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Landkreis Börde Beschwerde gegen Oscherslebens Bürgermeister

Der Ortschaftsrat Klein Oschersleben hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Oscherslebens Bürgermeister Kanngießer eingereicht.

Von André Ziegenmeyer 24.09.2020, 01:01

Oschersleben l Jörg Gildemeister (FUWG) ist empört: „Der Oschersleber Bürgermeister hat gegen geltendes Recht verstoßen. Das steht ihm nicht zu.“ Als Ortsbürgermeister von Klein Oschersleben setzt sich Jörg Gildemeister seit Jahren für die Eigenheimsiedlung „Flora“ ein. Jetzt nimmt der Streit an Schärfe zu.

Nach Informationen der Volksstimme hat der Ortschaftsrat Klein Oschersleben eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Benjamin Kanngießer (parteilos) eingereicht. Auf Nachfrage bestätigte Jörg Gildemeister diesen Schritt. Das entsprechende Schreiben sei an den Stadtratsvorsitzenden Wolfgang Nehring (CDU) sowie die Vorsitzenden der Fraktionen gegangen. Denn der Stadtrat als Gremium ist der Dienstvorgesetzte des Bürgermeisters. Auch die Mitglieder des Bauausschusses hätten zu den Empfängern gehört.

Der Hintergrund: In Klein Oschersleben gibt es die Kleingartenanlange „Flora“. Sie wird nur noch teilweise bewirtschaftet. Auf einem Teil der Fläche sollen daher etwa zehn Bauplätze entstehen, die Schritt für Schritt erschlossen werden. Im Oktober 2018 hat der städtische Bau-, Wirtschafts- und Umweltausschuss die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplanes beschlossen - und zwar einstimmig.

Seither sind fast zwei Jahre vergangen. Aber der Beschluss wurde durch die Stadtverwaltung nicht umgesetzt. Im Juni 2020 hatte Benjamin Kanngießer als Oberhaupt der Verwaltung erklärt, dass er die Bearbeitung habe zurückstellen lassen. Begründet hatte er diesen Schritt vor allem damit, dass es keinen Investor gebe, der das Baugebiet auch wirklich entwickeln wolle. „Pläne, die für die Schublade sind, stehen erst einmal zurück“, so der Bürgermeister. Die Verwaltung werde zunächst die Projekte bearbeiten, bei denen es einen Investor gebe.

In den Augen von Jörg Gildemeister ist diese Argumentation nicht stichhaltig. Man brauche zunächst einen aufgestellten Bauplan, um Bauwilligen etwas Konkretes wie Grundstücksgrößen und Preise bieten zu können. Außerdem handele es sich nicht um Privatgrund, den ein Investor kaufen und entwickeln könnte, sondern um eine kommunale Fläche. „Da geht keiner ran. Es sei denn, wir verkaufen die Fläche unbeplant“, hatte der Ortsbürgermeister im Juni erklärt.

Wichtig ist auch Folgendes: In den letztem Monaten spielte das Flora-Thema bei verschiedenen Sitzungen des städtischen Bauausschusses eine Rolle. Dabei betonte auch der Ausschussvorsitzende Torsten Schubert (CDU), der Bürgermeister könne einen gefassten Beschluss nicht einfach ignorieren. Nach eigener Aussage lud Schubert Benjamin Kanngießer dazu ein, an einer Sitzung des Bauausschusses teilzunehmen und seine Sichtweise darzulegen. Ergebnislos. Bei der jüngsten Sitzung teilte Torsten Schubert mit, dass die Verwaltung mittlerweile einen Aufhebungsbeschluss vorbereite. Sollte dieser auf Zustimmung stoßen, wäre das Flora-Thema vom Tisch. Vor diesem Hintergrund hat der Ortschaftsrat Klein Oschersleben die Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben.

Die damit verbundene Kritik ist grundsätzlicher Natur. Jörg Gildemeister verweist auf den Paragraphen 65 des Kommunalverfassungsgesetzes Sachsen-Anhalt. Konkret geht es ihm um die Absätze 1 bis 3. Sinngemäß heißt es darin, dass ein Bürgermeister die Entscheidungen des Stadtrates und der Ausschüsse umzusetzen hat, wenn er keinen Widerspruch einlegt. Letzteres ist allerdings nur unter bestimmten Umständen möglich und muss zeitnah erfolgen. Darüber hinaus habe ein Bürgermeister eine Informationspflicht gegenüber dem Stadtrat. All dem sei Benjamin Kanngießer nicht nachgekommen, so Jörg Gildemeister.

Es gibt auch Details am Rande, die den Ortsbürgermeister von Klein Oschersleben ärgern. Den Unterlagen zufolge hat der Ortsrat sein eigenes Budget investiert, um für die Kosten der Bauplanaufstellung aufzukommen. Das Geld ist in den städtischen Haushalt eingeflossen. Passiert ist trotzdem nichts. Nach knapp zwei Jahren sei die zumutbare Wartefrist in jedem Fall um. „23 Monate lang hat sich nichts getan. Damit überschreitet der Bürgermeister seine Kompetenz“, so Jörg Gildemeister. Weiterhin erklärte er: „Wir sind als Ortschaftsrat maßlos enttäuscht. Das ist keine Demokratie.“ Dabei gehöre die Vorhaltung von Bauplätzen zu den existenziellen Aufgaben einer Kommune.

Wie Jörg Gildemeister weiter mitteilte, werde das Thema vermutlich bei der nächsten Sitzung des Hauptausschusses eine Rolle spielen.