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Umwelt Magdeburger Robinie ist nicht zu retten

Egal, ob das Denkmal Magdeburger Recht kommt oder nicht: Eine 60 bis 80 Jahre alte Robinie in Magdeburg ist nicht mehr zu retten.

Von Stefan Harter 04.10.2018, 01:01

Magdeburg l Der Aufwand, den Bodo Siegert betreibt, ist immens: Der Stamm der mächtigen Robinie ist komplett verkabelt, an einer Seite hängt ein großer Seilzug in den Ästen, in einem Kasten liegt eine Drohne bereit. Mit verschiedenen Methoden prüft der Sachverständige, wie fit der seiner Schätzung nach 60 bis 80 Jahre alte Baum noch ist.

Der Experte, der schon in Singapur, Hongkong und im Kosovo Hunderte Jahre alte Bäume untersucht hat, hat schon bevor sein Abschlussbericht vorliegt eine klare Meinung zum Zustand der Robinie. „Der Baum hält kein Jahr mehr durch“, sagt er. Die Gründe sind vielfältig, wie seine Prüfung zeigt.

Rund um den Stamm sind zum Beispiel Spuren des Hallimaschs zu entdecken. Der Pilz greift die Wurzelplatte unter der Erde an und zerfrisst sie nach und nach. Die Standsicherheit lässt dadurch nach. Die Folge: Der Baum kippt um. „Die Robinie ist eine Pionierbaumart wie die Birke oder Pappel. Das Holz ist sehr hart, aber unter der Erde taugt es nichts und fault leicht weg“, erklärt Siegert.

Mit seinem Team hat er den Baum zudem mit Schallwellen „geröntgt“. Das Bild, das bei solch einer Schalltomographie des Stammes entsteht, sollte eigentlich grün sein. Im Fall der Robinie ist es jedoch zu großen Teilen tiefrot, die Schäden sind im Inneren somit schwer.

Per Seilzug wurde eine Windstärke von 6 bis 8 simuliert, die mit zwei Tonnen Gewicht am Baum zerrt. An der Wurzelplatte wird gemessen, wie stark er dadurch ins Wanken gerät. Anhand der ermittelten Messwerte können die Gutachter errechnen, was mit ihm bei einem Sturm mit Windstärke 12 passieren würde. Das Ergebnis ist eindeutig: Er hätte keine Chance.

Hintergrund der Prüfung war eine Anfrage an den Stadtgartenbetrieb, ob die Fläche an der Ecke Jakobstraße/Julius-Bremer-Straße als Standort für das Denkmal für das Magdeburger Recht infrage kommt. Seit sieben Jahren versucht der gleichnamige Verein dieses in der Innenstadt aufzustellen. Einen Entwurf von Künstler Carl Bury gibt es bereits seit 2015, nur der Platz ist weiterhin vakant. Nun wurde von der Stadtverwaltung die Fläche an der Jakobstraße ins Spiel gebracht.

Ob das Denkmal tatsächlich dort hinkommt, ist noch völlig offen, so dass auch die mögliche Entscheidung zur Fällung der Robinie völlig unabhängig davon getroffen wird, wie Simone Andruscheck, Chefin des Stadtgartenbetriebs, verdeutlicht. „Wir müssen unserer Verkehrssicherungspflicht nachkommen“, sagt sie.

Und Bodo Siegert macht klar, welche Gefahr von dem Baum ausgeht. Ein großer Ast, der in Richtung Jakobstraße wächst, weist erhebliche Schäden im Holz auf. Mit seinem Werkzeug bricht er mit Leichtigkeit morsche Rindenstücke heraus. Bricht er ab, stürzen gut und gerne zwei Tonnen Gewicht auf Gehweg und Straße.

Die Warnung des Gutachters ist klar: Die Stadt muss sofort handeln. Normalerweise wäre ein Kronenschnitt der erste Schritt. Da Siegert den Baum aber ohnehin am Ende seiner Lebenszeit sieht, gilt es für den Stadtgartenbetrieb abzuwägen, ob sich zeit- und kostenaufwendige Maßnahmen zum Erhalt noch lohnen. „Uns ist bewusst, dass der Baum an der Stelle sehr prägend ist“, sagt die Stadtgartenchefin, „es ist aber eine zu hohe Verantwortung.“

Bis 4. Oktober 2018 soll der Prüfbericht des Gutachters vorliegen, dann wird die Entscheidung schnell getroffen, ob die Robinie tatsächlich gefällt wird. Aufgrund der Schäden an ihrer Struktur empfiehlt Bodo Siegert schon mündlich „noch in diesem Jahr“ zur Tat zu schreiten.