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Studie Experten waten knietief in der Bode

Künftige Ingenieurökologen haben die Bode bei Hadmersleben unter die Lupe genommen.

Von Uta Müller 22.06.2020, 01:01

Hadmersleben l Künftige Ingenieurökologen haben die Bode bei Hadmersleben unter die Lupe genommen. An Wehr und Wasserkraftanlage erfahren die Studenten von der Hochschule Magdeburg-Stendal, wie wichtig die interdisziplinäre Forschung für ihre Arbeit ist und welche Auswirkungen auf die Natur sie hat.

Das Ganze ist Teil einer Projektarbeit, die Studenten des internationalen Master-Programms Water Engineering anfertigen. Die Studierenden stammen neben Deutschland unter anderem auch aus Jordanien, Pakistan, Iran, Ägypten, Ghana, Brasilien, Armenien sowie Rumänien und sehen sich in ihren Heimatländern mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen und Problemen hinsichtlich des Themas Wasser konfrontiert.

Etwa 13 Studenten stehen im Kreis und lauschen den Erklärungen ihres Professors sowie Christoph Ertl vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz. Jochen Ricke aus Hecklingen im Salzlandkreis erklärt als Investor den Studenten die Bedeutung seiner Wasserkraftanlage an der Bode. Mit dabei sind auch zahlreiche internationale Studenten. Indische Studierende schneiden die Erklärungen von Professor Bernd Ettmer mit dem Handy mit. Coronabedingt können noch nicht alle Studenten an den Praxistagen teilnehmen. Auch Gerald Pomme als Vertreter der Interessengemeinschaft Bodelachs ist vor Ort. „Für uns sind die Erkenntnisse der Fachleute sehr wichtig“, so Pomme. Außerdem seien die Angler bestens mit den Verhältnissen vor Ort vertraut und können wichtige Hinweise geben.

Bernd Ettmer, der als Ingenieur die Gruppe anführt, ist optimistisch was das Vorhaben der Interessengemeinschaft angeht. „Die Vielfalt zeigt eine breite Nahrungspalette für die Fische auf“. Die Vereinigung von Anglern aus den Bodeanliegervereinen will den Lachs und im Zuge die Meerforelle wieder in dem Fluss ansiedeln. „Um zu bestimmen, ob es sich um ein gutes Gewässer für die Tiere handelt, müssen wir aber noch die Ausbeute unserer Fischfangtruppe bewerten.“

Es gäbe jedoch noch zahlreichen Bauten, also Wehre und Staustellen, die derzeit noch den freien Fluss der Bode behindern. „Anstelle des Wehrs könnte man hier auch eine sogenannte Sohlgleite einbauen“, schlägt Ettmer vor. Das sei jedoch immer Sache des Investors. „Das Gewässerentwicklungskonzept des Landes gibt da ziemlich klare Anweisungen“, sagt er. „Bis 2027 soll es umgesetzt sein. Ob bis dahin alle störenden Querbauten weg sind, steht in den Sternen. Inzwischen sind wir aber schon froh, wenn es in der Praxis in die richtige Richtung geht.“

Derweil beschäftigen sich Professor Volker Lüderitz und ein Teil der anderen Studenten mit ihrem Fang. Die Gruppe legt den Fokus auf die biologisch-ökologischen Aspekte der Wasserwirtschaft. Sie haben Kleinstlebewesen, den so genannten Makrozoobenthos, aus dem Wasser gefischt und dokumentieren die kleinen Tierchen. Sie entdecken die Larven der Großen Eintagsfliege, Muscheln, Steinfliegen, eine Riesenschnake, mehrere Hakenkäfer und einen Flohkrebs. Der Professor für Gewässerökologie hat auch sofort die lateinischen Namen parat. Sein Spezialgebiet ist die Renaturierungsökologie. Die Studenten stehen in Wathosen im Wasser, drehen jeden Stein um.

Professorin Petra Schneider führt die dritte Gruppe Studenten an. Mit dem Spezialgebiet internationale Wasserwirtschaft ist sie die Studiengangsleiterin für die Ingenieurökologen. Auch sie genießt, ebenso wie die beteiligten Studenten, den Gang in die freie Natur. „Den speziellen Studiengang gibt es nur zwei Mal in ganz Deutschland“, berichtet sie. „Er wird in der Hochschule Magdeburg-Stendal und in München angeboten. Unsere Teilnehmer kommen aus Deutschland, Venezuela, Brasilien und Spanien“, so Schneider.

Es sei ein steigendes Interesse an dieser besonderen Studienrichtung zu bemerken. „Die Kombination von Naturschutz und Ingenieurtechnik ist einmalig“, erzählt sie. „Der praktische Teil an der Bode ist natürlich ein Höhepunkt.“ Das bestätigen auch die Teilnehmer.

Das Studium soll dazu befähigen, auf wissenschaftlicher Grundlage Konzepte und Verfahren zur nachhaltigen Bewirtschaftung lebenswichtiger Ressourcen wie Wasser, Boden, Biomasse und Fauna sowie zur Renaturierung und Sanierung von Ökosystemen und zur dezentralen Ver- und Entsorgung zu entwickeln.