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Standortfrage Streit um Wohnen am Messeplatz Magdeburg

Es gibt Sorge, dass der Messeplatz in Magdeburg als Veranstaltungsort absehbar wackelt. Grund ist der Bau von Wohnungen.

Von Katja Tessnow 27.03.2019, 11:41

Magdeburg l Im Februar 2019 trafen sich die Schausteller der Region in Magdeburg zur Jahreshauptversammlung. Die Fraktionsvorsitzenden von Linke, SPD und Grüne waren als Gäste geladen; CDU, FDP, BfM, die gemeinsam die größte Fraktion im Rat stellen, eben nicht. Womöglich deshalb, die Vermutung liegt nahe, gab es auch nicht deren Stimmen, als das Trio der geladenen Fraktionen in der Vorwoche mit seinem Antrag „Standort sichern – Erhalt des Messeplatzes Max Wille“ im Stadtrat aufschlug.

Neben der konservativ-liberalen Ratsallianz stimmte auch Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) gegen den Antrag. Das Votum sei „unnötig“, weil der Messeplatz-Schutz schon als Auflage in der B-Plan-Aufstellung verankert sei. So gesehen hätte Trümper den Antrag allerdings auch unschädlich nennen können – und ihm zustimmen. Immerhin hatten ihn die parteieigenen Reihen mitinitiiert.

Zweifelsfrei war Trümpers Gegenstimme ein Signal. Schon vor der Abstimmung hatte er ein Weiteres ausgesandt. Nachdem der Grüne Alfred Westphal, von Hause aus Bauingenieur, den Erhalt des Messeplatzes „obsolet“ nannte, sollten nebenan Hochhäuser entstehen, setzte Trümper erleichtert aufatmend nach: „Sie sagen es, Herr Westphal! Warum kandidieren Sie eigentlich nicht wieder für den Stadtrat?“ Sinngemäß sollte das wohl heißen, wenigstens einer hat’s schon begriffen.

Allerdings haben die Pro-Messe-Fraktionen auch verstanden und verstehen ihr Mehrheitsvotum als deutliches Signal an die Magdeburger Wohnungsgenossenschaft MWG und die stadteigene Wohnungsbaugesellschaft Wobau, eben nicht weiter in Richtung Hochhaus-Variante zu denken, sondern flach und lärmgeschützter. „Die Hochhäuser sehen wir sehr kritisch“, sagt SPD-Fraktionschef Jens Rösler. Die Botschaft ist bei den potenziellen Bauherren allerdings nicht angekommen.

MWG-Vorstand Thomas Fischbeck sagt am 26. März 2019 auf Volksstimme-Nachfrage: „Wir wollen die Hochhäuser, weil wir da eine neue Marke für Magdeburg setzen wollen. Sie passen an den Standort.“ Kritik an den Plänen lässt Fischbeck abperlen: „Bevor das Hundertwasserhaus stand, sagten auch alle, was für ein Mist. Und heute? Manchmal muss man einfach durchhalten.“

Also: Zum Zeitpunkt sind die beiden Hochhäuser aus der Feder des Magdeburger Architektenbüros „Duong & Schrader“ die Favoriten der Bauherren, daneben ein flacher, stufenförmiger Wohnblock mit ausgedehnten Dachterrassen und weitere Wohnanlagen flacheren Baustils.

Aus Sicht von Fischbeck können Hochhäuser und Messe sehr wohl nebeneinander bestehen. „Uns war von vornherein klar, wer auf dem Werder baut, muss sich mit dem Thema Messe auseinandersetzen.“ Wobau und MWG im Verbund hätten ihre Hand in Richtung Schausteller ausgestreckt und sie bereits zum Gespräch empfangen. „Wir suchen eine einvernehmliche Lösung“, so Fischbeck und: „Dabei ist uns Ehrlichkeit und Augenhöhe wichig.“

Vor der Tradition der Messe als ältestes Volksfest Deutschlands und seit 1976 am Stadtmarsch beheimatet, ziehe er den Hut.

Wie Karl Welte, Vorsitzender des Magdeburger Schaustellervereins VSG, bestätigt, planen MWG, Wobau, Schausteller und Gutachter in den kommenden Wochen während der Messezeit eine Platzbegehung. Gemeinsam wolle man nach Lösungen in Sachen Lärmschutz suchen.

Karl Welte rechnet mit 200.000 Besuchern zur Frühjahrsmesse (Eröffnung am 29. März 2019) und damit, „dass die Mehrheit der Magdeburger Bevölkerung an unserer Seite steht“. Einerseits ist Welte zuversichtlich und glaubt an die Zusagen von Kommunalpolitikern und Bauherren. Andererseits drückt die Schausteller schon lange der Schuh in Sachen Planungs- und Investitionssicherheit. Einen mittel- oder langfristigen Pachtvertrag fürs Messeplatz-Filetstück am Elbufer verweigern OB und Ratsmehrheit standhaft.

Trümper pochte erst zur jüngsten Ratssitzung mit viel Nachdruck darauf, dass die Stadt Magdeburg die Hoheit über den Platz nicht verlieren dürfe. Bis 2022/23 – das Wohnviertel soll erst nach der neuen Elbbrücke entstehen – passiere da sowieso nichts. Und dann? Dann ist Trümper Rentner.