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Freiwillige Helfer und Experten aus fünf Bundesländern werkeln beim Arbeitsseminar im Harbker Schlosspark Gezielte Ruhestörung am stillen Waschhausteich

Von Hartmut Beyer 23.10.2013, 01:10

Da war es plötzlich vorbei mit der Ruhe im Schlosspark. An mehreren Stellen des grünen Harbker Gartendenkmals brüllten Kettensägen, schlugen Äxte zu und gruben sich Spitzhacken ins Erdreich. Das 11. Parkseminar des Landesprojekts Gartenträume war in seine praktische Phase gegangen.

Harbke l Die etwa 80 Teilnehmer waren nicht nur aus Harbke gekommen. Aus Städten zwischen Kiel und Jena, Berlin und Hannover waren sowohl Fachleute als auch Laien angereist. Schon am Abend zuvor hatten sich Parkfreunde aus Helmstedt und Braunschweig bereit erklärt, für 150 Euro die Patenschaft für einen jungen Baum zu übernehmen. Tatkräftig zeigte sich am Sonnabend Thomas Webel, Landesminister für Landesentwicklung und Verkehr, der im Beisein von Bürgermeister Werner Müller, Landrat Hans Walker sowie der CDU-Landtagsabgeordneten und Harbkerin Gabriele Brakebusch eine Säuleneiche pflanzte.

Dass der Harbker Schlosspark eine echte Perle unter den "wilden" Gärten im Lande darstelle, vermittelten in ihren Vorträgen im Rahmen des Seminars Parkgärtner Rudi Michalke und Rainer Brokof, Landschaftsplaner aus Frell-stedt. "Möchte man einen Park verstehen, muss man ihn in der Zeit seines Entstehens sehen", sagte Michalke und berichtete weiter, dass Graf Friedrich-August von Veltheim 1750 Harbke zum Geburtsort des frühen Landschaftsparks gemacht und den Park in den Mittelpunkt der Forstleute und Gartenkünstler gerückt hatte. Er bezog dafür unter anderem 1400 verschiedene Samen aus London und schuf eine große Baumvielfalt.

Komplexer Arbeitseinsatz

Um 1790 hatte der Landschaftspark selbst unter dem Begriff "Harbkesche wilde Baumzucht" große Bedeutung als überregionaler Pflanzenlieferant gewonnen. Hier hätten mehr Zedern gestanden als im Libanon, wird gern augenzwinkernd behauptet. Den- drologisches Aushängeschild der Anlage ist heute noch der etwa um 1750 gepflanzte Ginkgobaum gleich am Parkeingang neben der Levinskirche. Doch sollte beim Parkseminar des Landesvereins Gartenträume dem gesamten Komplex nebst angeschlossenem Lustwald arbeitsintensive Aufmerksamkeit geschenkt werden.

"Es ist ein ganz, ganz wertvoller Park, wenn man die Geschichte dahinter kennt", urteilt Landschaftsarchitekt Rainer Brokof, der hier seit vielen Jahren schon umtriebig mitwirkt, um dem Harbker Schlosspark einen Teil seiner Ursprünglichkeit zurückzugeben. Harald Binroth von der Eigentümergesellschaft des Lustwalds, spricht von einem "enormen Engagement".

"Erst einmal ordentlich Holzen, das muss sein", hatte Brokof die Seminarteilnehmer auf den Praxisteil eingestimmt, denn es sollten wesentliche Alleen und Sichtachsen herausgearbeitet oder freigeschnitten werden. Die Kettensägen waren dabei hilfreich. So war es zum Beispiel Aufgabe für Reinhold Reich aus Dessau, eine am Haupteingang die Sicht versperrende Erle zu fällen; am Waschhausteich packte Wolfgang Schmiedchen aus Harbke kräftig zu, als dort Buschwerk entfernt wurde. Mit Ernst Scholz war sogar ein ehemaliger Schlossbewohner dabei. Er hatte als Flüchtling 1945 in den historischen Mauern seine erste Unterkunft gefunden. Heute sind diese entweder schon eingestürzt oder einsturzgefährdet.

Mehr als 20 Vereine und Firmen sowie Privatpersonen aus der Region Harbke/Helmstedt haben auf unterschiedliche Weise diese Wochenendaktion unterstützt. "Aufgrund der Vielzahl an Helfern und Versorgungskräften ist es gar nicht möglich, allen persönlich zu danken", sagte ein hochzufriedener Harbker Bürgermeister nach dem Seminar. "Alles hat hervorragend geklappt. Die Gäste aus nah und fern waren von der Hilfsbereitschaft vor Ort beeindruckt und zollten entsprechend viel Lob", so Werner Müller weiter. Für ihn selbst war es besonders erstaunlich, "was in dieser kurzen Zeit im Park und Lustwald geschaffen wurde". Interessierte Besucher könnten sich nun gern davon überzeugen.