung der Kinder zur Verfügung steht, die eigenen Wissensgrundlagen, um bei Fragen unterstützen zu können, und auch die technischen Voraussetzungen wie Computer, Drucker, E-Mail-Adresse und vieles mehr. Manche Eltern sind gezwungen, sich auf Internet-Seiten oder Lernplattformen anzumelden, ob sie privat einen Computer besitzen oder nicht, so die Stadtelternratsvorsitzende.

„Es gibt keine einheitlichen Lösungen, schon gar keine einheitlichen digitalen Lösungen. “

Auch die Schulen zeigten ein sehr unterschiedliches Mediennutzungsverhalten. „Manche nutzen Online-Portale, manche E-Mail, bei manchen müssen sogar alle Eltern die Aufgaben wöchentlich persönlich in der Schule abholen – übrigens mit Billigung des Landesschulamts. Und das in Zeiten, in denen ,Massentreffen‘ verboten sind “, hat Annette Kirstein erfahren.

Insgesamt scheinen sich die meisten Schulen und Lehrkräfte sehr zu bemühen und arbeiten je nach Kenntnisstand mit den Mitteln, die sie kennen oder verstehen. „Das ist grundsätzlich positiv zu bewerten.Andererseits gibt es keine einheitlichen Lösungen, schon gar keine einheitlichen digitalen Lösungen. Hier werden die Schulen vom Bildungsministerium anscheinend allein gelassen“, schätzt die Stadtelternratsvorsitzende ein.

Für die Nutzung digitaler Medien in der Schule würde aus Sicht des Stadtelternrates ein flächendeckendes technisches und pädagogisches Konzept fehlen – ebenso die erforderliche Ausstattung in den Schulen, ausreichende Kenntnisse bei vielen Lehrern sowie eine entsprechende Ausstattung in manchen Elternhäusern.

Große Unterschiede sieht der Stadtelternrat im Moment auch bei der Aufgabenstellung seitens der Schulen in Magdeburg. Die Aufgaben, die von den Lehrern geschickt werden, hätten sehr unterschiedliche Qualität. Häufig seien es zu viel oder zu wenig, gut strukturiert oder überhaupt nicht strukturiert, jedes Fach habe ein anderes Format und komme beliebig über die Woche verteilt an und oft würde es an Erledigungsterminen oder Tagesplanung fehlen. Fazit für den Stadtelternrat: Die Eltern sind schon beim Ausdrucken, Sortieren, Strukturieren und Planen stark gefordert.

„Generell ist sehr fraglich, ob und in welchem Ausmaß derzeit bei dem Großteil der Schülerinnen und Schüler neues Wissen angehäuft wird. Das Schauen eines Youtube-Videos ersetzt keinen qualifizierten Unterricht“, so Annette Kirstein. Aus ihrer Sicht müsste es ein Lernangebot geben, das sowohl quantitativ als auch pädagogisch sinnvoll ist, und das zu Hause für jeden Bildungshintergrund und für jede private technische Ausstattung von Eltern gleichermaßen durchführbar ist.