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Verkehr Magdeburg Radfahrer erzwingen mit Poolnudel Abstand

Radfahrer haben in Magdeburg auf Mindestabstände aufmerksam gemacht, die es beim Überholen zu beachten gilt. Ihr Werkzeug: Poolnudeln.

Von Martin Rieß 05.03.2019, 00:01

Magdeburg l An mehreren Magdeburger Straßen hat sich den Passanten am 4. März 2019 ein ungewohntes Bild geboten: Radfahrer hatten knallbunte Poolnudeln, die eigentlich für die Aquagymnastik gedacht sind, quer auf ihre Fahrräder gebunden und fuhren nacheinander durch wichtige Straßen in der Altstadt, der Alten Neustadt und in Stadtfeld-Ost.

Was wie ein farbenfroher Karnevalsspaß wirken mag, hat aber einen ernsthaften Hintergrund. Mit dieser Aktion wollten die Akteure des Bündnisses Magdeburger Radkultur darauf aufmerksam machen, dass an vielen Stellen der Stadt beim Überholen von Fahrrädern kein ausreichender Sicherheitsabstand eingehalten wird.

Mit den Poolnudeln markierten die Teilnehmer der Aktion, wie viel die in der Regel als angemessen betrachteten anderthalb Meter Abstand eigentlich sind. Aufgrund der eigenen Erfahrungen der Radfahrer führte die Aktion durch den Breiten Weg, über den Hasselbachplatz, durch die Jakobstraße und den Hohen­staufenring.

Bemerkenswert: Selbst die zweispurige Jakob­straße sei problematisch. Zwar verfügt die Straße über zwei Spuren pro Richtung. Trotzdem halten einige Autofahrer zu wenig Abstand – ob aus Unwissenheit oder als Machtdemonstration, dass die Radfahrer gefälligst auf dem für sie freigegebenen Fußweg zu fahren hätten, ist unklar.

Für alle, die Fragen hatten oder kein Verständnis für die Aktion aufbrachten, hatten die Teilnehmer Karten dabei. Auf diesen gibt es Informationen u. a. zur rechtlichen Situation und zur Initiative.

Eine zweite Strecke, die die Magdeburger Radkultur für den Aktionstag ausgewählt hat, wurde aufgrund des Sturms gestrichen. Diese Strecke hätte in Stadtfeld unter anderem durch die Große Diesdorfer Straße, durch die Annastraße und die Arndtstraße geführt.

Marco Starkloff ist ein Sprecher der Initiative Magdeburger Radkultur und sagt: „Mit dabei gewesen wäre die Goethestraße. Diese ist immer einmal wieder als Radfahrstraße im Gespräch, in der also Radfahrer nicht überholt werden.“ Wenn sich die Autofahrer an die Regeln halten würden, dann wäre die Straße mangels Platz aus Sicht der Initiatoren heute schon eine Radfahrstraße.

Unfallzahlen liegen der Initiative übrigens für Magdeburg nicht vor. Marco Starkloff sagt: „In der Statistik werden entsprechende Vorfälle nicht ausgewertet.“

Aber er verweist auf die Bundeshauptstadt: In Berlin hatte der Berliner Tagesspiegel mit dem Projekt „Radmesser“ 2018 mehr als 16.700 Überholvorgänge in der Bundeshauptstadt gemessen. In 56 Prozent der Fälle hielt das überholende Kraftfahrzeug den Mindestabstand von 1,5 Metern zum Radfahrer nicht ein. Hinter der Missachtung der Verkehrsregeln steckt dabei oft die fehlende Einsicht, im Zweifelsfall Geduld aufbringen zu müssen und bis zu einer geeigneten Stelle hinter dem langsameren Verkehrsteilnehmer hinterherfahren zu müssen.

Die Poolnudeln waren übrigens mit ihren hellen Farben für Autofahrer gut sichtbar. Und falls ein Auto eine der Schaumstoffröhren berührt hätte: Das weiche Material gilt als ungefährlich für die glänzenden Karossen.

Natürlich, so erklärt Marco Starkloff auf Nachfrage, müssten auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen auch die Radfahrer auf die Abstände achten. Radschutzstreifen und Radwege, die breit genug sind, dass auch zwei Fahrräder aneinander vorbeipassen, würden die Situation an vielen Stellen in Magdeburg deutlich entschärfen.