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Naturschutz Libellen zieht es an die Mühlaller

Die Mühlaller und ihre Ufervegetation sind für unscheinbare Kleintiere ein idealer Lebensraum. Das gilt insbesondere für Libellenarten.

Von Harald Schulz 09.07.2018, 03:00

Oebisfelde l Das Oebisfelder Refugium gehört zum sogenannten Grünen Band. Einst Grenzsperrstreifen, heute eine schützenswerte Naturlandschaft. Das Flüsschen Aller schlängelt sich damals wie heute durch eine noch weitgehend der Natur überlassenen Landschaft, was insbesondere dem Naturschutz entlang des Grünen Bandes geschuldet ist. Der bundesweit agierende Bund für Umwelt und Naturschutz e.V. (BUND) strebt seit Jahren einen kompletten Lückenschluss dieser naturbelassenen Flächen an, eben weil sich dort seltene und bedrohte Tierarten Lebens- und Überlebensräume befinden.

Im Falle der Oebisfelder Mühlaller befasst sich Dieter Leupold als Projektleiter Grünes Band Sachsen-Anhalt, Ine Pentz vom BUND für die Koordination Lückenschluss und Martin Schulze, Kartierer im Projekt mit der Erfassung von Libellen-Vorkommen. Das Trio traf sich nun mit weiteren Vertretern der Unteren Naturschutzbehörde Bördekreis, vom Unterhaltungsverband Aller, vom niedersächsischen Unterhaltungsverband Aller-Ohre und von der Naturparkverwaltung Drömling zu einer Exkursion im Bereich der Mühlaller.

Die Gesellschaft hielt Ausschau nach zwei seltenen Libellenarten, der Helm- und der Vogelazurjungfer. Seltene Libellen, die als Lebensraum auf Gewässer wie die Mühlaller mit stetigem Wasserfluss und freien wie häufig von der Sonne beschienen Gewässerflächen angewiesen sind. Dafür ist aber auch eine kontinuierliche Pflege der Randstreifen notwendig. „Libellenschutz und Grabenunterhaltung stehen so in keinem Widerspruch“, erklärte Leupold.

Bereits seit dem Jahr 2015 wissen die Naturschützer nachweislich, dass die seltenen Helm- und Vogelazurjungfer im Bereich der Aller und ihrer Nebengewässer zwischen Oebisfelde und Gehrendorf vorkommen. Ab 2016 wurden dann intensivere Untersuchungen der Gewässer auf einer Länge von 37 Kilometern vorgenommen. „Beide Arten stehen auf der Roten Liste als vom Aussterben bedroht und werden als Arten gelistet, die deshalb besonderen Schutz bedürfen“, verdeutlichte Martin Schulze den Nutzen der Kartierung. Schulze konnte nachweisen, dass beide seltene Arten am nördlichen Arealrand des Grünen Bands in Sachsen-Anhalt vorkommen, was für den Artenschutz wiederum einer bundesweiten Bedeutung zukommt. „Beide Libellenarten benötigen Fließgewässer, gute Wasserqualitäten, besonnte Abschnitte, das Vorkommen bestimmter Wasserpflanzen und eine kiesige bis sandige Grabensohle, was die Mühlaller bietet“, so Schulze.

Wie Koordinatorin Pentz es ausführte, ist in dem Lückenschluss-Projekt seit 2016 dieses Artenschutzprogramm für Helm- und Vogelazurjungfer eingerichtet worden. Dabei werden detaillierte Untersuchungen aller im Gebiet vorhandenen Gräben, sowie die Bewertung der besiedelten Grabenabschnitte auf ihre Habitatqualität, also auf die vorhandene Lebensqualität, untersucht. Aber auch nicht besiedelte Grabenabschnitte werden auf ihre potentielle Eignung als Habitat in Augenschein genommen, erläutert Pentz.

Die Ergebnisse der Kartierung ergeben durchaus unterschiedliche Erkenntnisse, wie Schulze informierte: Im Jahre 2017 wurden in 13 Abschnitten von untersuchten Gräben insgesamt knapp 200 Tiere vorgefunden. Die Vogelazurjungfer konnte dabei jedoch nicht entdeckt werden.

Erste Ergebnisse aus diesem Jahr sehen da ganz anders aus, so Schulze. Aktuell ist zu erkennen, dass wieder weitaus mehr Gräben besiedelt sind, auch von der Vogelazurjungfer, und Individuenzahlen von mehr als 600 konnten ermittelt werden.

Bei der Begehung im Oebisfelder Bereich herrschte vormittags noch bedecktes Wetter und für Libellen sehr kühle Temperaturen. Im Anschluss wurde zu einem ganz schmalen Graben bei Lockstedt gewechselt. Dort fand sich eine Vielzahl der beiden seltenen Libellenarten, wohl weil die Sonne mittlerweile intensiver schien. Neben der Helmazurjungfer wurden die ebenfalls sehr seltenen Libellenarten „Kleiner Blaupfeil“ und die „Späte Adonislibelle“ erkannt.

In diesem Jahr werden die Erfassungsarbeiten und Entwicklung von Maßnahmenvorschlägen vorerst abgeschlossen. Es ist aber aufgrund der Bedeutung geplant, ein Landesförderprojekt auf den Weg zu bringen, war von Leupold zu erfahren. Auch an anderen Abschnitten konnten beide Libellen entdeckt werden. Erster Fundpunkt war 2014 im Bereich Salzwedel, hier ist das bedeutendste Vorkommen der Vogelazurjungfer in Sachsen-Anhalt. Neben einer ausreichenden Gewässergüte kommt der Grabenunterhaltung dabei eine entscheidende Bedeutung für den Erhalt der Raubinsekten zu. Denn die Mehrflügler benötigen Wasserpflanzen wie Berle, Brunnenkresse oder Ehrenpreis für die Eiablage und als Lebensraum, die bei der Gewässerunterhaltung nicht vollständig entfernt werden dürfen. Deshalb stellt eine angepasste Grabenunterhaltung eine wichtige Voraussetzung für das Überleben dieser Art dar, hieß es von Leupold.