Oschersleber Schulen in der PandemieNicht genügend Sozialarbeiter an Europaschule und Sekundarschule V in Oschersleben
Schulsozialarbeiter sind in der Pandemie von noch größerer Bedeutung, doch der Bedarf an Oschersleber Schulen ist nicht annähernd gedeckt. Schulleiterin Petra Gerloff von der Sekundarschule V und Schulleiter Toralf Schröder von der Europaschule zeigen sich besorgt.

Oschersleben - Dass sich prekäre Familienverhältnisse weiter verschlimmern, ist eine große Sorge in der Pandemie. Gleichzeitig haben Lehrer jetzt noch weniger Zeit, betroffenen Kindern zuzuhören und diese individuell zu unterstützen. Schulsozialarbeiter könnten hier Abhilfe schaffen, doch von ihnen gibt es viel zu wenige, zumindest in Oschersleben.
In den fünf Grundschulen und drei weiterführenden sowie der berufsbildenden Europaschule ist derzeit genau eine Schulsozialarbeiterin im Einsatz, an der Grundschule Alexander-Puschkin. Eine zweite Sozialarbeiterin ist an der Oschersleber Europaschule eingesetzt, die sich jedoch seit September wegen Schwangerschaft im Berufsverbot befindet. „Es war leider nicht möglich, eine Vertretung zu bekommen, das bedauern wir sehr“, sagt der Schulleiter der Europaschule, Toralf Schröder.
Petra Gerloff, die Schulleiterin der Sekundarschule V in Oschersleben, kämpft bereits seit vielen Jahren um einen Schulsozialarbeiter an ihrer Einrichtung. Aus dem Bildungsministerium des Landes habe es zwar immer wieder Versprechungen gegeben, dass zumindest jemand im Rahmen einer halben Stelle an der Sekundarschule V eingesetzt werde, so Gerloff. „Bisher ist jedoch nichts geschehen“, zeigt sich die Schulleiterin enttäuscht. In ihrer Einrichtung sei ein Schulsozialarbeiter dringend erforderlich. Viele der Mädchen und Jungen würden aus schwierigen Lebensverhältnissen stammen.
Viele Schüler aus schwierigen Verhältnissen
Die Koordinierungsstelle „Schulerfolg sichern“ wird von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung getragen. Sie fördert auf Landesebene die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule und entwickelt unter anderem Qualitätsstandards für gute Praxis von Schulsozialarbeit. Sophie Lindner, zuständig für die Programmkommunikation, sagt: „Insgesamt werden landesweit 380 Schulsozialarbeitende an 350 Schulen eingesetzt.“ Aus wissenschaftlicher Sicht werde empfohlen, bei 150 Schülern eine Vollzeitstelle der bedarfsorientierten Schulsozialarbeit zur Verfügung zu stellen. Dieser Verteilungsschlüssel sei 2015 auf dem Bundeskongress Schulsozialarbeit in Dortmund als zukünftiger Anspruch formuliert worden.
An der Oschersleber Europaschule werden derzeit 550 Schüler in Vollzeit unterrichtet, teilt Schulleiter Toralf Schröder weiter mit. Auch dort stamme ein erheblicher Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus bildungsfernen Milieus. Insbesondere für diese Schüler seien Sozialarbeiter wichtig, weil sie unter anderem Ansprechpartner für individuelle Problemlagen der jungen Männer und Frauen sind. Über die Sozialarbeit könnte laut Schröder Konfrontationspotenzial, das sich anderswo im Schulalltag entlädt, verringert werden und so ein größerer Lernerfolg erzielt werden. Leider sei das derzeit jedoch nicht möglich. An der Sekundarschule V gibt es aktuell etwa 250 Schüler (Stand 2018/2019).
Finanziert würden die derzeit 380 eingesetzten Schulsozialarbeiter im Land Sachsen-Anhalt zu 80 Prozent aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und zu 20 Prozent aus Landesmitteln, sagt Josefine Hannig, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bildungsministerium des Landes. In Zahlen entspricht das über 115,7 Millionen Euro aus EU- und knapp 29 Millionen Euro aus Landesmitteln in der Förderperiode 2014 bis 2020.
Auch Kommunen und Gemeinden haben die Möglichkeit, Sozialarbeiter an ihren Schulen zu finanzieren. „Diese haben aber oft nicht genügend Geld dafür“, sagt die Pressesprecherin weiter. Eine Anfrage an die Stadt Oschersleben, ob finanzielle Unterstützung für Schulsozialarbeit seitens der Stadt möglich ist, blieb unbeantwortet. Ob das Land mehr investieren könnte, wollte Josefine Hannig nicht beantworten. Der Fachkräftemangel auf dem Gebiet der Sozialarbeit sei aber definitiv ein Problem.
Fachkräftemangel ist ein Problem
In der vergangenen Förderperiode hätten die Schulen mit Bedarf an Schulsozialarbeit einen Antrag auf einen Schulsozialarbeiter stellen können, so Hannig weiter. Daraufhin hätten die Kommunen und Gemeinden Priorisierungslisten erstellt, nach denen sich die Verteilung seitens des Landes richtete. Dabei habe man sich laut Hannig hauptsächlich auf Grund- und Sekundarschulen konzentriert. Eine Prognose, wie viele Mittel und Fachkräfte in der kommenden Förderperiode zur Verfügung stehen werden, kann die Pressesprecherin noch nicht abgeben. Auch können Schulen sich noch nicht für die bereits begonnene Förderperiode 2021 bis 2027 bewerben. Den Einrichtungen von Toralf Schröder und Petra Gerloff, käme schnelles Handeln jedenfalls zupass. „Mit der Pandemie werden die Probleme nicht weniger“, sagt die Schulleiterin der Sekundarschule V.