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Stadtrat Magdeburg stimmt gegen Flüchtlinge

Der Stadtrat hat die Frage diskutiert, ob Magdeburg Flüchtlinge aus griechischen Camps aufnehmen soll. Am Ende kommt nichts heraus.

Von Katja Tessnow 20.05.2020, 01:01

Magdeburg l Der jüngste Magdeburger Stadtrat macht zur Debatte den Anfang am Mikrofon. Urs Liebau (Jahrgang 1994 und Mitglied der Grünen) wirbt glaubhaft bewegt um ein Signal der Menschlichkeit aus Magdeburg. „Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die viele Flüchtlinge zu Hause aufgenommen hat. Meine Eltern haben das aus christlicher Überzeugung getan.“ Er habe berührende Geschichten gehört. Liebau zitiert Forderungen von Kirchenvertretern nach einer Lösung der Flüchtlingskrise und einem stärkeren Einsatz Deutschlands dafür.

Explizit werden auch Kommunen aufgefordert, daran mitzuwirken. „Es ist unsere humanitäre Pflicht“, sagt Liebau. „Der Antrag geht zu weit“, kontert Christian Hausmann (SPD) und steuert zur Grünen-Forderung nach Aufnahme von 85 Flüchtlingen aus griechischen Lagern in Magdeburg den Kompromissvorschlag seiner Fraktion bei. Er spiegele „die Pluralität“ (also verschiedene Meinungen) in der SPD-Fraktion und „Praktikabilität“ wider.

Im Ergebnis ruft die SPD die Zahl fünf aus, fünf Flüchtlinge statt 85 – als Zeichen des guten Willens. „Wir befürworten eine europäische Lösung“, schließt Hausmann, wissend, dass sich keine abzeichnet. Jan Moldenauer (AfD) lässt keinen Zweifel daran, was seine Fraktion von freiwilliger Aufnahme hält: nichts. Es handele sich bei den Menschen in griechischen Lagern um illegale Zuwanderer, die in die Türkei zurück gehörten. „Wir haben wegen der Corona-Krise ganz andere Probleme. Jetzt noch illegale Zuwanderer aufzunehmen, das versteht doch kein Mensch!“ Wer es dennoch wolle, könne das privat tun. „Wir haben eine Liste vorbereitet, in die Sie sich gerne eintragen können.“

„Wenn das Euer Versuch ist, dann Eure Nazischläger vor Haustüren zu jagen, berufe ich mich besser auf den Datenschutz“, gibt SPD-Frau Julia Brandt zurück. „Ekelhaft und widerlich“ seien die Einstellungen der „Menschenfeinde vom Präsidium aus rechts“. Dort hat die AfD ihren Platz im Ratssaal. „Haltet doch einfach mal die Klappe“, ruft Brandt und dass sie gerne einen Ordnungsruf dafür in Kauf nähme. AfD-Mann Oliver Kirchner schickt in Richtung Brandts ein „asozial“ hinterher. Der Ratsvorsitzende Michael Hoffmann (CDU) lässt keinen offiziellen Ordnungsruf ergehen, mahnt aber zur Mäßigung. Brandt hat zuvor ihre Ratlosigkeit mit schmerzvollem Blick auf die Krise und den Umgang damit bekannt.

Ebenso wie Linksfraktionschefin Jenny Schulz: „Ich verstehe es nicht! Und wir sitzen hier in gemütlicher Runde und streiten, ob wir fünf oder 85 aufnehmen. Die Menschen dort sind ohne Wasser, Strom und in katastrophaler Lage.“ Schulz stellt sich für die Linke hinter den Grünen-Antrag zur freiwilligen Aufnahme. „Damit setzen wir mit anderen Städten ein Signal an den Bund und Europa. Wir wollen, dass die Menschen da rausgeholt werden.“

„Ja, wir haben da ein humanitäres Desaster“, bestätigt Wigbert Schwenke, Fraktionschef von CDU/FDP, „aber das können wir nur auf europäischer Ebene lösen“. Signale von kommunaler Ebene reichten nicht und seien falsch. „Auch solche Signale kommen über die Medien in den Lagern an und führen am Ende zu noch mehr Flüchtlingen.“ Kurz: Der Stadtrat von Magdeburg könne nicht die Probleme der Welt lösen.

Für die Grünen tritt deren Fraktionschefin Madeleine Linke noch einmal an, final für die 85 zu werben: „Mit den fünf machen wir uns ein bisschen lächerlich.“ Gerade, weil Magdeburg rechten Klischees zu begegnen habe, sei ein Zeichen wichtig. „Wir sind bunt und tolerant. Wir haben viele in der Flüchtlingshilfe aktive Menschen in der Stadt.“

Abstimmung: Zuerst fällt der Antrag der SPD durch, weil ihn auch die Grünen ablehnen. Dann scheitern die Grünen, unterstützt nur von der Linken. Passé! Viele Worte, null Ergebnis und viel Ratlosigkeit. Der Rat spiegelt Europapolitk.