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Erntehelfer Spargelacker statt Holzfabrik

Dass die Grenzen wegen der Corana-Pandemie dicht sind, sorgt vielleicht noch nicht für materielle, aber für personelle Engpässe.

Von Ralf Franke 01.04.2020, 01:01

Seehausen/Schönberg l Dem Edelgemüse selbst würde ein Jahr Ernteausfall nichts ausmachen. Im Gegenteil: Das Kraut könnte vom ersten Tag an schießen und die Wurzeln könnten noch mehr Kraft für das kommende Frühjahr tanken. Aber den betroffenen Landwirten geht es wie anderen Unternehmen. Sie haben investiert und brauchen die Einnahmen.

Das schwächste Glied in der Kette ist einmal mehr der Mensch. Auf dem Teller ist der Spargel beliebt, nur ernten wollen ihn die wenigsten. Den Knochen-Job erledigen oft osteuropäische Erntehelfer. Mit der Grenzschließung fallen den meisten Betrieben aber die Stammkräfte aus, wenn sie nicht schon im Land waren. So wie beim Spargelhof Plätz, wo ein Teil des Gemüses beheizt unter Folie getrieben wird und schon jetzt in die Ernte geht.

Beim klassischen Spargel­anbau fällt die Erntesaison in den Mai und Juni. Betriebe wie die Schönberger Gemüsehof GmbH, die nur Folie zur Ernteverfrühung nutzen, pflügen die Dämme in den kommenden Tagen hoch. Betriebsleiter Joachim Lange hat in der rund fünf Hektar großen Anlage zwar die ersten Knospen auf Bodenniveau entdeckt. Die Ernte wird aber erst Ende April auf Touren kommen, um in Schönberg selbst, in Seehausen, Arendsee, Salzwedel, Perleberg oder Bad Wilsnack vermarktet zu werden. Und das ohne die vertrauten Stammkräfte aus Polen. Zehn rumänische Gastarbeiter, die in ihrem Holz verarbeitenden Unternehmen derzeit auf Kurzarbeit sind, hat sich Lange inzwischen vertraglich als Ersatz für die ausgefallenen Saisonkräfte sichern können. Wie die Leute „einschlagen“ weiß er allerdings noch nicht.

Carsten Steinke, Leiter der Agrargenosschaft Seehausen, erklärt im Gespräch mit der Volksstimme, dass man bislang immer versucht habe, die Ernte auf den verbliebenen sechs Hektar (in Hochzeiten waren es einmal 24) mit Leuten aus der Region zu stemmen. Die Schwierigkeiten, geeignete Saisonkräfte zu bekommen, seien dieselben wie in anderen Jahren. Der Saison-Job sei für hiesige Hilfeempfänger aus vielen Gründen zu unatraktiv.

Dass der Bund den Weg für die Beschäftigung von Asylbewerbern freimachen will, weiß er. Versuchen würde er es auf jeden Fall. Vier bis fünf Spargelstecher könne der Betrieb für die 2020er Saison noch gut zur Unterstützung der eigenen Leute, die den Spargel vor Ort in der Sortieranlage, in Seehausen, Osterburg und Arendsee verkaufen, gebrauchen.

Ansonsten läuft das Tagesgeschäft in der AG Schönberg derzeit trotz Corona-Krise ebenso normal wie in Schönberg. Die Zuckerrüben sind in der Erde, die Winterfrüchte abgedüngt, das Saatbett für den Mais ist in Arbeit.

Abstand halten, so Steinke, sei in der modernen Landwirtschaft meist relativ leicht zu handhaben, weil die Traktoristen die meiste Zeit ohnehin Einzelkämpfer sind. Auch in den Ställen werde die Nähe und der Kontakt auf ein Mindestmaß reduziert.