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Pläne liegen bereit, aber Klage hat bisher Umsetzung verhindert - Landkreis kündigt Gesprächsrunde an Krottorfer fordert mehr Schutz vor Hochwasser

Von René Döring 02.11.2013, 02:09

Fast 20 Jahre ist es her, als die Bode Krottorf, Hordorf und andere Orte überflutet hat. Doch Hochwasserschutzmaßnahmen sind seither kaum welche realisiert worden. Die Pläne sind zwar fertig, werden aber erst umgesetzt, wenn eine gegen diese Pläne eingereichte Klage vom Tisch ist. Der Landkreis will jetzt vorab aktiv werden.

Krottorf l Es gibt etliche Krottorfer, die können sich noch sehr gut an den 13. April 1994 und die Folgetage erinnern. Seinerzeit hatte sich vor allem aufgrund starker Regenfälle das Wasser der Bode und ihrer Nebenarme unter anderem über Krottorf, Hordorf, den südlichen Oschersleber Ortsrand und weitere Teile des Altkreises Oschersleben hergemacht. Zahlreiche Grundstücke sind meterhoch überflutet worden, der Schaden ging in die Millionen.

Zurückgeblieben sind damals zerstörte Grundstücke und viele Ängste bei den Bewohnern der betroffenen Orte. Aber das Wasser hatte auch die Hoffnung zurückgelassen, dass die zuständigen Stellen Hochwasserschutzmaßnahmen einleiten würde, die eine Wiederholung dieser Katastrophe verhindern. Doch bisher wurde nur eine Menge angekündigt, passiert ist aber nichts.

Hoffnung, dass in Sachen Hochwasserschutz recht schnell etwas passiert, hatte seinerzeit auch der Krottorfer Karl-Heinz Böker, der sich nur ungern an 1994 erinnert. Liegt doch sein Grundstück gleich neben dem Mühlengraben, der eigentlich überschüssiges Bodewasser umleiten soll, aber 1994 genau das nicht geschafft hat, weshalb Bökers Grundstück damals sehr in Mitleidenschaft gezogen worden ist.

Fast 20 Jahre musste Karl-Heinz Böker zuschauen, dass jener Mühlengraben vis á vis ganz und gar nicht auf ein nächstes Hochwasser vorbereitet wird, vielmehr immer weiter zuwächst. Sträucher überall am Ufer, Bäume wachsen gar weit über das Geländer der Mühlgraben-Brücke hinaus. Vom verschlammten Untergrund ganz zu schweigen. Und als jüngst Elbe und Saale mal wieder sehr eindrucksvoll gezeigt haben, was Wasser so alles anrichten kann, da hat sich Karl-Heinz Böker zum wiederholten Mal die Frage gestellt: "Wann werden endlich bei uns in Krottorf die versprochenen Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich der Bode und des Mühlengrabens umgesetzt?"

"Die Maßnahmen werden umgesetzt, wenn das Gericht über die Klage entschieden hat."

Diese Frage beantworten alle zuständigen Stellen nahezu identisch: "Die Maßnahmen werden umgesetzt, wenn das Gericht über die Klage entschieden hat." Und zwar über eine Klage, die von einem Anlieger gegen die vorge- sehenen Hochwasserschutzmaßnahmen eingereicht worden ist.

Wobei das Verwaltungsgericht diese Klage vor mehr als einem halben Jahr in erster Instanz abgelehnt hat. Doch blieb die Ampel auf rot, denn "der Kläger hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt", sagt Jens Kaufmann. Der Mitarbeiter des Flussbereichs Halberstadt des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft ergänzt: "Nun wird die Zulässigkeit der Berufung geklärt." Und wann etwa ist erfahrungsgemäß mit einer Entscheidung zu rechnen? "Das kann dauern", so Jens Kaufmann.

Sollte jedoch in absehbarer Zeit eine Entscheidung fallen und auch die Berufung abgelehnt werden, dann würde das Land die noch erforderlichen Pläne erarbeiten, das notwendige Geld im Haushalt einstellen und die Ausschreibungen der Arbeiten auf den Weg bringen. So dass dann im Bereich Krottorf mit dem Bau der vorgesehenen Hochwasserschutzmaßnahmen möglicherweise im nächsten Jahr, spätestens aber 2015 begonnen werden könnte, wie Kaufmann sagt.

Unter anderem sollen drei Deiche gebaut werden. Ein 895 Meter langer Schutzdeich am linken Bodeufer (in Flussrichtung gesehen) zwischen Wehrwiderlager und Bahndamm, ein 55 Meter langer Schutzdeich rechts der Bode zwischen Wehrwiderlager und Hochufer sowie ein 134 Meter langer Seitendeich am Wieberbreitengraben. Am Mühlengraben ist vorgesehen, die linke und rechte Ufermauer auf einer Länge von 695 Metern zu sanieren, auf einer Länge von 900 Metern Bäume und Sträucher zu entfernen, den Unterwasserteil des Turbinenhauses umzubauen und die Straßenbrücke im Bereich der Krottorfer Avacon-Ausbildungsstelle abzureißen und durch eine "hochwasserfreie Stahlbrücke" zu ersetzen.

Einige dieser Maßnahmen sind den Krottorfern bereits im Oktober 2009 in einer Einwohnerversammlung vorgestellt und versprochen worden. Der damalige Ortsbürgermeister Norbert Kollek hatte seinerzeit Vertreter der zuständigen Behörden eingeladen und aufgefordert, den Bürgern Rede und Antwort zu stehen, warum 15 Jahre nach der Hochwasserkatastrophe noch immer nichts unternommen worden war, um eine Wiederholung zu verhindern.

Die Krottorfer erfuhren damals von einem Vertreter des Landesamtes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft sowie von einem Vertreter des unmittelbar zuständigen Flussbereichs Halberstadt dieser Behörde, dass im Jahr 2003 mit den Planungen für die Hochwasserschutzmaßnahmen im Raum Krottorf begonnen worden ist. Die beiden Informanten gingen zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass 2011 mit dem Bau der Schutzmaßnahmen begonnen wird, weil bis 2008 alle erforderlichen Anträge gestellt sowie Stellungnahmen eingeholt worden waren.

Wonach es auch noch am 8. Dezember 2009 ausgesehen hatte, als alle Stellungnahmen verarbeitet waren und der so genannte Planfeststellungsbeschluss gefasst worden ist. Gegen den jedoch dann Anfang 2010 geklagt wurde, so dass bis heute noch nichts passiert ist.

"Und deswegen sind wir als Unterhaltungsverband Untere Bode auch oft für die Bürger der Prügelknabe."

Auch nicht am Mühlengraben, obwohl der sich ja als "Gewässer 2. Ordnung" bisher nicht in Obhut des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft befindet, sondern für den der Unterhaltungsverband Untere Bode zuständig ist. "Und deswegen sind wir auch oft für die Bürger der Prügelknabe", wie der Unterhaltungsverbandsvorsitzende Horst Höltge sagt. Dabei sei ein Unterhaltungsverband nicht für den Hochwasserschutz zuständig, sondern habe lediglich durch Pflegemaßnamen dafür zu sorgen, dass in diesen Gewässern 2. Ordnung das Oberflächenwasser unproblematisch ablaufen kann. "Und dafür sorgen wir", so Höltge.

Doch da der Mühlengraben in Krottorf für den Hochwasserschutz sehr wichtig ist, will ihn das Land in ein "Gewässer 1. Ordnung" aufstufen, womit dann der Landesbetrieb zuständig wäre. Doch werde das erst passieren, wenn die geplanten Baumaßnahmen für den Hochwasserschutz realisiert sind, wie Jens Kaufmann sagt.

Da das aber aus genannten Gründen nicht heute und auch noch nicht morgen passieren wird, jedoch am Mühlengraben in Sachen Hochwasserschutz so schnell wie möglich etwas geschehen muss, schaltet sich jetzt der Landkreis ein, wie Jens Pasche ankündigt. Der Sachgebietsleiter Wasserwirtschaft des Landkreises Börde weiter: "Wir wollen noch im November alle Beteiligten, wie beispielsweise den Unterhaltungsverband, den Flussbereich Halberstadt des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und auch die Verbandsgemeinde Westliche Börde an einen Tisch holen und beraten, was möglicherweise jetzt schon gemacht werden kann."