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Verkehrsbetriebe 127 Straßenbahnunfälle in Magdeburg

Alle drei Tage werden Straßenbahnen der MVB in Verkehrsunfälle verwickelt. Darunter leidet das ganze Netz.

Von Martin Weigle 03.03.2020, 18:51

Magdeburg l Die Straßenbahnen in Magdeburg werden immer wieder ausgebremst. Erst am Dienstag standen Züge verschiedener Linien in der Hallischen Straße still. Grund dafür war eine Vollsperrung nach einem Verkehrsunfall. Der Fahrer eines Autos versuchte verbotenerweise, die Schienen zu kreuzen und zu wenden, dabei übersah er eine Straßenbahn, deren Fahrer nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte. Es dauerte im Anschluss an die Kollision etwa eine halbe Stunde, bis der Verkehr wieder floss.

In Magdeburg gibt es statistisch an etwa jedem dritten Tag einen Unfall, in den eine Straßenbahn der Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB) verwickelt ist. Im Jahr 2019 wurden von den MVB insgesamt 127 Unfälle mit Straßenbahnen registriert. In diese Zählung sind allerdings neben tatsächlichen Verkehrsunfällen auch Bagatellunfälle oder Unfälle durch Naturereignisse eingegangen. Somit zählen auch kleinere Schäden wie ein angefahrener Seitenspiegel oder ein vom Wind gegen eine Straßenbahn geworfener Bauzaun als Unfälle.

In der Otto-von-Guericke-Straße gibt es laut MVB-Sprecher Tim Stein die meisten Unfälle zwischen Autofahrern und Straßenbahnen. Die häufigste Ursache ist, dass Autofahrer verkehrswidrig links abbiegen, die Schienen kreuzen und die parallel fahrenden Straßenbahnen nicht beachten.  Auch das Überholen von Straßenbahnen und anschließende Ausbremsen führt häufig zu Unfällen, so Stein.

 Autofahrer unterschätzen immer wieder den Bremsweg der Straßenbahnen. So benötigt eine Straßenbahn, die mit 50 Stundenkilometern unterwegs ist, bei einer Gefahrenbremsung etwa 50 Meter, um zum Stillstand zu kommen. Der Bremsweg ist damit etwa doppelt so lang wie bei einem Auto mit gleicher Geschwindigkeit. Am Stadtrand kommt es auch gelegentlich zu Wildunfällen. Die MVB registrierten bis Ende Februar 2020 zwei Wildunfälle im Bereich Barleben und Rothensee.

Damit die Zahl der Unfälle weiter verringert wird, werden die Fahrdienstmitarbeiter regelmäßig geschult, berichtet Stein. In den Schulungen würden die Verkehrsunfälle ausgewertet. Dadurch werden Unfälle vermieden. Helfen sollen auch sogenannte Flexpoller, die in der Mitte des Gleisbettes aufgebaut wurden, um ein unerlaubtes Abbiegen der Autofahrer zu verhindern. „Die Poller werden nur regelmäßig ignoriert", sagt Stein.

Die Folge von Unfällen bei einem dicht befahrenen Netz wie am Magdeburger Straßenbahnnadelöhr Hasselbachplatz sind oft weitreichende Verspätungen. Bei dem Unfall am Dienstag waren sechs Linien der MVB von Fahrplanabweichungen und Verspätungen direkt betroffen. Auch nachdem die Unfallstelle geräumt war und der Verkehr wieder fließen konnte, waren die Bahnen verspätet.

Im Durchschnitt dauert es 65 Minuten, bis ein Straßenbahnzug nach einem Unfall wieder im Fahrplan ist, teilt Stein mit. „Die Verspätung trifft neben dem Zug, der in einen Unfall verwickelt ist, auch durchschnittlich die drei nachfolgenden Züge der gleichen Linie", so Stein. Oft müssen Strecken nach Unfällen gesperrt und Züge umgeleitet werden. Deshalb gibt es keine konkreten Zahlen, zu wie vielen Verspätungen es aufgrund von Verkehrsunfällen es 2019 tatsächlich gekommen  ist.

Eine weitere Ursache für Verspätungen liegt darin, dass ein Großteil der Straßenbahngleise in Magdeburg in das Straßenbett integriert und nicht vom Autoverkehr getrennt sind. In Magdeburg heißt das also, wenn die Autos im Stau stehen, stehen auch die Straßenbahnen. Aus diesem Grund wird bei Neubauprojekten, wie der 2. Nord-Süd-Verbindung der Straßenbahn in Magdeburg, bereits darauf geachtet, dass die Verkehrsarten voneinander getrennt werden. Dies erhöhe Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, so Sprecher Stein. Nach MVB-Angaben waren im vergangenen Jahr 87,8 Prozent der Straßenbahnfahrten pünktlich.

Derzeit verfügen die MVB über 83 Niederflurstraßenbahnen und 3 Tatrazüge.  Davon sind in der Spitze 72 Züge im Einsatz. „Im Schnitt haben wir zehn Züge für eine Linie zur Verfügung", berichtet Stein. Mit diesen werden an einem normalen Werktag 1327 Linienfahrten angeboten.