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Gesundheit Wenn das Herz zum Sorgenfall wird

Ein Herz kann viele Probleme haben. Experten der Bördeklinik erklären deshalb, was bei Vorsorge, Diagnose und Behandlung wichtig ist.

Von André Ziegenmeyer 13.06.2020, 01:01

Neindorf l „Die meisten Menschen in Deutschland versterben an einer Herzkrankheit. Das ist leider immer noch so“, erklärt Dr. Sabine Reinhold. Sie ist im Neindorfer Krankenhaus die leitende Oberärztin der Kardiologie. Wie die Medizinerin informiert, gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Medikamenten und Behandlungsmöglichkeiten. Die Lage habe sich gebessert. Verschwunden sei das Problem allerdings nicht. Nach wie vor ist Sachsen-Anhalt das Bundesland, in dem die meisten Menschen nach einem Herzinfarkt versterben. Allerdings müsse es nicht immer nur um Infarkte gehen. Das Gebiet der Herzerkrankungen sei vielschichtig.

Dr. Ali Ghanem leitet an der Bördeklinik das Departement für Kardiologie. „Normalerweise bieten wir zweimal im Jahr Patientenseminare an, um Menschen auf Präventionsmöglichkeiten aufmerksam zu machen“, sagt er. Im Moment sei das wegen Corona nicht möglich. Generell habe die Pandemie weitreichende Folgen. Aus Angst vor einer Ansteckung würden sich viele Menschen noch immer nicht zum Arzt trauen. Wie der Kardiologe erklärt, gehe das sogar so weit, dass mittlerweile in Deutschland vermutlich mehr Menschen an solchen Folgen verstorben seien als am Virus selbst. In diesem Zusammenhang betont Ali Ghanem: „Niemand weiß, wie lange wir mit dieser Situation noch zu tun haben. Eine notwendige Behandlung kann man nicht unbegrenzt vor sich her schieben.“ Das gelte gerade auch für Herzpatienten. Mittlerweile sei die Klinik dazu übergegangen, sie gezielt anzurufen.

Laut dem Arzt ist die Sorge vor einem besonderen Infektionsrisiko unbegründet. Zum einen ist Dr. Ghanem zufolge in Neindorf schon seit Wochen kein Corona-Patient mehr behandelt worden. Zum anderen seien mittlerweile alle Krankenhäuser gut vorbereitet. „Das Risiko, sich anzustecken, ist draußen viel größer als in einer Klinik“, betont der Arzt.

Um auf Chancen und Risiken in Sachen Herzgesundheit hinzuweisen, hat sich das Krankenhaus in Neindorf bereits in der Vergangenheit an der Herzwoche des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration Sachsen-Anhalt beteiligt. Dieses Jahr wurde sogar der ganze Juni zum Herzmonat erklärt. Unter normalen Umständen würde es einen Aktionstag mit vielfältigen Angeboten für Erwachsene und Kinder geben. Doch auch das ist wegen Corona nicht möglich. Deshalb haben sich Sabine Reinhold und Ali Ghanem mit der Volksstimme unterhalten, um auf wichtige Punkte hinzuweisen.

Beide Ärzte versichern, dass Herzprobleme nicht nur bei älteren Menschen auftreten. Wie Ali Ghanem erklärt, habe es schon Patienten gegeben, die mit 20 oder 25 Jahren einen Herzinfarkt erlitten hätten. Rauchen und ungesunde Lebensweise würden Herzerkrankungen begünstigen. Unter anderem können sie die Blutgefäße schädigen, die den Herzmuskel versorgen. Eine mögliche Folge ist die sogenannte koronare Herzkrankheit. Die wiederum könne zu einer Schwächung des Herzens führen. Wenn die Blutversorgung nicht mehr ausreichend ist, droht der Infarkt. Einige Anzeichen sind plötzliche, starke Schmerzen hinter dem Brustbein, Bewusstlosigkeit, Engegefühl, Blässe und Atemnot. In solchen Fällen sollte unverzüglich die Notrufnummer 112 gewählt werden. Jede Minute zählt.

Auch Diabetes bringe Risiken für das Herz mit sich und treffe immer mehr junge Menschen. Eine Herzmuskelentzündung infolge eines Infekts kann laut Sabine Reinhold Menschen jeden Alters betreffen. Weitere Risikofaktoren für Herzkrankheiten sind Übergewicht, Bluthochdruck, familiäre Vorbelastung und hohe Cholesterin-Werte.

„Auch Herzrhythmus-Störungen sollte man schon als junger Mensch abklären lassen. Sonst können sie unter anderem zu einem erhöhten Schlaganfallrisiko führen“, verdeutlicht Sabine Reinhold. Im schlimmsten Fall können Rhythmusstörungen auch im plötzlichen Herztod enden, bei dem das Herz aufhört zu pumpen und der Kreislauf binnen Sekunden zusammenbricht. Eine gesunde Ernährung und Ausdauersport würden auf der anderen Seite helfen, Risiken zu senken.

Allgemein müsse die Perspektive nicht düster sein: „Gemeinsam können wir die Erkrankungs- und Sterblichkeitsrate von Herz-Kreislauf-erkrankungen in Sachsen-Anhalt verringern. Erreichen wollen wir dies durch präventive Aufklärung“, sagt Ali Ghanem. Deshalb stellt die Bördeklinik im Herzmonat Juni auf ihrer Internetseite sowie über sogenannte Social-Media-Kanäle Informationsmaterial zur Verfügung.

Eine besondere Aktion ist für Montag, 22. Juni, geplant. An diesem Tag stehen Sabine Reinhold und Ali Ghanem von 11 bis 12 Uhr für die sogenannte Herz-Hotline zur Verfügung. Unter den Telefonnummern 03949/93 52 30 und 03949/93 52 03 widmen sie sich den Fragen der Anrufer. Das Angebot ist kostenfrei.