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Umbau Natur zieht in den Museumshof

Das vom Efre-Fonds der Europäischen Union zu 80 Prozent geförderte Projekt über mehr als eine Million Euro im Museum ist abgeschlossen.

Von Martin Rieß 21.08.2020, 01:01

Magdeburg l Feststimmung im Gebäudekomplex des Kulturhistorischen Museums und des Naturkundemuseums in der Otto-von-Guericke-Straße. 14 Monate, nachdem der Fördermittelbescheid übergeben worden war, gab es gestern eine kleine Feierstunde. Ort der Freude war der bislang der Öffentlichkeit bis auf Aktionstage verborgene zweite Innenhof des Gebäudekomplexes an der Otto-von-Guericke-Straße, in dem das Kulturhistorische und das Naturkundemuseum sitzen.

Jetzt zieht im wahrsten Sinne des Wortes Leben ein. Denn mit dem Natureum, das im Innenhof entsteht, werden Pflanzen und Tiere die Objekte im Inneren des Hauses ergänzen. „Mit dem Natureum möchten wir Naturräume unserer Region zeigen, aber auch auf Möglichkeiten aufmerksam machen, wie die Natur innerhalb von Städten wie Magdeburg geschützt werden kann“, sagt Hans Pellmann, Leiter des Naturkundemuseums Magdeburg.

Noch ist die Ausstattung im Natureum nicht fertiggestellt, seit gestern aber lässt sich erahnen, wohin die Reise geht. Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra und Magdeburgs Kulturbeigeordnete Regina-Dolores Stieler-Hinz hatten Hans Pellmann unterstützt, letzte Hand bei der Pflanzung von drei Bäumen anzulegen. Im Hof wachsen jetzt eine Stieleiche, eine Schwarzpappel und eine Silberweide. Ihren Namen und eine Extraration Schildkrötenfutter bekam auch Emy – eine Europäische Sumpfschildkröte, die jetzt in einem Aquarium auf dem Hof ein neues Zuhause gefunden hat.

Hans Pellmann berichtet: „Wir werden auf eigenen Beeten typische Naturräume unserer Region vorstellen.“ An einer Mauer des Natureums liegen so bereits Sand und Kies bereit. Immer wieder werden in der Region, die Teil eines Urstromtals der ausgehenden Eiszeit ist, Flächen aus diesem Material freigespült und bieten ganz eigenen Tier- und Pflanzengemeinschaften Raum, sich zu entwickeln.

Die frisch gepflanzte Silberweide steht für die Weichholz­aue. Um sie herum werden in den kommenden Wochen weitere Pflanzen eine Heimat finden, die eigentlich an den sonst immer einmal wieder vom Hochwasser heimgesuchten Ufern der Flüsse heimisch sind. Die Stieleiche und ihre pflanzlichen Begleiter stehen für die höher gelegene Hartholzaue – ein Gebiet in der Nähe von Gewässern, das aber nicht so oft überschwemmt wird. Am Übergang zwischen den beiden Zonen besonders wohl fühlt sich die inzwischen selten gewordene Schwarzpappel, die von anderen Pappelarten oft nur schwer eindeutig zu unterscheiden ist. Damit die Bäume nicht gar zu sehr den Hof verschatten – dazu ist auch als Schutz gegen leichte Niederschläge ein Sonnensegel vorgesehen – werden die Mitarbeiter des Museums immer einmal wieder zur Säge greifen müssen.

Neben den Pflanzen und den Schildkröten geht es auch um andere Tiere. Unter anderem werde es eine Kooperation mit Imkern geben. „Wir möchten den Besuchern deutlich machen, was in einer Stadt getan werden kann, um sie zu einem Lebensraum für Insekten zu machen“, berichtet Hans Pellmann.

Nicht allein die lebendige Natur wird auf dem Hof des Natureums einen Platz finden. Geologische Funde, die für die Böden der Innenräume zu schwer sind, werden hier ausgestellt. Unter anderem liegen hier Steine, die zeigen, wie das Wetter vor 260 Millionen Jahren war. Und – sehr viel jünger – Gletschertöpfe, die in einem Steinbruch bei Plötzky gefunden wurden, beweisen, dass zur Eiszeit die Region von einer 2000 Meter dicken Eisschicht bedeckt war.

Gestaltet wird das Natureum vornehmlich für die museumspädagogische Arbeit – für Gruppenveranstaltungen also. Inwiefern der Bereich auch für die anderen Besucher dauerhaft geöffnet werden kann, wird derzeit noch im Museum geprüft. Unter anderem ist hierbei die Frage, inwiefern der Anbau mit einem Treppenhaus, der für einen Fluchtweg aus den oberen Etagen neu an einen Flügel im Hof angesetzt wurde, für den normalen Besucherbetrieb genutzt werden kann oder ob hier noch Veränderungen erforderlich sind.

Unter anderem floss das Geld nicht allein in die Neugestaltung des nördlichen Innenhofs des Museumskomplexes aus dem Jahr 1906, sondern auch in die Fassade. Seit den 1950er Jahren war zum Teil an den Mauern nichts mehr getan worden. Nun erstrahlen sie wieder, frisch gesäubert in einem neuen Glanz.

Dabei wurde beispielsweise auch ein Eingangsportal aus der Renaissancezeit im Bereich der Megedeborch, des museumspädagogischen Projekts zum städtischen Leben im Mittelalter im anderen Innenhof, restauriert. Christina Link, stellvertretende Direktorin des Kulturhistorischen Museums, erläutert: „Damit haben wir einen würdevollen Ort für die Gerichtstage in der Megedeborch.“

Im Inneren des Gebäudes wurden Räume wieder für die Öffentlichkeit hergerichtet, die in den vergangenen Jahren nur noch als Lagerräume genutzt werden konnten. Noch müssen diese Räume ausgestattet werden; in ihnen soll die Schulhistorische Sammlung des Kulturhistorischen Museums einen neuen Platz finden.

Ein positiver Aspekt der Sanierungsarbeiten: Am Ende gab es keinen Anstieg der Kosten. Astrid Gerber vom Eigenbetrieb Kommunales Gebäudemanagement, das für die Häuser der Landeshauptstadt zuständig ist, sagte: „Noch liegen zwar die Schlussrechnungen nicht vor. Aber da dürfte nichts mehr passieren.“

Kulturminister Rainer Robra sieht die Investition nicht als Selbstzweck: „Mit dem Projekt wurde nicht allein die Bildungsarbeit an diesem Ort gestärkt. Gestärkt wurde auch die Attraktivität der Region für Touristen.“ Mit einem Augenzwinkern sieht das die Kulturbeigeordnete Regina-Dolores Stieler-Hinz auch so: „Mit dem Museum haben wir viel vor, wenn wir im Herbst Kulturhauptstadt geworden sein werden.“