Corona Lokale Impfzentren sorgen für Streit
Stadt will Arbeit der lokalen Einrichtungen fortsetzen / Kreis erklärt Projekt für beendet
Oschersleben
Stadtoberhaupt Benjamin Kanngießer hat sich bereits mehrfach positiv über die lokalen Impfzentren geäußert. Sie böten die Möglichkeit, viele Leute binnen kurzer Zeit gegen Corona zu schützen. Außerdem bleibe den Über-80-Jährigen so der Weg ins Haupt-Impfzentrum nach Haldensleben erspart. Deshalb hat der Bürgermeister vorgeschlagen, das Konzept weiter zu verfolgen – zum Beispiel für die Impfung der Über-70-Jährigen.
Dem hat der Landkreis Börde nun eine Absage erteilt, und zwar in Form einer Pressemitteilung. Zunächst finden sich darin lobende Worte. Die lokalen Impfzentren in den Gemeinden seien „der richtige Weg – zur richtigen Zeit“, wird Landrat Martin Stichnoth zitiert. Weiter heißt es: „Mit besonnener Unterstützung der Bürgermeister der 13 Einheits- und Verbandsgemeinden im Landkreis Börde ist das dezentrale Impfmodell für über 80-Jährige ein Erfolg.“ In allen Städten und Gemeinden seien die Erstimpfungen bis zum 26. April erfolgt. Mit entsprechendem zeitlichen Abstand sollen die Zweitimpfungen erfolgen. Aber dann sollen die lokalen Impfzentren Geschichte sein.
Hausärzte rücken in den Fokus
In diesem Zusammenhang verweist der Landkreis auf die mittlerweile angelaufene Impfung durch Hausärzte. „Wegen der weiteren Dezentralisierung durch Arztpraxen und des parallelen Angebotes im Impfzentrum Haldensleben ist keine eigene dezentrale Impfaktion des Landkreises Börde für Personen über 60/70 geplant“, informiert Uwe Baumgart als Pressesprecher des Landkreises.
Mit dieser Auskunft ist Oscherslebens Bürgermeister Benjamin Kanngießer offensichtlich alles andere als einverstanden. Er hat einen Brief an den Landrat verfasst. Dieser ging unter anderem auch an die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates. Der Redaktion liegt das Schreiben ebenfalls vor.
Zunächst rügt das Stadtoberhaupt das Kommunikationsverhalten des Kreises: „Ich habe für die Stadt (…) mehrfach nachgefragt, inwieweit das Weiterführen eines dezentralen Impfzentrums (...) für die Bürgerinnen und Bürger unter 80 Jahren möglich ist. Ihre heutige Presseinformation werte ich dann als abschließende Rückmeldung der Frage. Die Antwort ist nicht nur für mich, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Oschersleben (Bode) unzufrieden stellend.“
Bürgermeister sieht Zentren als Erfolg
Der Bürgermeister betont, dass die Arbeit der dezentralen Impfzentren reibungslos funktioniert habe. Wartezeiten habe es nicht gegeben – im Unterschied zur Einrichtung in Haldensleben. Dort hätten Impfwillige trotz Termin bis zu 45 Minuten warten müssen, bis sie an der Reihe waren.
Auch sonst scheint es bei der Zusammenarbeit von Stadt und Kreis Schwierigkeiten gegeben zu haben: „Schon im ersten Turnus der Impfungen für die Gruppe der Über-80-Jährigen habe ich angeboten, die Terminkoordination selbst zu übernehmen. Dies wurde vom Landkreis aus mir immer noch nicht plausibel dargestellten Gründen abgelehnt“, fährt Benjamin Kanngießer fort. „Auch wurde mir nicht erklärt, warum der Landkreis so stark in den Rücklauf der Kontaktbögen eingebunden werden musste.“ In anderen Landkreisen sei das anders gelaufen. Dort hätten die Gemeinden eigenständiger arbeiten dürfen und seien ihrer Aufgabe dabei vollauf gerecht geworden.
Vor allem aber weist der Bürgermeister auf Folgendes hin: „Unser Impfzentrum ist eingerichtet und wartet auf die nächste Runde. Es werden vorhandene Kapazitäten ungenutzt gelassen“, heißt es in dem Schreiben. „Warum setzt man diesen guten Weg nicht fort (…)?“
Helfer und Ärzte stünden bereit
Wie der Bürgermeister ausführt, könne man die Gemeinden ruhig stärker einbinden. „Wir könnten kurzfristig die nächste Altersgruppe befragen, ob sie sich und mit welchem Impfstoff sie sich impfen lassen würden. So könnten wir auf die unterschiedliche Verfügbarkeit der einzelnen Vakzine vorbereitet sein“, erklärt Benjamin Kanngießer.
Es gebe bereits Rückmeldungen von Ärzten, die sich vorstellen könnten, tageweise im lokalen Impfzentrum zu arbeiten. Auch gebe es zahlreiche Freiwillige, auf deren Unterstützung man bauen könne. Die Voraussetzungen seien also da und sollten auch genutzt werden. „Es wäre für alle einfacher, schneller und mit kurzen Wegen verbunden“, so der Bürgermeister.