Naturschutz Erste Baumbrut von Wanderfalken bei Kroppenstedt entdeckt
Wanderfalken sind streng geschützte Tiere, waren schon einmal fast gänzlich ausgerottet. Jetzt konnte erstmals im Landkreis Börde eine Baumbrut bei Kroppenstedt entdeckt werden.

Kroppenstedt/Hadmersleben - Vor einigen Wochen begann das Rotmilan-Zentrum am Heineanum Halberstadt mit der landesweiten Erfassung und Kartierung von Rotmilan-Brutpaaren in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus. Bei ihren Streifzügen durch die Natur, durch Wälder, entlang der Feldflur, Baumreihen, Feldgehölzen, Ortschaften, Einzelbäumen und Baumgruppen wurden Neste und Horste gesucht und registriert. Nach der Erfassung schloss sich die Kontrolle der Nestbesetzung an. Dabei wurde in einem Baum in der Nähe von Kroppenstedt eine besondere Entdeckung gemacht.
Die Beobachter stießen auf ein Wanderfalken-Brutpaar, dass in einem Baum nistete. Dort war bereits ein Junges geschlüpft. „Die Besonderheit dieser Brut aus fachlicher Sicht besteht darin, dass eine Wanderfalken-Baumbrut außerhalb großer zusammenhängender Wälder auf einem Solitärbaum, es handelt sich hierbei um eine Pappel in offener Agrarlandschaft, äußerst selten ist“, erklärt Holger Gabriel vom Arbeitskreis „Wanderfalkenschutz“. Das Nest ist die erste bekannte Baumbrut eines Wanderfalken im Bördekreis und die erst sechste bekannte Baumbrut in Sachsen-Anhalt. Eigentlich bevorzugen Wanderfalken für den Nestbau steile Felswände, Steinbrüche, hohe Gebäude oder eben Gittermasten. Diese wären in der Nähe des Solitärbaumes auch reichlich vorhanden gewesen. Warum jedoch die „einsame“ Pappel bevorzugt wurde, bleibt das Geheimnis des Wanderfalken-Paares.
Wie Holger Gabriel weiter berichtet, handelt es sich bei dem entdeckten baumbrütenden Wanderfalkenpaar um eine Baumbrut außerhalb des ursprünglichen, vor dem Aussterben in Ostdeutschland, und aktuellen, nach Auswilderungen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, Verbreitungsgebietes.
Sponsor für die Hebebühne
Nach der Entdeckung des Nestes des Wanderfalkenpaares samt Nachwuchs organisierte das Rotmilan-Zentrum Halberstadt einen Sponsor für eine Hebebühne, damit das Junge beringt werden konnte. Die Hebebühne stellte Dachdeckermeister Ulrich von Neumann aus Hadmersleben zur Verfügung. Ulrich von Neumann ist im Übrigen ein unmittelbarer Nachfahre von Ferdinand Heine, senior, der einst als Ornithologe mit seiner privaten Vogelsammlung den Grundstock für das Heineanum in Halberstadt schuf.
Für die Beringungsaktion kam Holger Gabriel vom Arbeitskreis Wanderfalkenschutz aus Jeßnitz in die Nähe von Kroppenstedt. Das Jungtier bekam eine Individualkennzeichnung auf einem roten Ring. Nach der Beringung kann Holger Gabriel berichten, dass das Jungtier 16 bis 18 Tage alt und gut genährt ist. Während der Aktion überflogen die Eltern das Areal laut „schimpfend“. Da sie nicht beringt sind, gibt es über die Altvögel auch keinerlei Informationen zu ihrer Herkunft. Im Nest wurden Reste eines Kernbeißers gefunden, den hatte der Wanderfalke-Nachwuchs fast vollständig verspeist. Wanderfalken sind sehr schnelle Jäger, werden auch „Gepard des Himmels“ genannt. Der Falke, in Größe einer Rabenkrähe jagt fliegende Vögel im freien Luftraum.
Vogel des Jahres
Der Wanderfalke wurde 1971 zum Vogel des Jahres erklärt. Damals war es für den Falken fünf vor Zwölf, war beinahe komplett ausgerottet. Seitdem steht er unter strengem Schutz und die ergriffenen Maßnahmen greifen.
In Sachen Rotmilan können Eike Steinborn, Dr. Bernd Nicolai und Martin Kolbe vom Rotmilan-Zentrum am Heineanum Halberstadt berichten, dass entlang einer Pappelreihe bei Kroppenstedt zwei Brutpaare und in Hadmersleben drei Brutpaare registriert werden konnten. Damit hat sich der Bestand der ebenso geschützten Rotmilane gefestigt. „Das hängt aber auch damit zusammen, dass 2020 ein gutes Mäusejahr war und die Jungvögel ausreichend mit Nahrung versorgt werden konnten“, meinen die Experten.