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Arbeitsmarkt Viele Jobs und keine Leute

Wie schwierig es ist, Mitarbeiter zu finden, zeigt das Beispiel von Peter Harms. Der Unternehmer aus Magdeburg fühlt sich im Stich gelassen.

Von Martin Rieß 25.01.2017, 00:01

Magdeburg l Peter Harms ist empört. Der Geschäftsführer der Firma Gotsch Stahl- und Apparatebau Magdeburg GmbH in der Salbker Straße ist – wie viele Arbeitgeber – auf der Suche nach Arbeitskräften. Doch er findet keine. In einem zweiten Unternehmen möchte er in Magdeburg eine Möbelproduktion aufbauen. Vor ihm auf dem Schreibtisch liegt ein Stapel mit Schreiben von der Agentur für Arbeit.

„Inzwischen habe ich rund 90 Briefe von der Arbeitsvermittlung bekommen, in denen mir Menschen genannt werden, die angeblich für die Stellen infrage kommen.“ Darunter sind Deutsche ebenso wie Zuwanderer. „Aber offenbar hat es niemand mehr nötig, arbeiten zu gehen. Von denen, die hier angeblich auf der Suche sind, hat sich kein Einziger gemeldet, um sich wenigstens einmal anzuhören, was mein Unternehmen zu bieten hat.“

Die Verärgerung des Magdeburger Unternehmers richtet sich dabei nicht allein gegen jene, die sich angeblich um Stellen bemühen, in Wirklichkeit aber anscheinend gar kein Interesse an Arbeit haben. Ein besonderes Versagen sieht er in der Politik und Verwaltung. Aus zwei Gründen. „Zum einen sollten die entsprechenden Einrichtungen Dienstleister für die Wirtschaft sein.

Davon ist hier nichts zu spüren. Stattdessen wird nur Papier produziert. Zum anderen geht es auch darum, dass wohl gar nicht mehr überprüft wird, ob sich Menschen, deren Unterhalt ja von allen anderen finanziert wird, wirklich um eine Stelle bemühen.“ Er zielt damit darauf ab, dass Arbeitsuchende früher dokumentieren mussten, wie sie sich um einen Arbeitsplatz bemüht haben. „Als potenzieller Arbeitgeber musste ich bescheinigen, dass jemand sich bei uns vorgestellt hat. So etwas gibt es aber gar nicht mehr.“

Gabriele Scheiner von der Magdeburger Agentur für Arbeit entgegnet, dass ein lange übliches Verfahren angewendet werde: „Es erfolgt eine Auswertung der Vermittlungsvorschläge in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber.“ Dazu sei die Agentur für Arbeit auf die Rückmeldung der jeweiligen Arbeitgeber zu den einzelnen vorgeschlagenen Bewerbern angewiesen. „Außerdem werden natürlich auch die Bewerber selbst befragt, ob sie sich beim Arbeitgeber beworben haben und sofern schon vorhanden, eine Rückmeldung erfolgt ist“, schreibt sie. Wenn nachweislich keine Reaktion seitens des Bewerbers auf den Vermittlungsvorschlag erfolgt sei, seien nach wie vor Sanktionen üblich.

Peter Harms möchte das kaum glauben: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass all jene, die zu mir vermittelt werden sollten und das gar nicht wollten, eine Kürzung ihrer Bezüge hinnehmen mussten. Denn dann hätte die Agentur für Arbeit ja einmal bei uns nachfragen müssen. Doch da kam nichts. Und ich habe nicht den Eindruck, dass sich irgendwer in der Politik und in der Verwaltung dafür interessiert, mit welchen Problemen sich die Wirtschaft derzeit herumärgern muss. Ich glaube, viele von den Verantwortlichen haben die Bodenhaftung verloren“, zürnt der Unternehmer.

Angesichts der misslungenen Vermittlung von Arbeitskräften an den Betrieb von Peter Harms macht Gabriele Scheiner auf weitere Möglichkeiten aufmerksam: „Die Agentur für Arbeit bietet Arbeitgebern neben der regulären Veröffentlichung auf der Jobbörse auch die Möglichkeit, das Angebot auf anderen kostenfreien Stellenportalen zu platzieren. Weiterhin ist es möglich, Bewerbertage zu organisieren.“

Dazu werden gezielt Bewerber für die Stellenausschreibung des Arbeitgebers in die Agentur eingeladen, um den Kontakt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herzustellen. „Sofern sich herauskristallisiert, dass ein Bewerber für eine Stelle noch fachliche Defizite hat, ist es auch möglich, einen Eingliederungszuschuss zu gewähren“, erläutert die Mitarbeiterin der Agentur.