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Coronavirus Notbetreuung kommt an ihre Grenzen

Die Gemeinde Westliche Börde hat die Änderung der Öffnungszeiten teilweise wieder zurück genommen.

Von Yvonne Heyer 06.05.2020, 09:26

Gemeinde Westliche Börde l In diesen Tagen haben Verordnungen und Verfügungen mitunter nur eine geringe Halbwertzeit. So erging es der Gemeinde Westliche Börde mit der Änderung der Öffnungszeiten für die Kitas. Ab dem 5. Mai sollten die Kindereinrichtungen von 7 bis 15.30 Uhr geöffnet sein. Damit konnten sich etliche Muttis und auch Unternehmen, vor allem in der Pflegebranche, so gar nicht engagieren.

Alexandra Schwochert aus Kroppenstedt klagte der Volksstimme ihr Leid: „Ich habe einen lieben, netten Chef in einer Arztpraxis, aber ich kann nicht jeden Tag zu spät zur Arbeit kommen, die um 7 Uhr beginnt. Die Kita öffnet aber nach den neuen Regelungen erst um 7 Uhr“, so die Kroppenstedterin. Sie hätte gern gewusst, was sich die Gemeinde dabei gedacht hat, in anderen Kommunen sei das nicht so.

Die Gemeinde Westliche Börde hat nach den Beschwerden der Eltern noch am Abend des 4. Mai festgelegt, die Kitas doch um 6 Uhr bereits zu öffnen. Geschlossen wird um 15.30 Uhr.

Das Land Sachsen-Anhalt hat mit Erlass vom 27. April die Notbetreuung in den Kindertageseinrichtungen neu geregelt. Zwar werde die Notbetreuung „aufgeweicht“, wird es mehr Eltern ermöglicht, ihre Kinder betreuen zu lassen, Ziel bleibe es aber andererseits die Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus umzusetzen. Die erweiterte Notbetreuung ist an strenge Auflagen gebunden, die, so haben es bereits die vergangenen Wochen gezeigt, auch kontrolliert werden.

Neu nach der Verordnung vom 27. April ist, dass nur noch ein Elternteil im systemrelevanten Beruf tätig sein muss, um eine Notbetreuung beantragen zu können. Damit ist die Zahl der zu betreuenden Kinder nicht nur in den Kitas der Verbandsgemeinde Westliche Börde deutlich angestiegen. Um diesen Zahlen gerecht zu werden, gibt es klare „Ansagen“ für die Betreuung. In den Räumen dürfen sich maximal zwölf (Krippe sechs) Kinder einer Gruppe plus Fachpersonal aufhalten. Es müsse gewährleistet werden, dass es sich grundsätzlich immer um die selben Kinder und Erzieher handelt, die die Räume nutzen. Schichtwechsel des Personals sollten nach Möglichkeit so gering wie möglich gehalten werden. Die Gruppen sind voneinander zu trennen. Das Personal darf die Gruppen nicht wechseln. Der Spielplatzbereich ist in Gruppen aufzuteilen. Die Hygienevorschriften sind einzuhalten. Das gilt auch für die Abstandsregelungen zwischen Eltern und Personal. Andererseits können Abstandsregeln zwischen Kindern und Personal nicht eingehalten werden, eine Betreuung ist dann nicht möglich.

Es heißt in der Verordnung aber auch: „Sammelgruppen zu Beginn und am Ende der täglichen Öffnung widersprechen dem System fester Gruppen.“ Und genau dieser Punkt war für Bürgermeister Fabian Stankewitz und das zuständige Fachamt ein Grund, zu sagen: „Wir öffnen erst um 7 Uhr. Bislang war es eben Usus, dass morgens um 6 Uhr ein Erzieher die Kinder unterschiedlichen Alters in der sogenannten Sammelgruppe entgegennahm. Das ist nunmehr nicht zulässig, eine Vermischung ist nicht erlaubt. Somit brauche ich mehr Personal, das ich nicht habe. Ich habe keine Reserven“, erklärt Bürgermeister Fabian Stankewitz. Als Dienstherr der Erzieher trage er auch die Verantwortung für das Personal. Eine nicht unerhebliche Zahl ist den Risikogruppen zuzuschreiben, der Krankenstand ist hoch. Folglich müssten die, die da sind, Überstunden aufbauen, was auch nicht Sinn und Zweck sein kann. Kritische Worte richtet Stankewitz auch in Richtung Landesregierung.„Das Land muss endlich Farbe bekennen und sich eingestehen, dass es einen Schutz in einer Kita nicht geben kann“, ist Stankewitz überzeugt.

„Ich kann die Eltern verstehen und uns als Gemeinde ist bewusst, dass die Einschränkungen schwer wiegen. Dennoch möchten wir eindringlich darauf hinweisen, dass es sich weiter um Notbetreuungen handelt“, so Stankewitz. Er appelliert an die Eltern, keine kranken Kinder in die Einrichtung zu schicken. Diese Betreuung werde abgelehnt.

Die Kindereinrichtungen der Westlichen Börde sind aktuell schon wieder gut gefüllt. Es könne deshalb dazu kommen, dass die räumlichen und personellen Betreuungskapazitäten nicht ausreichen, um für alle berechtigten Kinder die Teilnahme an der erweiterten Notbetreuung zu ermöglichen. Dann müsse geprüft werden, ob die Betreuung in einer anderen Einrichtung möglich ist. Sollte es zu keiner Lösung kommen, kann die Notbetreuung abgelehnt werden.

Die Kita Kroppenstedt beispielsweise hat nur einen Krippengruppenraum und einen Schlafraum für die Kleinsten, so dass hier maximal zwölf Krippenkinder betreut werden können. Und diese Zahl ist bereits erreicht, damit kann Kroppenstedt keine Krippenkinder mehr notbetreuen, solange es den aktuellen Erlass des Sozialministeriums gibt. Und auch andere Einrichtungen wie Großalsleben und Krottorf lagen am 20. April schon bei über 20 Prozent, sind damit den Grenzen nahe.