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40 Jahre Wohnkomplex Olvenstedt WBS 70 steht in Magdeburg für Bau- und Wohntraum

Mit dem Bau vom Wohnkomplex (WK) Olvenstedt wird ab 1981 in Magdeburg nicht nur ein neuer Stadtteil geschaffen, mit der WBS 70 wird ein neuer Wohnungstyp etabliert.

Von Marco Papritz 09.05.2021, 12:00
Blick auf einen der Häuserzüge, die ab 1981 im Westen Magdeburgs auf einer Ackerfläche entstanden.
Blick auf einen der Häuserzüge, die ab 1981 im Westen Magdeburgs auf einer Ackerfläche entstanden. Archivfoto: Harri Schäfer

Magdeburg

Die WBS 70 hat in der heutigen Bauwirtschaft nach wie vor eine große Bedeutung. Immerhin sind 1,74 Millionen dieser Bauten in der ehemaligen DDR im Stile des industriellen Wohnungsbaus in Montagebauweise errichtet worden. „Dies gilt auch für die Blockbauweise – das sind Betonelemente, die im Gleitfertiger bewehrungslos hergestellt wurden, um sie für den Wohnungsbau zu nutzen“, sagt Wolfgang Redlich. Er war Produktionsdirektor im Wohnungsbaukombinat (WBK) Magdeburg, das große Wohnsiedlungen in Magdeburg, aber beispielsweise auch in Berlin, Halberstadt und Stendal schuf.

System des Plattenbaus ist beliebt

An der Modernisierung der Wohnhäuser der WBS 70 wird seit der Wiedervereinigung Deutschlands kontinuierlich gearbeitet – auf der Grundlage von Erfahrungen, die beim Bau der Wohnungen seit Ende der 1960er/Anfang 1970er Jahre gesammelt wurden. „Die WBS 70 wurde mit Normen und Vorschriften für die Gebäudeeffizienz verschärft, um qualitative Aspekte zu verbessern und die Kosten im Blick zu behalten. Grundlage war damals wie heute, dass sich das System der Plattenbauten wie die WBS 70 großer Beliebtheit erfreut“, so Redlich.

Unter anderem wegen der vergleichsweise schnellen Bauzeit, die anhand der vorgefertigten Bauelemente und deren Montage erzielt wird. Nur deshalb konnte das Wohnungsbaukombinat und damit sein Produktionsdirektor beim Aufbau der Großsiedlung Neu-Olvenstedt stets die Planvorgabe halten, pro Monat 300 Wohnungen schlüsselfertig übergeben zu können.

Kritischer Blick auf Abriss

Für den Oberingenieur Wolfgang Redlich ist die Ästhetik der Baukomplexe zwar diskutabel. Zum Stadtumbau, der seit den 2000er Jahren im Stadtteil mit Abrissen und Rückbauten ganzer Häuserzüge vorgenommen wurde, hat er eine klare Meinung: „Es ist ein Frevel, ganze Wohnanlagen zurückzubauen, dem Recycling zu übergeben oder gar nach Osteuropa zu exportieren.“

Aus der Sicht von Wolfgang Redlich ist die Modernisierung zugunsten der Energieeffizienz, geschickter Architektur und bezahlbarer Mieten ein vernünftiger Weg. Ganz so, wie es einige Anbieter von Wohnraum im Stadtteil wie die Stadtfelder Wohnungsgenossenschaft und die Wohnungsbaugenossenschaft „Otto von Guericke“ praktiziert haben.

Moderne Architektur

Das Bauen im Stile des industriellen Wohnungsbaus (dessen Wohnhäuser auch als „Plattenbauten“ verschrien sind) ist ein bautechnisches und soziologisches Phänomen. Immerhin wohnte jeder vierte Bewohner im Osten Deutschlands in der „Platte“, so Wolfgang Redlich. „Mit Rückbaumaßnahmen wird eine moderne Architektur im Bausystem der WBS 70 erreicht - und das schrittweise.“

Das Magdeburger Wohnungsbaukombinat hatte auch in Burg einen WBS-70-Komplex errichtet. Es wurde ein Projekt mit Vorbildwirkung, denn es erzielte eine innerstädtische Aufwertung, wie Wolfgang Redlich erklärt: „Hier ist der Umbau gestalterisch gelungen, somit ist mit dem WBS-Quartier etwas Schönes entstanden.“ Das gilt auch für Neu-Olvenstedt. „Über die Sanierungsmethoden wurde intensiv nachgedacht. Das Problem der Wärmedämmung und dessen Lösung ist eine bedeutende Aufgabe. In einem unsanierten Block betrug der Energiebedarf 91 Kilowatt je Quadratmeter, damit das Wasser und die Wohnung warm waren. Mit den Verbesserungsmaßnahmen für die WBS 70 konnte dieser Energiebedarf auf 61 gedrückt werden“, sagt Redlich.

Als Direktverantwortlicher war er unmittelbar in alle Prozesse einbezogen - von der Planung, Vorfertigung der Bauelemente, deren Transport und Montage bis zur Fertigstellung der Wohnhäuser.

Wohnblöcken prägen Bilder in den Städten

Wolfgang Redlich wohnte mit seiner Familie 14 Jahre in der „Platte“, wie er sagt. Und zwar in einem Achtgeschosser im ersten Baukomplex Jakobstraße. Dieses mit Keramik gestaltete Plattensystem wurde in der Vorfertigungsstätte der Virchowstraße, wo derzeitig mit dem Luisen-Carré von der Wohnungsgenossenschaft Magdeburg (MWG) und dem Luisenturm, einem 60-Meter-Hochhaus, ein Millionenprojekt errichtet wird, gefertigt.

Die Bauweise der WBS 70 wurde 20 Jahre angewendet. Diese war rasant. Trotz des hohen Standardisierungsgrades mit einigen Schattenseiten wie Materialmangel nahm die Einheitsplatte, wie Wolfgang Redlich den Bautyp aufgrund der Tatsache nennt, das dieser in allen Wohnungsbaukombinaten der ehemaligen DDR hergestellt wurde, ein erhebliches Tempo auf.

Und: „Wir errichteten im WBK – bezogen auf dieses Bausystem – 5-, 6- und 16-geschossige Wohnhäuser. Deren Fassaden prägten und prägen das Bild der Städte und Dörfer und waren damit das Erscheinungsbild für die Wohnkultur in Sachsen-Anhalt.“

Wolfgang Redlich war Produktionsdirektor im Wohnungsbaukkombinat (WBK) Magdeburg, das den Wohnkomplex Olvenstedt errichtete.
Wolfgang Redlich war Produktionsdirektor im Wohnungsbaukkombinat (WBK) Magdeburg, das den Wohnkomplex Olvenstedt errichtete.
Foto: Marco Papritz

Erinnerungen gesucht

Welche Erinnerungen haben Sie an die Entstehung des Wohngebietes im Westen der Stadt, zum Beispiel an Ihren Einzug? Oder waren Sie am Aufbau von Neu-Olvenstedt als Planer oder Bauarbeiter beim Wohnungs- oder Straßenbau beteiligt oder haben in einer der Kindereinrichtungen gearbeitet? Schreiben Sie unter Stichwort „Neu-Olvenstedt“ Ihre persönliche Geschichte oder Erinnerung an Ihre Zeit in Neu-Olvenstedt an die Volksstimme Lokalredaktion, Bahnhofstraße 17, 39104 Magdeburg. Sie können sich auch telefonisch unter 0391/599 95 50 sowie per E-Mail an marco.papritz@volksstimme.de mit Ihrem Namen und Ihrer Telefonnummer melden, um Ihre Erinnerungen sowie Fotoimpressionen zu teilen.