Neben den Feuern werden auch andere Bräuche - vor allem von der älteren Bevölkerung - gepflegt Eiertrudeln, Soleier und ein Baum mit mehr als 260 bunten Eiern - das ist Ostern im Sülzetal
Auf der Suche nach Ostertraditionen ist die Volksstimme im Sülzetal auf einige Bräuche gestoßen. Beispielsweise bei Familie Seiler. Den Sülldorfern schmecken seit Jahrzehnten ganze besondere Eier. Mehr als 260 bunte Eier hängt wiederum die Stemmeranerin Brigitte Große an den Ostereierbaum. Und: Groß und Klein haben ihren Spaß beim Eiertrudeln in Schwaneberg.
Sülzetal l Jürgen Seiler ist gut ausgerüstet: In einem großen Glas trägt er hart gekochte Eier bei sich. Auch einen Eimer und einen Topf zum Schöpfen mit langer Stange hat der Sülldorfer im Gepäck. Alles wird an das Fahrrad gehängt und so macht er sich auf den Weg zur Solequelle.
Diesen Brauch, vor den Osterfeiertagen Soleier herzustellen, kennt der 70-Jährige schon von seinen Eltern und auch von seinem Opa, dem einstigen Stellmachermeister im Ort. Passend zur Osterzeit wurden auch bunt gefärbte Eier in das große Glas gefüllt und mit Solewasser von der Sülldorfer Quelle aufgefüllt. Woher dieser Brauch allerdings kommt und wie lange es ihn schon gibt, lässt sich heute nicht mehr genau beziffern.
Jürgen Seiler ist waschechter Sülldorfer und pflegt die alten Traditionen vor den Osterfeiertagen noch heute.
"Zur heutigen Zeit sind es wohl nur noch die älteren Leute im Ort, die sich an diese alte Tradition erinnern und sie auch fortführen. Das ist ein bisschen schade", meint Jürgen Seiler. Er würde sich freuen, wenn auch nachfolgende Generationen diese alte Tradition fortsetzen würden.
Beim Spaziergang zur Solequelle, beim Blick über dieses einzigartige Fleckchen Erde, berichtet Jürgen Seiler auch vom Eiertrudeln an den Hängen, die sich am Salzsee erstrecken. Und während sich in Sülldorf kaum noch Eltern mit ihren Kindern finden und die bunten Eier den Hang hinunter trudeln lassen, hält sich diese Oster-Tradition eisern in Schwaneberg. Getrudelt wird am Berg, der dem Ort seinen Namen gibt, am Schwaneberg. Meist am Ostersonntag vor dem Kaffeetrinken finden sich die großen und kleinen Leute hier ein und schon purzeln die Eier den Berg hinunter. Mitunter werden kleine Wettkämpfe ausgetragen. Sieger ist der, dessen Ei am längsten heil geblieben ist.
"Ich finde es schön, dass es nach wie vor viele ehemalige Schwaneberger zum Eiertrudeln in ihren einstigen Heimatort zieht und sie sich hier treffen."
Rudi Wenzel
Viele Geschichten kann noch heute die ältere Bevölkerung vom Eiertrudeln berichten. So beispielsweise, dass vor allem die Jungen oft geschummelt haben. Sie hatten zum Eiertrudeln einfach die Nesteier mitgebracht. Diese Gipseier gehen natürlich nicht kaputt. Ja, die Jungen gaben damit an, dass sie die Eier sogar über die Mühle, die einst am Schwaneberg stand, werfen konnten, ohne dass sie zerbrachen.
Der besondere Spaß beim Eiertrudeln ist natürlich, dass die Eier kaputtgehen und dann an Ort und Stelle verspeist werden. Viele Schwaneberger schwärmen immer wieder davon, wie schön bunt der Schwaneberg dank der vielen Eierschalen nach dem Eiertrudeln aussieht.
Rudi Wenzel, Ordnungsamtsleiter der Gemeinde Sülzetal, ist "alter" Schwaneberger: "Ich finde es schön, dass es nach wie vor viele ehemalige Schwaneberger zum Eiertrudeln in ihren einstigen Heimatort zieht und sie sich hier treffen." Er selbst hat ebenso viele schöne Erinnerungen an diese alte Tradition. Selbst als Schüler der 10. Klasse sei er noch zum Eiertrudeln gegangen - sogar im Dunkeln.
Das Eiertrudeln ist übrigens nicht nur in Schwaneberg eine alte Tradition. Auch in vielen anderen Orten hier in der Börde ist dieser Brauch bekannt. So gibt es in Bottmersdorf gar einen Osterberg. Und in Groß Germersleben trudeln die Eier seit Jahrzehnten den Kapellenberg hinunter.
Seit nunmehr drei Jahren lädt der Heimatverein Altenweddingen vor allem die jüngere Generation zum Eiertrudeln ein. Am Ostermontag, 9. April, ist es wieder soweit. Um 10 Uhr können sich Familien zum besonderen Spaß im Park, in der Nähe des Jugendklubs, einfinden.
Zu den Bräuchen der Osterzeit gehört auch, dass die Häuser mit dem ersten frischen Grün des Frühjahrs geschmückt werden. An die Zweige werden die bunten Eier gehängt. Nach dem Grau des Winters ist es eine Augenweide, in der Osterzeit die Vorgärten zu betrachten. Überall sind bunte Eier in den Sträuchern zu finden.
Einen ganz besonderen Osterbaum hat auch in diesem Jahr die Stemmeranerin Brigitte Große geschmückt. Staunend haben diesen Baum heute Morgen die Kindergartenkinder des Ortes in Augenschein genommen.
"Ich habe einfach viel Freude daran, zu dekorieren und zu gestalten."
Brigitte Große
Eigentlich war dieser besondere Ostereierbaum ursprünglich ein Friesenbaum, den Brigitte Große mit Ostereiern oder Osterhasen schmückte. Aber das reichte ihr irgendwann nicht mehr. So kamen zwei weitere "Friesen- arme" hinzu.
Fuß, Hauptstamm und Seitenzweige werden jedes Jahr neu zusammengesteckt. Erstmals wurde dieser besondere Ostereierbaum 2006 für die Kinder der Stemmerschen Kindertagesstätte in Brigitte Großes Schrebergarten aufgebaut. Hier überraschte der Heimatverein, dessen Vorsitzende Brigitte Große ist, zu Ostern die Jungen und Mädchen.
Der Baum ist Jahr für Jahr im wahrsten Sinne des Wortes gewachsen. Immer wieder lässt sich die Stemmeranerin etwas Neues als Baumschmuck einfallen. In jedem Fall, Brigitte Große hat nachgezählt, hängen über 260 bunte Eier an dem Baum. Er ziert derzeit den Eingangsbereich des Stemmerschen Stübchens. Im Domizil des hiesigen Heimatvereins werden heute wieder die Kindergartenkinder vom Osterhasen überrascht. Im Übrigen hat Brigitte Große den Baum in diesem Jahr zweimal aufbauen müssen, Hund Max hat ihn umgerannt.
Brigitte Große dekoriert aber nicht nur den Ostereierbaum jedes Jahr neu. Vor einiger Zeit hat sie eine Osterglocke kreiert - aus sage und schreibe 1442 Serviettenvierteln. Einen Osterhasen aus Heu hat sie entstehen lassen wie auch Hahn und Henne - Hermann und Hermine. "Ich habe einfach viel Freude daran, zu dekorieren und zu gestalten", meint die 73-Jährige. Erst recht freut sie sich, wenn vor allem die Kinder, so wie heute Morgen, vor ihren Kunstwerken stehen und staunen. Dann sind auch alle Mühen vergessen.