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Wiedervereinigung Die lange Geschichte des Hackelberges

Wie hat sich Oschersleben (Landkreis Börde) seit der Wende verändert? Ein Blick auf den Hackelberg:

Von André Ziegenmeyer 08.09.2020, 01:01

Oschersleben l Bei der Sanierung der Innenstadt hat der Hackelberg mit seiner Umgebung eine wichtige Rolle gespielt. Immer wieder war von einem „Sahnestück“ die Rede, das neu gestaltet werden sollte. Es gab eine ganze Reihe von Plänen. Nicht alle standen unter einem glücklichen Stern.

Vor langer Zeit handelte es sich beim Hackelberg um ein Rittergut - ebenso wie bei der Burg. In der Volksstimme vom 17. Juni 1988 hieß es rückblickend: „Die beiden Güter waren mit ihren Besitzungen in der Stadt selbstständige Verwaltungseinheiten und unabhängig vom Rat der Stadt.“ Von einem „Staat im Staate“ ist die Rede. Später wurden beide Güter jedoch eingemeindet.

Volksstimme-Berichten zufolge wollte eine Magdeburger Planungsgesellschaft 1992 die Bebauung des Hackelberges übernehmen. Das Vorhaben scheiterte. Übrig blieb eine Ruine, die über Jahre ein Ärgernis bildete. Der Bau des damaligen „Hauses der sozialen und medizinischen Dienste“ war dagegen ein Erfolg. Heute wird es als Ärztehaus bezeichnet. Die Grundsteinlegung erfolgte am 14. Oktober 1992.

Im August 1993 stand in der Zeitung: „Nach dem Richtfest im Mai dieses Jahres nimmt das 4,5-Millionen-Mark-Projekt immer deutlichere Formen an. Der Innenausbau (...) ist fast abgeschlossen. Demnächst folgen die Estricharbeiten, dann kann die Einrichtung der Praxen, Geschäfte und Wohnungen beginnen.“ Nach Fertigstellung sollen in dem Gebäude laut Bericht neun Fachärzte, ein Apotheker, ein Augenoptiker und eine Orthopädie ihre Dienste anbieten. In einem weiteren Artikel wird noch eine „Station der Häuslichen Krankenpflege“ genannt. Die feierliche Eröffnung des Hauses fand im Dezember 1993 statt.

Ein weiteres wichtiges Projekt war das Wohn- und Geschäftshaus Klinsmann an der Ecke Halberstädter Straße Steintreppe. Hier begannen die Arbeiten im August 1993. Die Volksstimme berichtete: „Der Grundstein für ein neues Geschäftshaus wurde gestern auf dem Oscherslebener Boulevard gelegt. Dort, wo bis vor einigen Wochen das Reformhaus stand, soll bis zum nächsten Frühjahr ein neues Gebäude entstehen.“ Laut der Investorin sind für den oberen Bereich Büroflächen und Wohnungen vorgesehen. „Unten werden sich ein Textilgeschäft und ein Geldinstitut einmieten“, so der Artikel. Die offizielle Übergabe des Gebäudes kündigt die Volksstimme für den 1. April 1994 an.

Etwas abenteuerlicher ging die geplante Entwicklung des ehemaligen Ponsold-Geländes vonstatten. In der Volksstimme vom 2. April 1994 hieß es: „Die Produktionsräume des Futtermittelherstellers im Zentrum der Kreisstadt, der inzwischen in der Breitscheidstraße produziert, standen lange Zeit leer.“ Jetzt habe ein Bauunternehmen aus Hamburg das Gelände gekauft. Mit Blick in die Zukunft heißt es: „Die neue Bebauung werde Gebäude beinhalten, in die Krankenversicherungen, Banken, Arztpraxen oder Ladengeschäfte einziehen sollen. Ein Teil der alten Häuser müsse abgerissen werden, was derzeit passiert.“

In einem Artikel vom 3. Januar 1995 ist die Perspektive deutlich verhaltener: „Fast ein dreiviertel Jahr war auf dem riesigen Gelände, (…), nichts passiert. Noch Anfang 1994 hatte der damalige Investor vollmundig von einem riesigen Projekt gesprochen, das er dort verwirklichen wollte (...). Dann war plötzlich Schluß. Die Abrißfirma, sie hatte lange auf ihr Geld warten müssen, zog ihre Maschinen ab. Das Gelände wurde eingezäunt, nicht einmal zu einem Parkplatz, (…) konnte es umfunktioniert werden.“ Doch zu diesem Zeitpunkt hatte sich ein anderer Investor gefunden, der die Pläne fortführte. In dem Gebäude zog später das Arbeitsamt ein.

Im Laufe der Jahre tauchen Berichte über verschiedene andere Investoren-Projekte auf. Unter anderem ist die Rede von weiteren Wohnhäusern, Parkhäusern oder sogar einem Hotel. Doch im März 1997 schrieb die Volksstimme: „Seit Jahren macht die Bebauung des Oschersleber Hackelbergs Stadtvätern und Einwohnern Sorgen. Pläne, diesen bedeutenden Platz in der Kreisstadt zu bebauen, scheiterten bislang. Jetzt kommt Bewegung in die Angelegenheit. Die Stadt will die Fläche demnächst selbst vermarkten.“ Zuvor waren Flächen aus dem Besitz eines Investors wieder an die Stadt gegangen. Es gibt sogar einen Aufruf: Interessenten, welche die Entwicklung des Hackelbergs vorantreiben wollen, können sich bei der Verwaltung melden. Allerdings wolle die Stadt planerischen Einfluss nehmen. Unter anderem sollte ein Einkaufsmarkt mit Parkdeck oder Tiefgarage entstehen. Entlang der Halberstädter und der Hackelbergstraße war eine straßenbegleitende Bebauung vorgesehen. Ein großes Backsteingebäude, das noch auf dem Hackelberg standen, sollte doch noch zum Hotel werden, nachdem bereits der Abriss geplant war.

1998 will die Stadt wieder Flächen verkaufen, und zwar an eine Magdeburger Planungsgesellschaft. Pikanterweise ist es dasselbe Unternehmen, das sich 1992 schon einmal an der Bebauung des Hackelbergs verhoben hatte. Doch auch wenn der Vertrag fertig ist: Laut einem Artikel vom 17. Juli lässt das Magdeburger Unternehmen den Notartermin zur Unterschrift verstreichen.

Die Stadt wird selbst aktiv. Die Ruine auf dem Hackelberg wird abgerissen. Am 4. Juni 1999 titelt die Volksstimme: „Neue Variante: Aus Hackelberg soll ‚grüne Lunge‘ werden“. Im Artikel steht: „Der Oschersleber Stadtrat hat sich (…) erst einmal von der Möglichkeit verabschiedet, den Hackelberg zu bebauen. Das Sahnestück der Innenstadtbebauung soll zu einem grünen Parkplatz werden.“

Am 21. August 1999 lautet die Titelzeile: „Investoren-Suche nach neun Jahren aufgegeben“ Der Text liest sich bitter: „Neun Jahre, in denen zunächst Interessenten auf der Matte standen, ehrgeizige Pläne vorgelegt, der Öffentlichkeit stolz Modelle präsentiert, die bereits Büros und Wohnungen zur Vermietung angeboten und die sogar einen ersten Grundstein gelegt hatten. Auf den wurde allerdings man gerade so ein halbes Haus gesetzt. Dann war Schluss. Jahrelang dümpelte diese Bauruine und dümpelte der gesamte Hackelberg vor sich hin.“

Im Jahr 2000 wird das große Backsteingebäude abgerissen. Auf dem Hackelberg entstehen Parkplätze und Grünflächen. Trotzdem hat das ganze einen positiven Beiklang: Viele Oschersleber gewöhnen sich an das neue Erscheinungsbild des Hackelberges. Als 2007 noch einmal ein Anlauf dazu genommen wird, eine Teilfläche zu verkaufen, kommt es sogar zur Protest. Zum Hintergrund schreibt die Volksstimme: „Der Stadtrat hatte schon vor Jahren vor, diesen Bereich zu bebauen, fand damals nur keinen geeigneten Interessenten. Deshalb hatte der Stadtrat beschlossen, die Fläche zunächst zu begrünen und Parkplätze anzulegen, um das Stadtbild zu verschönern. Immer mit der Maßgabe, die baulichen Anlagen schnell beseitigen zu können, wenn sich ein Bauinteressent finden sollte.“

Aber: „Viele Oschersleber haben sich an die grüne Oase auf dem Hackelberg gewöhnt, sitzen gerne auf den Bänken oder parken auf den dafür vorgesehenen Flächen.“ Angesichts der Verkaufspläne gehen empörte Leserbriefe ein. Unterschriften werden gesammelt. Am Ende stimmt der Stadtrat gegen einen Verkauf. Auf diese Weise blieb der Hackelberg in seiner heutigen Form erhalten.