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Kriminalität Lücke zwischen Gefühl und Realität

Hat sich die Zahl der Gewaltverbrechen und Körperverletzungen in Oschersleben erhöht?

Von André Ziegenmeyer 26.02.2020, 00:01

Oschersleben l Die gute Nachricht vorneweg: Auf Bundesebene ist die Zahl vieler Verbrechen rückläufig. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervor. Das Bundeskriminalamt hält sie auf seiner Internetseite bereit. Demnach gab es 2018 in ganz Deutschland 61.194 erfasste Fälle von schwerer beziehungsweise gefährlicher Körperverletzung. Im Jahr zuvor waren es noch 61.502 Fälle, 2016 61.281. Das ergibt innerhalb dieser drei Jahre einen leichten Rückgang von 0,14 Prozent. Offizielle Zahlen für 2019 sind nicht verfügbar.

Bei den Bedrohungen ist die Entwicklung deutlicher. Für 2018 sind in der Statistik 103.260 Fälle verzeichnet. Für 2016 sind es 105.184 Fälle. Das ergibt eine Entwicklung von knapp -1,83 Prozent. Bei den Diebstählen sind es sogar -18,4 Prozent in im Vergleich von 2016 bis 2018.

Für das Land Sachsen-Anhalt gibt es ein ähnliches Zahlenwerk. Es findet sich auf der Seite des Landeskriminalamtes. Dabei sind die Werte weniger eindeutig. Das Positive: Von 2017 auf 2018 ging die Zahl der erfassten Delikte allgemein um 5,9 Prozent zurück - und zwar von 186.550 Fällen auf 175.625.

Wer einzelne Straftaten in den Blick nimmt, erhält ein weniger einheitliches Bild. Die Zahl der Körperverletzungen ist demnach zwischen 2017 und 2018 um 2,5 Prozent gestiegen. Bei der sogenannten Gewaltkriminalität stieg der Wert um 2,6 Prozent. Unter diese Rubrik fallen in Deutschland beispielsweise Körperverletzung mit Todesfolge, schwere sexuelle Nötigung, aber auch Mord und Totschlag. Die Zahl der Diebstähle sank dagegen um 7,3 Prozent.

Aber wie sieht es im Landkreis Börde aus? Anhaltspunkte liefert eine Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Kristin Heiß. Daraus geht hervor, dass es 2018 im Landkreis 8893 erfasste Fälle von Kriminalität gab. Im Jahr davor waren es 9189. Das ergibt eine Abnahme um 296 Fälle beziehungsweise 3,2 Prozent. Bei den Körperverletzungen sieht es anders aus: Da gab es 2018 53 Fälle beziehungsweise 7,1 Prozent mehr als 2017.

Wie Matthias Lütkemüller als Pressesprecher des Polizeireviers Börde ergänzt, stieg die Zahl der Diebstähle von 3015 auf 3101 und damit um 2,9 Prozent. Die Bedrohungen seien von 228 auf 212 Fälle und damit um 7 Prozent zurückgegangen. Die polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2019 werde Anfang April vorgestellt.

Außerdem hat die Volksstimme bei Manfred Knechtel vom Weißen Ring nachgefragt. Dabei handelt es sich um eine Hilfsorganisation für die Opfer von Kriminalität. Aus der Erfahrung heraus erklärte Manfred Knechtel, dass viele Menschen das Gefühl hätten, die Zahl der Straftaten nehme zu. Damit einher gehe die Sorge, selbst irgendwann zum Opfer zu werden. „Auch terroristische Anschläge sorgen dafür, dass die Menschen ängstlicher werden“, so Manfred Knechtel. Für alles Weitere verwies er auf die Landeszentrale des Weißen Ringes in Halle. Allerdings blieb eine Anfrage der Volksstimme dort bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Matthias Lütkemüller äußerte sich allerdings ähnlich. Ihm zufolge gibt es eine Schere zwischen Wahrnehmung und nachweisbaren Zahlen.

„Generell lässt sich feststellen, dass das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung nicht mit den tatsächlichen Zahlen übereinstimmt“, fasst Matthias Lütkemüller zusammen. Das hänge unter anderem damit zusammen, dass einzelne Taten heute eine wesentlich größere Aufmerksamkeit erführen. Entsprechend erläutert der Polizei-Pressesprecher: „Die wiederholte mediale Berichterstattung zu ein und dem gleichen Sachverhalt, sowie die unkontrollierte Verbreitung von ‚Meldungen‘ in den sozialen Netzwerken führen dabei zu einer Wahrnehmungsverschiebung.“