Wassertourismus Paddeln auf der Bode bei Gröningen: Warum Wassersportler gefährdet sind
Die Paddelstrecke zwischen Wegeleben und Gröningen galt bei Wassersportlern bisher als Idylle. Wie die Strecke mittlerweile zur Gefahr wird.

Gröningen - Das Wetter zeigt sich nach etlichen Regentagen noch einmal von seiner schönsten Seite. Einige wenige Dauercamper sind auf dem Campingplatz von Betreiber Hans-Peter Lemgau noch zu finden. Diesen schönen Nachmittag wollen sie noch einmal für eine Paddeltour nutzen. Da es in diesem Jahr einige Probleme auf der Bode gab, steigt der Hans-Peter Lemgau selbst ins Boot.
Die schöne, von einer einzigartigen Natur gesäumte Strecke zwischen dem Einstieg in Wegeleben und dem Campingplatz Gröningen hat viele Fans. Alljährlich sind hier zwischen April und vielleicht noch Oktober viele Wassersportfans unterwegs.
Touren müssen abgesagt werden
Für diese Saison muss Hans-Peter Lemgau allerdings ein eher kritisches Fazit ziehen: „Wenn die Saison fünf Monate läuft, in der das Geld verdient wird und davon aber anderthalb Monate nicht oder nur mit Einschränkungen gepaddelt werden kann, dann sind das erhebliche Einbußen“, so Bootsverleiher und Campingplatzbetreiber Hans-Peter Lemgau. Mehrfach musste er gerade an den Wochenenden Touren absagen, erst Recht, wenn es Schulklassen und Familien mit Kindern betraf. „Es war und ist einfach zu gefährlich“, so Lemgau.
Mit welchen Problemen der Bootsverleiher sich in den vergangenen Wochen herumschlagen musste, wird auf der Tour zwischen Wegeleben und Gröningen deutlich. Zunächst ist alles schick. Fernab jeglichen Verkehrslärms gleiten wir dahin und genießen die Ruhe. „Vielleicht sehen wir ja einen Eisvogel“, sagt Hans-Peter Lemgau. Das Glück war der Gruppe hold, auch wenn der wunderschöne Vogel leider viel zu schnell verschwunden ist.
Sturm wirft Bäume um
„Nach einem Sturm sind vom Ufer, das von zahlreichen und vor allem alten Bäumen gesäumt wird, etliche große Äste abgebrochen, ja sogar etliche Bäume umgestürzt und liegen quer im Gewässer und versperren den Fluss auf der gesamten Breite. Sie können gerade für ungeübte Paddler zur Gefahr werden. Mehrfach habe ich das Landesamt für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) darüber informiert, ohne dass sich etwas getan hätte“, muss Hans-Peter Lemgau feststellen.
Ehe die Gruppe gemeinsam mit den Dauercampern den „Hafen“ am Campingplatz erreicht, gibt es mehrere Situationen, in denen die ansonsten gemütliche Tour zum Abenteuertrip wird. Ein Durchkommen ist stellenweise kaum möglich. Andererseits konnte vom Gewässer aus beobachtet werden, dass anscheinend eine Firma mit Baumschnittarbeiten zumindest am Ufer beauftragt worden ist.
Warum nicht beräumt werden kann
Eine Nachfrage der Volksstimme-Redaktion, voran die Beseitigung der Probleme auf der Bode scheitern, beantwortet LHW-Pressesprecherin Christina Bendigs: „Der Bodeabschnitt zwischen Gröningen und Wegeleben, der bevorzugt von den Gästen des Kanuverleihs von Hans-Peter Lemgau befahren wird, ist überwiegend beidseitig mit einem alten Bestand aus großen Bäumen wie Eschen, Erlen, Weiden und Pappeln und einem fast lückenlosen Unterwuchs aus Sträuchern und jungen Gehölzen bewachsen. Dies macht sicherlich auch den Reiz dieser Kanustrecke aus. In diesem Jahr gab es nach mehreren Gewitter- und Sturmereignissen umgestürzte Bäume an allen Gewässern des Flussbereiches, nicht nur im genannten Bodeabschnitt. Für die zeitliche Abfolge der Beräumung der Bäume sind der Umfang der Abflussbehinderung hinsichtlich des Hochwasserschutzes und die Gefährdung von Anliegern, Gewässernutzern und Bauwerken ausschlaggebend. Entsprechend werden unsere Mitarbeiter und unsere Rahmenvertragspartner zur Beräumung der Flüsse und Bäche eingesetzt“, erklärt die Pressesprecherin.
Teilweise abweichend von diesem Grundsatz seien in diesem Jahr bereits auf telefonische Anforderung vom Bootsverleiher und Campingplatzbetreiber Lemgau in mehreren kurzfristigen Einsätzen in die Bode gefallene Bäume entlang der Kanustrecke beräumt worden, um die bereits gebuchten Kanutouren an den folgenden Wochenenden zu ermöglichen. Hans-Peter Lemgau muss in dieser Hinsicht allerdings berichten, dass eine Firma, die das Beräumen zugesagt hatte, kurzfristig abgesagt hat. Wenn dann zugesagte Paddeltouren genauso kurzfristig wieder abgesagt werden müssen, komme das natürlich nicht gut bei den Wassertouristen an.
Zeiten für Arbeiten sind festgelegt
Nicht akut abflussbehindernde beziehungsweise von den Kanufahrern umfahrbare Bäume könnten erst im Rahmen der derzeit laufenden Arbeiten beräumt werden. „Weil im gesamten Bodeabschnitt die Unterhaltungszugänglichkeit durch die bis an den Gehölzsaum der Bode reichende landwirtschaftliche Flächennutzung die Beräumung stark einschränkt und zeitlich limitiert. Um in die Bode gekippte große Bäume bergen zu können, muss in der Regel mit der entsprechenden Technik über Acker- und Wiesenflächen gefahren werden. Das ist erst nach deren Abernten und in Abstimmung mit den Landwirten möglich“, erklärt Christina Bendigs.
Ausstiege schaffen
Zudem sei im gesamten Bodeabschnitt die Zugänglichkeit am Standort der umgebrochenen Bäume überwiegend nur durch den Freischnitt im Gehölzbestand am Bodeufer möglich.
„Die Zugänglichkeit zum Gewässer ist nicht durchgängig im genannten Abschnitt durch Gehölze oder Äcker versperrt, die angrenzenden Wiesen können durchaus befahren werden, ja es gibt sogar befahrbare Wege entlang der Strecke“, weiß Lemgau.
Das Bundesnaturschutzgesetz schreibt für diese Arbeiten die Zeit vom 1. Oktober bis 28. Februar vor. „Ergänzend möchten wir darauf hinweisen, dass sich die Ufergehölze nicht im Eigentum des LHW befinden. Die Verkehrssicherungspflicht für den Gehölzbestand obliegt dem jeweiligen Grundstückseigentümer“, betont die Pressesprecherin.
Infolge des letzten Gewittersturms seien die wenigen Unterhaltungszufahrten im Bereich der Ufergehölze durch umgekippte Bäume oder abgebrochene Äste versperrt gewesen. Diese Zufahrten werden laut LHW derzeit beräumt und freigeschnitten. Danach erfolge die Beräumung der noch in der Bode liegenden Bäume.
Tourismus entlang der Bode fördern
Die Bode ist Teil des FFH-Gebietes Bode und Selke im Harzvorland. Daher ist die Entnahme von Totholz aus dem Gewässer auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Totholz verbessert die Gewässerstruktur und dient als Unterstand und Laichhabitat für den Fischbestand, heißt es weiter in der Pressemitteilung.
„Für die Bode gibt es eine ganze Reihe von Nutzungsansprüchen, die mit der Funktion der Bode als unverzichtbarem Lebensraum im Naturhaushalt in Einklang zu bringen sind. Das gelingt nicht immer sofort und auf Zuruf. Hier bedarf es des Verständnisses“, fasst Christina Bendigs zusammen.
Klaus-Peter Lemgau verlange gar nicht, dass jeder Ast oder jedes andere Gehölz aus dem Fluss entfernt wird. Aber im Fall der querliegenden Bäume, die ein Durchkommen verhindern, sieht er auch den vorbeugenden Hochwasserschutz außer Kraft gesetzt. Er blickt in Richtung Salzlandkreis, wo in Sachen Wassertourismus am gleichen Fluss, also an der Bode, ganz andere Anstrengungen unternommen werden, um den Tourismus entlang und auf der Bode voranzutreiben. So werde hier vor allem in Ausstiege investiert.