1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. Wenn das Haustier verschwindet

Suche Wenn das Haustier verschwindet

Eine Dalldorferin wartet seit einem Jahr darauf, dass ihre Katze zurückkehrt. Sie ist kein Einzelfall. Was und wer einem bei der Suche hilft.

13.10.2019, 08:00

Dalldorf l Möglicherweise ist Ursel nicht weggelaufen, sondern weggefahren. „Sie ist sehr neugierig und hat gerne Autos erkundet. Wenn zum Beispiel ein Handwerker kam, hat Ursel sofort den Wagen inspiziert“, blickt Denise Jura zurück. Möglicherweise hat jemand die Katze als Passagier mitgenommen, ohne es zu merken.

Vor etwa vier Jahren hat Denise Jura die schwarze Katze mit den gelb-grünen Augen aus dem Tierheim Halberstadt geholt. „Normalerweise ist Ursel immer in Rufweite geblieben“, erklärt Denise Jura. Bis zum 11. Oktober 2018. An diesem Tag verließ Ursel ziemlich früh das Haus – etwa zwischen 6.30 und 7 Uhr. „Als ich von der Arbeit nach Hause kam, habe ich gesehen, dass das Futter noch unangetastet. Da wusste ich, dass etwas passiert war“, so Denise Jura.

Die Dalldorferin verteilte Handzettel. Erst in der Nachbarschaft, dann im Dorf, schließlich in einem größeren Bereich. Sie druckte Plakate und hängte sie auf – am Ende in einem Gebiet von rund 120 Quadratkilometern. Bis heute hat sie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Ursel wiederzufinden. Aber am Anfang stand sie vor einem Problem: „Ich wusste nicht, wer meine Ansprechpartner sind, wer mir helfen kann.“ Mit dieser Erfahrung steht die Dalldorferin nicht allein da. Immer wieder laufen Tiere fort oder kehren am Ende des Tages nicht nach Hause zurück. Viele Besitzer fühlen sich hilflos.

„Die meisten Tierhalter sind in solchen Momenten emotional sehr aufgelöst“, erklärt Laura Simon. Sie ist die Pressesprecherin von Tasso – Europas größtem kostenlosen Tierregister. Aus dem Landkreis Börde sind dort 7598 Tiere eingetragen. Dazu gehören 6260 Hunde und 1323 Katzen. Aber auch eine Schildkröte. Andernorts sind laut Laura Simon sogar Kamele und Lamas registriert. Auch Vögel lassen sich mit einem Chip ausstatten. Neben Tasso gibt es weitere Register, wie zum Beispiel Findefix vom Deutschen Tierschutzbund. Ihr Sinn besteht darin zu helfen, wenn Menschen Tiere vermissen oder finden. Wobei das mit dem „Finden“ so eine Sache ist. Ausgebüxte Hunde sind leicht zu erkennen, weil es in Deutschland keine Straßenhunde gibt, erklärt Laura Simon. Bei Katzen ist das schwieriger, weil es in jedem Ort Freigänger gibt. Die Tasso-Sprecherin rät, die Tiere zunächst zu beobachten. Fremde Katzen zu füttern, sei tendenziell ein Problem. Dann kämen sie immer wieder und würden eventuell aus diesem Grund nicht mehr nach Hause zurückkehren.

Für Besitzer sei es hilfreich, ihr Tier kennzeichnen zu lassen. Das ist zum Beispiel durch eine Tätowierung möglich. Alternativ kann ein Tierarzt einen Chip mit einem Transponder per Injektion unter die Haut bringen. Das hat Laura Simon zufolge mehrere Vorteile. Tätowierungen können verblassen. Und: „Es gibt keine zentrale Datenbank, wo alle Nummern der Tätowierungen gelistet sind. Die Tierärzte legen ihre Codes selbst fest. Es kann zu Doppelungen kommen“, erläutert Simon. Die Zahlenfolge der Transponder sei immer eindeutig.

Selbst wenn ein Tier bereits verschwunden ist, lässt es sich anhand der Nummer noch registrieren. Zur Not ermöglichen Tierregister auch eine Suche anhand von Fotos und Beschreibung. Es gibt ehrenamtliche Helfer, die Verlustmeldungen über soziale Medien verbreiten. Im Zweifel druckt Tasso sogar Plakate und schickt sie dem Halter des Tieres zu - kostenlos.

Denn es gibt eines, von dem Laura Simon abrät: „Wir empfehlen, selbst keine Suchplakate zu machen, weil die Leute dann ihre Kontaktdaten veröffentlichen.“ Das Gleiche gelte für die Suche im Internet. Es gebe Menschen, die sich dann bei den Besitzern melden und vorgeben, das Tier zu haben. Anschließend würden sie Geld für dessen Freilassung verlangen. Auf diese Weise würden Eigentümer abgezockt. Der Weg über ein Tierregister vereitele das. Solche Erfahrungen musste Denise Jura nicht machen. Dafür hat sie nach eigener Aussage beim Kontakt mit kommunalen Stellen erlebt, dass diese sich für nicht zuständig erklären oder jeweils aufeinander verweisen.

Wer ein Tier findet, sollte laut Tasso aber unbedingt eine offizielle Meldung beim Fundbüro erstatten. Darüber hinaus könne man das nächste Tierheim kontaktieren. Dort gebe es in der Regel ein Lesegerät, das die jeweilige Chipnummer anzeigt. Das kann auch ein Tierarzt machen. Aber wer ohne Umweg über das Tierheim direkt in eine Praxis geht, muss laut Laura Simon in der Regel für das Auslesen bezahlen.

Weil es in Oschersleben kein Tierheim gibt, hat Denise Jura die Einrichtungen in Halberstadt, Quedlinburg und Derenburg kontaktiert. Sie hat sogar die Facebook-Gruppe „Vermisste/gefundene Haustiere Börde“ ins Leben gerufen, um Menschen in ähnlichen Situationen zu helfen. Außerdem hat die Dalldorferin verschiedene Tricks ausprobiert, zum Beispiel die „Heimwärtsschleppe“. Dabei kann man Duftspuren anlegen, die nach Hause führen und Tieren helfen, die sich nur verirrt haben. Mittlerweile hat sich Denise Jura selbst ein Chip-Auslesegerät gekauft. Damit untersucht sie sogar Tiere, die tot am Straßenrand liegen.

Auf diese Weise würden Besitzer auch im Todesfall erfahren, was aus ihrem Hund oder ihrer Katze geworden ist. „Es gibt für Halter nichts Schlimmeres als die Ungewissheit“, bekräftigt Laura Simon von Tasso. Auf der anderen Seite gebe es Fälle, in denen Tiere selbst nach acht oder zehn Jahren wieder ausfindig gemacht werden konnten. Denise Jura jedenfalls gibt nicht auf. Zu den besonderen Merkmalen von Ursel zählen ein einzelnes, weißes Barthaar und ein graues Halsband mit kleinen Reflektoren. Wer die Katze gefunden hat, kann sich unter 0160/811 36 03 melden.