Polizeieinsatz Drogenrazzia in Ampfurth

Ein SEK-Trupp stürmt die ehemalige Gaststätte "Zur Grünen Tanne" in Ampfurth (Landkreis Börde). Grund ist eine Drogenplantage.

Von Yvonne Heyer 17.06.2020, 22:04

Ampfurth l Gäbe es die optische Telegraphenstation im Ampfurther Burgturm anno 2020 noch, hätte der Telegrafist am Mittwoch (17. Juni) ordentlich zu tun gehabt, um von Ereignissen, die sich zu seinem Fuße ereigneten, zu berichten. Das übernehmen im Zeitalter von Instagram, Facebook und Whatsapp diese modernen Medien. Kein Wunder also, dass nur wenige Minuten, nachdem am Mittwoch Polizisten die einstige Gaststätte „Zur Grünen Tanne“ gestürmt hatten, das für das beschauliche Ampfurth spektakuläre Ereignis „rum“ war.

Nur über den Grund des Polizeieinsatzes wurde lange spekuliert und auch von der Polizei gab es den ganzen Tag über nur spärliche Angaben. Nur soviel bestätigte das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt: Es handele sich um Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Federführend waren Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft, die hiesige Polizei leistete Amtshilfe.

Keine Auskunft gab es auch, ob ein ebenfalls spektakulärer Polizeieinsatz in Wanzleben damit im Zusammenhang steht. Laut Anwohnerangaben hatten zur Mittagszeit mehrere Polizeifahrzeuge, davon mindestens eines mit Berliner Kennzeichen, an der Lindenpromenade Richtung Klein Wanzleben ein flüchtendes Auto gestellt. Zwei Männer seien festgenommen worden.

Eigentlich wollten die Ampfurther in diesen Tagen ihren 875. Dorfgeburtstag feiern. Das Fest ist aus bekannten Gründen abgesagt. Nun kommt Ampfurth doch noch zu einem besonderen, wenn auch fragwürdigen, Ereignis. Fakt ist, dass die einstige Gaststätte „Zur Grünen Tanne“ zur Dorfgeschichte einfach dazu gehört. In der Gaststätte haben sich die Männer zum Feierabendbier getroffen. Im dazugehörigen Saal haben die Karnevalisten ihre Prunksitzungen gefeiert, haben ganze Generationen von Kindergartenkindern und Eltern Märchen aufgeführt, fanden viele Familienfeiern statt. Bis vor mehr als sieben Jahren der Gastwirt aufgab, das Gebäude erstmals verkauft wurde. Vor gut drei Jahren habe das Gebäude erneut den Besitzer gewechselt, hieß es.

Für 999 Euro sei es im Internet versteigert worden. Ein älterer Herr sei eingezogen, der immer mit dem Bus unterwegs war. Erst seit kurzem scheint er ein Auto zu besitzen, spekulieren die Leute am Straßenrand. Sie alle, ob Jung oder Alt, beobachten das Geschehen entlang der Ortsdurchfahrt. Unzählige Polizisten bevölkern das Areal rund um das Gebäude. Sie gehen in das Haus, kommen wieder heraus, telefonieren und warten, dass die Spurensicherung das Gebäude frei gibt. Drogenspürhund Ilauy steckt seine Nase in die kleinste Ritze eines möglichen Täterfahrzeugs. Eine ganze Reihe von Lkw rückt später an.

Die Meinung der „Zuschauer“ ist mehrheitlich: Schon länger haben sie geahnt, dass im Haus nicht alles mit rechten Dingen zu gehen kann. Erst recht, als 2019 die Fenster in der Fassade zur Straße zugemauert worden sind. Dort, wo sich einst der Konsum und ein Lagerraum der Gaststätte befanden. Mehrere Leute wollen beobachtet haben, dass nachts Action war. Eine Frau berichtet, dass, bevor das letzte Fenster zugemauert wurde, junge Leute zahlreiche Säcke mit Erde in das Haus getragen haben. Andere wiederum haben ein grelles, hässliches Licht im Haus ausmachen können. Aber der ältere Herr habe auch immer für Ordnung rings um das Haus gesorgt, die Straße gefegt. Vielleicht um nicht aufzufallen? Sagen wiederum andere Zuschauer.

„Was ist mit unseren Katzekindern?“ fragen aufgeregt Michaela Präger und Vanessa Eiling. Erst vor zweieinhalb Wochen hätten sie dem älteren Herrn die Kätzchen gebracht. Polizisten berichten, dass die Katzenkinder wohlauf sind. Nur wenige Minuten später können die Oschersleberinnen Kater und Katze in Empfang nehmen.

Und nicht nur Ampfurth kocht an diesem Tag ein schwieriges Thema hoch: Der Verkauf von leer stehenden Gebäuden in den Dörfern hat die Kommunen schon des Öfteren im Nachhinein vor so manches Problem gestellt.