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Digitalisierung in der Schule Wie die Europaschule Oschersleben die virtuelle Realität im Unterricht einsetzt

Als eine der ersten in Sachsen-Anhalt setzt die Europaschule Oschersleben die virtuelle Realität im Unterricht ein. Welche Hürden zu nehmen waren und wie es jetzt in der Praxis läuft.

Von Jan Dahms Aktualisiert: 06.03.2024, 20:02

Oschersleben - Vorsichtig rüttelt Emma Krause an den Schultern einer bewusstlosen Person. Als die Reaktion ausbleibt, greift sie sich das Handy und wählt den Notruf. Wenig später führt sie schon die Herzdruckmassage aus. Jedoch kommt bei dieser Übung keine Reanimationspuppe zum Einsatz.

Mittels einer VR-Brille bewegt sich die 15-Jährige in einem virtuellen Raum. Das Szenario verfolgen dabei ihre Mitschüler an der digitalen Tafel und geben Ratschläge. „Es ist doch anders als man denkt. Ich komme damit aber zurecht“, sagt die Schülerin, die gerade eine Ausbildung zur Assistentin für Ernährung und Versorgung absolviert, nach ihrer Premiere mit einer VR-Brille. „Ich hatte Bedenken, dass einem davon schlecht wird. Das war aber gar nicht der Fall. Es macht schon Spaß“, ergänzt ein Mitschüler.

Seit Schuljahresbeginn werden in der Europaschule Oschersleben insgesamt über 20 VR-Brillen im Unterricht eingesetzt. Damit gehört die Berufsschule zu den ersten Schulen in Sachsen-Anhalt, die diese Technik in den Kursen integrieren. Bis die virtuelle Realität allerdings zum ersten Mal im Klassenraum Einzug gehalten hat, musste etwa ein Jahr Vorarbeit geleistet werden, erzählt der Lehrer Tommy Wende. Er koordiniert das VR-Projekt an der Schule. „Es ist tatsächlich nicht einfach so, dass ich eine VR-Brille aufsetze und alles funktioniert“, schildert er im Rückblick.

Zusammen mit einem kleinen Team von Kollegen wurden nach und nach unter anderem Antworten auf die Fragen gefunden, welche Brillen zum Einsatz kommen, welche Programme für Unterrichtsinhalte genutzt werden können und wie die Technik eingesetzt wird. „VR-Brillen gibt es schon relativ lange am Markt. Es gab aber nie einen Anwendungsbereich in der Bildung. Momentan kann man sagen, dass es erste Möglichkeiten gibt, das Ganze anzuwenden, weil die technischen Spezifikationen jetzt halbwegs passen“, so Wende. Mit dem TÜV-Süd habe man zudem einen Kooperationspartner gefunden, „der für unseren Bildungsbereich in der Berufsbildung sehr gute Applikationen zur Verfügung stellt“, teilt Wende mit.

VR-Brillen auch für Azubis der Lagerlogistik einsatzbereit

Neben der ersten Hilfe werden die VR-Brillen derzeit auch bei anderen Themen genutzt. So werden etwa Azubis im Gesundheits- und Pflegewesen in die virtuelle Realität geschickt, um etwa Skelette auseinanderzunehmen. Zudem hätten jetzt angehende Fachkräfte für Lagerlogistik die Möglichkeit, beim Thema Ladungssicherung virtuell einen Lkw zu beladen und gleich ausprobieren, ob es funktioniert. „VR erlaubt das Fehlerlernen“, schildert Wende, „ich kann es neu probieren, bis ich es draufhabe und vermeide so Fehler in der Praxis.“ Künftige Anwendungsbereiche gebe es demnach bei der Kfz- und Elektrotechnik.

Wie der Schulleiter der Europaschule Toralf Schröder betont, solle der Einsatz dieser Technik nicht in eine Spielerei ausarten. „Es muss für den Unterricht einen Mehrwert bringen, dass man sagt, mit der VR-Brille lernen die Schüler den Unterrichtsstoff wesentlich einfacher, schneller oder auch intensiver, als wenn der Lehrer das theoretisch erklärt“, betont Schröder. Der gezielte Einsatz der virtuellen Realität im Unterricht habe demnach bereits die Motivation der Schüler steigern können. Er sei dankbar für die intensive Arbeit der Kollegen, die sich bei diesem Thema engagiert hätten.

Wohl auch, weil die Europaschule nun auch als innovativer Vorreiter in diesem Bereich gilt. So berichtete das VR-Team kürzlich auf der Bildungsmesse „Didacta“ in Köln von ihren Erfahrungen. Die Berufsschule hat etwa 35.000 Euro in das VR-Projekt investiert. Finanziert wurde es durch das sogenannte Aufholprogramm nach Corona aus Bundes- und Landeskassen. Das Projekt könne nun für drei Jahre laufen. Perspektivisch müsse danach auch der Schulträger mit ins Boot geholt werden, um es weiter zu finanzieren, meint der Schulleiter.