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Vermieterschulden Magdeburger ohne Strom und Wasser

Weil der Hauseigentümer Außenstände hat, sitzen in Magdeburg derzeit sechs Mieter ohne Strom und Wasser da.

26.09.2019, 23:01

Magdeburg l Mit einem Rollwagen und einem Maurerkübel darauf ist Stephan Dietz unterwegs an der Helmstedter Straße zur nächsten Kreuzung. Hier steht eine große Handpumpe. Im Moment ist sie die einzige Wasserquelle für sechs Mieter eines privaten Mehrfamilienhauses in der Straße. Seit drei Tagen sitzen sie in ihren Wohnungen auf dem Trockenen. Strom fließt auch keiner mehr. Kein Wasser, kein Strom, keine Heizung – und im Moment auch keine Ahnung wie es weitergehen soll. Das ist die Situation, vor der die sechs Mieter derzeit stehen, wie sie sagen.

Grund für die Abschaltung ist, dass der Hauseigentümer die Abschläge für Nebenkosten und auch den Strom, die die Mieter direkt an ihn beziehungsweise das Jobcenter an ihn überweisen, nicht weitergereicht hat. Seit Monaten hat der Hauseigentümer Außenstände bei den Städtischen Werken Magdeburg (SWM) für Haus- und Wohnungsstrom, Wasser sowie Abwasser und Niederschlagswasser. Einige Tausend Euro stehen aus.

Schon im Mai 2019 drohte eine Abschaltung der Versorgung. Doch der Eigentümer vereinbarte mit den SWM eine Ratenzahlung. Allerdings bediente er sie nur wenige Male. Nun kam es wie es kommen musste: Nach erneuter Sperrandrohung und weiterer Nichtzahlung seitens des Eigentümers wurden Wasser und Strom abgestellt.

Die Mieter sind sauer. Sie hätten ihre Miete samt Nebenkosten an den Hauseigentümer bezahlt. Einige von ihnen sind Hartz-IV-Empfänger, hier kommen die Zahlungen vom Jobcenter, erzählen sie. Mit dem Vermieter hätten sie einen Versorgervertrag, sprich, dass er die Abschläge für Strom abführt. „Darauf hat er immer bestanden“, sagen Stephan Dietz und sein Nachbar Emanuel Annoff.

Annoff wohnt von allen am längsten in dem Haus. 16 Jahre sind es jetzt. Probleme habe es bisher nie gegeben. Auch nicht, als vor etwa fünf Jahren der Besitzer des Hauses wechselte. Bis jetzt.

Der Versuch „Investment Mietshaus“ ist dem Hauseigentümer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, „völlig über den Kopf gewachsen“, wie er auf Nachfrage selbst zugibt. „Ich bin viel zu blauäugig an die Sache herangegangen. Es ist nicht so aufgegangen, wie gedacht und dann habe ich es einfach nicht mehr überblickt“, sagt der Privatmann. Die laufenden Kosten hätten irgendwann überhand genommen. Mittlerweile stecke er selbst in großen finanziellen Schwierigkeiten, ihm seien die Hände gebunden, wie er sagt. Momentan versuche er, einen Käufer für das Haus zu finden.

In Gesprächen sind derweil die SWM, um eventuell eine Lösung des Problems für die Mieter zu finden. „Inzwischen stehen wir im Austausch mit dem Sozial- und Wohnungsamt, dem wir den gesamten Vorgang mitteilen und entsprechende Hilfsangebote absprechen“, sagt SWM-Sprecherin Anja Kessler-Wölfer.

Die Mieter selbst bieten an, sie würden die Abschläge direkt an die SWM zahlen, wie sie sagen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn das Haus verfügt über drei Wohnungsstromzähler, obwohl sechs Mietparteien dort wohnen. Je zwei Mieter teilen sich also einen Stromzähler. Das sei schon seit Jahren so, sagen die Mieter.

„Dem Wunsch der Mieter, direkte Zahlungen anzunehmen, können wir leider nicht nachgehen. Grund hierfür ist die Zählersituation. So lange mehrere Wohnungen über einen Zähler angeschlossen sind, können wir keinen Vertrag schließen. Dies ist im Hinblick auf mögliche zukünftige Zahlungsschwierigkeiten nicht umsetzbar“, so die SWM-Sprecherin.

Da das Haus nun weder über Strom- noch Wasserversorgung verfügt, ist auch das Bauordnungsamt der Stadt involviert. Stadtsprecher Michael Reif erklärte auf Nachfrage zu der Problematik: „Der Sachverhalt betrifft die beiden Vertragspartner, also den Vermieter und die SWM. Der Vermieter muss aus unserer Sicht alles dafür tun, dass die Mieter schnellstmöglich wieder mit Strom und Wasser versorgt werden, denn er hat die Situation verursacht. Die Stadtverwaltung hat kein Interesse daran, dass Mieter unverschuldet aus ihren Wohnungen müssen, weil Vermieter ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Nach dem Wohnraumaufsichtsgesetz gehören Anschlüsse für Energie- und Wasserversorgung zu den Mindestanforderungen an Wohnraum. Diese Anforderungen werden hier derzeit nicht erfüllt, weshalb das Bauordnungsamt aktiv werden muss und zunächst eine Anhörung von Vermieter und Mietern vornehmen wird. Wir hoffen, dass der Vermieter umgehend mit den SWM eine Einigung erzielt.“

Es bleibt also abzuwarten, wie lange Maurerkübel und Handpumpe noch im Einsatz bleiben müssen.